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Sportnation Brasilien gescheitert? - Stars protestieren gegen System

München/Mainz (ots)

In Brasilien wächst ein Jahr vor Beginn der Olympischen Spiele in Rio die Kritik am eigenen Sportsystem. Nach Informationen der "ARD-Recherche-Redaktion Sport" lehnen sich immer mehr Sport-Stars und Persönlichkeiten dagegen auf, wie die öffentlichen Gelder für den brasilianischen Sport verwendet werden. Im Interview mit der "ARD-Recherche-Redaktion Sport" bezeichnet die ehemalige Volleyball-Nationalspielerin Ana Moser die Investitionen in die Stadien und Sportstätten für die Fußball-Weltmeisterschaft und die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro als "Geldverschwendung".

Ana Moser zählt zu den größten Sportidolen in Brasilien und ist in die "Hall of Fame" des internationalen Volleyballs aufgenommen worden. In ihrem Heimatland hat die 46-Jährige die Organisation "Athletes for Brazil" gegründet, die sich für die Rechte der Athleten sowie die Verbreitung des Sports in Brasilien einsetzt und versucht, die Korruption in den Sportverbänden zu bekämpfen. Dieser Organisation haben sich inzwischen schon 60 aktive und ehemalige brasilianische Sportler angeschlossen, darunter unter anderem einige Fußball-Stars wie Kaka, Daniel Alves, Deco, Cafu und Nationaltrainer Carlos Dunga.

Im Interview erklärt Ana Moser: "Wie die Fußball-WM werden die Spiele in Rio wieder eine große Party, die das brasilianische Volk bezahlen muss. Dabei steckt unser Land doch in einer Wirtschaftskrise und diese viele Millionen werden an anderer Stelle so dringend gebraucht, in Schulen und Sportvereinen zum Beispiel. Viele Kinder in Brasilien haben weder Sportunterricht noch Zugang zu richtigen Sportanlagen."

Nachdem die Fußball-WM und die Olympischen Spiele nach Brasilien vergeben wurden, habe dem Land so viel Geld wie noch nie für den Sport zur Verfügung gestanden, sagt Moser. Doch Brasilien habe die einmalige Gelegenheit verpasst, daraus das Beste zu machen und neue Strukturen sowie die Basis für eine große Sportnation zu schaffen. "Fast das gesamte Geld wird gerade in die aktuellen Athleten investiert, damit Brasilien bei den Olympischen Spielen zu Hause im nächsten Jahr so gut wie möglich abschneidet. Aber es wird nicht an die nächsten Generationen gedacht. Es werden keine neuen Athleten kreiert", beschreibt Ana Moser die Situation.

Das Nationale Olympische Komitee Brasiliens (COB) teilt mit, es sei sehr wohl das Ziel, das brasilianische Sportsystem "nachhaltig" zu verändern. Damit Kinder und Jugendliche besser gefördert würden und sich Brasilien langfristig zu einer großen Sportnation entwickele, sei extra ein Strategieplan erarbeitet worden. Der ist bisher aber offensichtlich nicht wirklich umgesetzt worden.

Auch Paulo Carvalho, der Präsident des Ruderverbandes in Rio de Janeiro, erhebt Vorwürfe und beklagt mangelnde Unterstützung. "Man hat uns versprochen, dass das Ruderzentrum hier in der Lagune Rodrigo de Freitas in Rio für die Wettbewerbe der Olympischen Spiele ausgebaut wird", sagt er. "Doch bisher läuft es überhaupt nicht wie geplant. Wir wollen hier ein Trainingszentrum bauen, das dürfen wir aber nicht. Es wird uns verweigert." Es würden lediglich die Ruderer der brasilianischen Nationalmannschaft unterstützt und betreut, damit sie sich auf die Olympischen Spiele im nächsten Jahr vorbereiten können, so Carvalho. Es gebe aber weiter kaum Möglichkeiten, den Nachwuchs zu fördern und neue Talente zu entdecken.

Zitate gegen Quellenangabe "ARD-Recherche-Redaktion Sport" frei. Pressekontakt: Wolf-Günther Gerlach, Tel. 06131 929-33293, wolf-guenther.gerlach@swr.de

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