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Umweltstiftung Michael Otto

EU-Agrar-Reform zum besseren Schutz der Artenvielfalt nutzen
Gesetz für Erneuerbare Energien verantwortlich für Fehlentwicklungen in der Landwirtschaft

Hamburg (ots)

Vertreter aller Bundestagsfraktionen sehen Chancen für mehr Biodiversität-Schutz in der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) nach 2013 / Michael Otto Stiftung für faire Bezahlung der Landwirte für ihre nachhaltige Beteiligung am Erhalt der Biodiversität

Berlin/Hamburg, 11. November 2010 - Die im Vorfeld der nächsten EU-Finanzperiode von 2014 bis 2019 anstehenden Entscheidungen bieten die große Chance, die Rolle der Landwirtschaft als maßgebliche Größe zur Erhaltung der Artenvielfalt neu zu definieren. Dabei dürfen die Ergebnisse der Weltnaturschutzkonferenz in Nagoya nicht außer Acht gelassen werden. Zu diesem Schluss kamen Vertreter nahezu aller Parteien auf dem gestrigen Parlamentarischen Abend der Michael Otto Stiftung in der Landesvertretung Hamburg in Berlin. Ausgangspunkt des Diskurses war das von Prof. Dr. em. Ulrich Hampicke vom Institut für Botanik und Landwirtschaftsökologie in Greifswald im Auftrag der Michael Otto Stiftung verfasste Fachgutachten. Danach sind zwischen 1,5 und 1,8 Milliarden Euro jährlich an Ausgleichszahlungen für die Landwirtschaftsbetriebe notwendig. Mit dieser Summe könnten laut Fachgutachten 2,3 Millionen Hektar oder 15 Prozent der Agrarfläche in Deutschland naturnah bewirtschaftet werden. Da sich der Großteil der zu schützenden Biodiversität auf Agrar-Flächen befindet, müssen die Landwirte nach Auffassung der Michael Otto Stiftung mit ihren materiellen Interessen ernst genommen und für ihre nachhaltige naturnahe Bewirtschaftung fair entlohnt werden.

Dr. Wilhelm Priesmeier, Sprecher für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz der SPD Bundestagsfraktion, sieht den Druck auf die Agrarpolitik größer werden, weil sie vor dem Steuerbürger angesichts der leeren Kassen immer schwerer vertretbar sei. Künftig sollten alle Zahlungen an Landwirte qualifiziert werden und transparent sein. Die EU-Agrarreform sei ein guter Zeitpunkt für eine Richtungsänderung: "Wir müssen uns entscheiden, ob wir den Status Quo erhalten wollen oder Teile von dem zurückgewinnen wollen, was wir verloren haben."

Für Friedrich Ostendorff, selbst Bio-Landwirt und Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, ist mehr Öko-Landbau das Mittel für die Erhaltung der Biodiversität. Er sieht "die größte Aufgabe darin, den Grünland-Schwund aufzuhalten. Selbst Allerwelts-Arten werden immer weniger". Deshalb habe die Klärung der Frage Vorrang, wie der Artenschutz in der Fläche hinzubekommen sei, da dies die einzige Möglichkeit zur Erhaltung der Artenvielfalt sei.

Für die Sprecherin für Landwirtschaftspolitik der Bundestagsfraktion Die Linke, Dr. Kirsten Tackmann, stehen "kostendeckende Erzeugerpreise für Nahrungsmittel" im Vordergrund. Man müsse von landwirtschaftlicher Arbeit auch leben können. Dringend sei, Betriebe in Ostdeutschland zu stabilisieren, die Opfer von Landspekulationen sind. Künftig sollten Direktzahlungen an Landwirte an die Schaffung von fünf bis zehn Prozent der bewirtschafteten und bezuschussten Fläche als Biotop-Flächen gekoppelt sein.

Die FDP-Ernährungsexpertin Dr. Christel Happach-Kasan forderte "sehr viel mehr Ursachenforschung und eine stärkere naturwissenschaftliche Ausrichtung des Ökolandbaus", um die Wechselwirkungen zwischen Landwirtschaft und Artenvielfalt besser dokumentieren zu können. Deutlich wurde sie in Bezug auf die vielen, heute sichtbaren Veränderungen in der Landwirtschaft wie etwa Mais-Monokulturen als Folge des Gesetzes für Erneuerbare Energien: "Das ist eine Fehlentwicklung." Bei der Produktion von Biomasse könne nicht nur auf Mais gesetzt werden. Zudem wünscht sie sich, in Zukunft die Beeinträchtigung von Natur nicht an der Fläche zu bemessen, sondern an Produktionseinheiten agrarischer Produkte. Dann würden Zusammenhänge besser klar.

Johannes Röring, CDU/CSU, Mitglied des Europarats und des Ausschusses für Landwirtschaft, sieht die Aufgabe nicht in einer weiteren Extensivierung, sondern in einer Effizienzsteigerung. Nur so könnten andere Flächen erhalten werden. Das Problem der Landwirtschaft sei immer mehr, dass "die Preisfindung global stattfindet, der Absatz aber meist regional" organisiert ist. Für ihn sei das Prinzip "Naturschutz durch Nutzung" der richtige Weg. Voraussetzung sei aber, dass diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die die Landwirtschaft übernimmt, entsprechend honoriert wird.

Prof. Dr. em. Ulrich Hampicke hob die systemischen Vorteile des Ökolandbaus hervor, da diese durch die Menschen, die ihn betreiben, erhöht würden, da sie sich neben der Produktion von Lebensmitteln auch dem Naturschutz verpflichtet fühlen. Im Ökolandbau müsse man jedoch wegkommen von der Pauschalförderung. Hampicke betonte, Deutschland habe rechtliche und gesetzliche Pflichten, Biodiversität zu erhalten: "Da kann es nicht angehen, dass beste Böden versiegelt und zweckentfremdet genutzt werden."

Die Michael Otto Stiftung sieht in der EU-Agrarreform eine große Chance, durch eine ziel¬gerichtete Agrar-Förderpolitik mit starken Marktanreiz-Instrumenten die Basis für eine nachhaltige Umsteuerung zu schaffen. Um die EU-Verhandlungen zur Agrarreform positiv zu beeinflussen, muss eine gemeinsame Zielentwicklung unter Einbeziehung aller Akteure - von Bund, Ländern, Landwirten und Naturschützern - erarbeitet werden. Dafür sind innovative Zahlungssysteme und eine deutliche Verminderung der Bürokratie notwendig.

Pressekontakt:

Yvonne Buckreus, Geschäftsleitung Michael Otto Stiftung
Tel. 040/64 61 64 52, Mobil 0151/17 15 29 66

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