Sportvereine sehen sich vor dem Aus
"Report Mainz", 29.11.2016, um 21.45 Uhr im Ersten
Mainz (ots)
Sportvereine in mehreren Bundesländern sehen sich in ihrer Existenz bedroht, weil etliche Hallen noch immer gesperrt sind. Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" (heute, 29.11., 21.45 Uhr im Ersten) sind Hallen in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern und Hessen noch nicht für den Sport freigegeben. Besonders betroffen sind Vereine in Berlin. Nach Angaben des Landessportbundes Berlin sind noch rund 60 Hallen für den Sport gesperrt. 21 Hallen davon stehen seit Monaten leer, sind aber noch nicht saniert. 38 Hallen sind weiterhin mit Flüchtlingen belegt.
Nach Recherchen von "Report Mainz" liegen die Gründe für die Sperrung der Hallen unter anderem in Gutachterstreitigkeiten über die Kosten der Sanierung. Die noch belegten Hallen können nicht geräumt werden, weil die verantwortlichen Behörden Fehler bei der Ausschreibung für die Folgeunterkünfte gemacht haben. Die neuen Containerunterkünfte sind zwar größtenteils bezugsfertig, stehen aber leer. Weder das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten noch der zuständige Senat für Gesundheit und Soziales waren bereit, gegenüber "Report Mainz" Stellung zu nehmen. Schriftliche Fragen blieben unbeantwortet.
Im Interview mit "Report Mainz" kritisiert Thomas Härtel, der ehemalige Berliner Staatssekretär für Sport und nun Vize-Präsident des Landessportbundes Berlin, die Verwaltung: "Das ist ein unhaltbarer Zustand, das ist Verwaltungsversagen, wir erwarten auch vom Berliner Senat, dass er zügig sich dieser Sache annimmt und auch die Arbeiten koordiniert und auch nicht Verantwortungen hin und her geschoben werden. Die Politik verliert Vertrauen, wenn das so lange dauert, und genau das macht uns Sorge."
"Report Mainz" berichtet unter anderem über den Verein Karower Dachse. Dieser Verein hat statt einer Sporthalle 15 Ausweichorte organisiert. Seit neun Monaten trainieren die Mitglieder in einer schmutzigen Schulkantine oder einem ehemaligen Discounter ohne Duschen. Einige Sportarten wie Basketball kann der Verein aus Platzgründen nicht mehr anbieten. 300 Mitglieder sind bereits ausgetreten. Die Vereinsvorsitzende Kirsten Ulrich beklagt im Interview die hohen Mehrausgaben, die nicht erstattet werden: "Durch die ganzen Austritte und auch die Materialien, die wir anschaffen mussten handelt es sich jetzt um rund 40.000 Euro."
In Köln sind ebenfalls noch 20 Hallen für den Vereinssport gesperrt. Vereine wie der MTV Köln müssen ebenfalls auf schlechtere Ersatzstätten ausweichen. Auch dieser Verein, der vor allem in sozialschwachen Stadtbezirken viel Integrationsarbeit leistet, hat mit hohen Mehrkosten und mit Mitgliederschwund zu kämpfen. Eine verbindliche Zusage, wann in Köln alle Hallen wieder frei sein werden, gibt es nicht. Die Stadt Köln verweist darauf, dass sie eine hohe Zuteilung in Nordrhein-Westfalen an Flüchtlingen hatte und diese lieber in Hallen als in Zelten untergebracht hat. Da gesperrte Hallen nicht zentral erfasst werden, hat das ARD-Politikmagazin bundesweit bei Vereinen nachgefragt. Das Ergebnis: neben Nordrhein-Westfalen und Berlin sind auch Hallen in Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern weiter gesperrt.
Aydan Özoguz, die Integrationsbeauftragte des Bundes, sieht dringenden Handlungsbedarf bei der Freigabe der Hallen. Im Interview mit "Report Mainz" kritisiert sie: "Wir haben Bundesländer, in denen wir sehen, dass es ordentlich funktioniert und auch schnell funktioniert, aber dafür muss es zur Chefsache erklärt werden, und das würde ich mir eben überall wünschen."
Weitere Informationen auf www.reportmainz.de. Zitate gegen Quellenangabe "Report Mainz" frei. Pressekontakt: "Report Mainz", Tel. 06131/929-33351.
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