Bundesgesundheitsministerium: Kliniken für Rückgang bei Organspenden mitverantwortlich
"Report Mainz": Ministerium sieht "Schwachstellen" und "Arbeitsverdichtung" in Kliniken
Mainz (ots)
Das Bundesgesundheitsministerium macht die Krankenhäuser mitverantwortlich für die geringe Zahl von Organspenden in Deutschland. Darüber berichtet das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" (Dienstag, 14. August, 21.45 Uhr im Ersten). Auf Anfrage teilte das Ministerium mit, u. a. "strukturelle und organisatorische Schwachstellen" sowie die "Arbeitsverdichtungen" in den Kliniken führten zur rückläufigen Zahl von Organentnahmen. Das Ministerium weist zudem darauf hin, dass auch die unzureichende Vergütung der Organentnahme für Kliniken eine Ursache für die zurückgehenden Spenderzahlen sei. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) werde daher bis Herbst 2018 einen Gesetzentwurf vorlegen, in dem "eine verbesserte Vergütung für Organentnahmen und eine Verbesserung der Situation der Transplantationsbeauftragten" in den Krankenhäusern erreicht werden soll. Mit den geplanten gesetzlichen Änderungen sollten "die Strukturen in den Krankenhäusern nachhaltig zugunsten der Organspende verbessert werden", so das Ministerium.
Wörtlich teilte das Ministerium auf Anfrage von "Report Mainz" mit: "Die rückläufigen Spenderzahlen werden unter anderem auf wechselseitige, strukturelle und organisatorische Schwachstellen sowie auf Arbeitsverdichtungen im klinischen Alltag in den Entnahmekrankenhäusern zurückgeführt. Auch in der unzureichenden Vergütung der Organentnahme wird eine Ursache für rückläufige Spenderzahlen gesehen. Den Transplantationsbeauftragten kommt im Organspendeprozess eine Schlüsselrolle zu. Für all diese Bereiche ist zu klären, wo Verbesserungen erforderlich und möglich sind."
Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, wies im Interview mit "Report Mainz" Kritik an der Rolle der Krankenhäuser bei den Organspenden zurück: "Wir sehen nicht, dass die Kliniken das Problem sind. Die Kliniken sind seit Jahren sehr engagiert." Weiter sagte Baum: "Ich kann nicht beobachten, dass unsere Krankenhäuser aufgrund der Lasten der Aufwendungen, die mit Spendenprozessen verbunden sind, sich aus dem Spenderengagement zurückziehen." Auf die Frage, ob es auch an der unzureichenden Vergütung für Organentnahmen liege, dass zu wenige Organspenden realisiert würden, sagte Baum: "Die Kliniken engagieren sich für die Organspende, um Menschen zu helfen. Das Geld spielt nicht die Rolle, die in der Diskussion vielleicht manchmal aufgerufen wird."
Die Kaufmännische Direktorin der Uniklinik Heidelberg, Irmtraut Gürkan, bestätigte im Interview mit "Report Mainz", dass Organentnahmen für Kliniken ein großer Kostenfaktor seien: "Die Organentnahme ist ein Minusgeschäft", sagte Gürkan. "Wir erhalten heute für eine Organentnahme einen Pauschalbetrag zwischen 500 Euro und 5.000 Euro. 500 Euro werden gezahlt, wenn eine Organentnahme nicht erfolgen kann oder abgebrochen werden muss. 5.000 Euro ist der Betrag für eine Entnahme mehrerer Organe. Dieser Betrag reicht nicht aus. Er deckt ab die unmittelbaren Operationssaalkosten, das Personal, der Materialeinsatz im OP. Er deckt aber nicht ab die intensive Betreuung des Patienten im stationären Setting, das ist vor allen Dingen die Versorgung des Organspenders in den Intensivstationen." Sie forderte daher eine Erhöhung der Vergütung: "Hier braucht es eine Zusatzvergütung. Die sollte möglichst pauschaliert sein, damit es nicht zu viel Aufwand bedeutet. Wir denken, dass 2.000 Euro pro Intensivtag angemessen wären."
84 Prozent der Deutschen sehen nach einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aus dem Jahr 2018 Organ- und Gewebespenden eher positiv. Das sind 5 Prozentpunkte mehr als 2010. Der Anteil der Befragten, die angaben, einen Organspendeausweis zu besitzen, nahm von 2010 bis 2018 von 25 auf 36 Prozent zu. Dennoch ging die Zahl der Organspenden im Zeitraum von 2010 bis 2017 um mehr als ein Drittel von 1.296 auf 797 zurück. Das ist der niedrigste Stand seit 20 Jahren.
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