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Nachhaltiges Ernährungssystem: Europäische Umweltagentur mahnt transformativere EU-Politik an

Nachhaltiges Ernährungssystem: Europäische Umweltagentur mahnt transformativere EU-Politik an

  • Europäische Union vor der Entwicklung eines Rechtsrahmens für ein nachhaltiges Ernährungssystem
  • Bericht der Europäischen Umweltagentur zeigt Lücken und Unstimmigkeiten im bestehenden Policy Mix der EU auf
  • Wissenschaftler*innen zeigen, wie strategischer Ansatz für klimaschonendes, gesundes und gerechtes Ernährungssystem aussehen kann

Berlin/Kopenhagen, 3. Mai 2023 – Die konventionelle Produktion und der Konsum von Lebensmitteln ist weltweit für ein Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich, sie trägt maßgeblich zum Verlust der biologischen Vielfalt bei und wirkt sich schädlich auf die menschliche Gesundheit aus. Vielfach gewährleistet sie keine fairen wirtschaftlichen Erträge und Lebensgrundlagen für die Akteure der Branche. Die Europäische Kommission hat mit der „Farm to Fork“-Strategie als Teil des Europäischen Green Deals ein Programm für ein nachhaltiges Ernährungssystem vorgelegt und will in diesem Jahr den EU-Rechtsrahmen ehrgeizig weiterentwickeln. Ein neuer Bericht der Europäischen Umweltagentur zeigt, dass diese Umstellung auf ein nachhaltiges Ernährungssystem enorme Veränderungen erfordert, wie Lebensmittel produziert und konsumiert werden.

Der Bericht „Transforming Europe's food system – Assessing the EU policy mix“ betont, dass es einer ehrgeizigen und kohärenten EU-Politik bedarf, die Innovationen fördert und Verhaltensänderungen unterstützt, schädliche Praktiken ersetzt und einen gerechten Übergang zu einem nachhaltigen Ernährungssystem gewährleistet. Die Autor*innen analysieren die verschiedenen EU-Politiken, die derzeit das europäische Ernährungssystem gestalten, im Lichte der neuesten Forschungsergebnisse zur Dynamik und Steuerung von nachhaltigen Verhaltens- und Produktionsänderungen. Untersucht wurden die verschiedenen Ziele und Maßnahmen der „Farm to Fork“-Strategie sowie zentrale Ziele und Maßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und der Gemeinsamen Fischereipolitik. Die Studie wurde verfasst vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), dem Dutch Research Institute for Transitions (DRIFT) und dem Finnish Environment Institute (SYKE) im Auftrag von und in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Umweltagentur.

Wie der Policy Mix der EU für ein Lebensmittelsystem aussehen sollte

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass trotz der Fortschritte, die im Rahmen der europäischen „Farm to Fork“-Strategie erzielt wurden, der bestehende EU-Politikmix durch Lücken und Unstimmigkeiten gekennzeichnet ist, die das Potenzial für einen transformativen Wandel begrenzen. Der Bericht zeigt Möglichkeiten auf, den Policy Mix transformativer zu gestalten.

„Ein zentrales Problem des Policy Mix ist bisher, dass die ‚Farm to Fork‘-Strategie sehr ambitionierte Ziele hat und sinnvolle Maßnahmen enthält, aber die Gemeinsame Agrar- und Fischereipolitik konventionelle, nicht nachhaltige Praktiken weiterhin mit Milliarden fördert und damit ein Umdenken konterkariert. Wir empfehlen daher weitgehende Änderungen in der Förderlogik der Gemeinsamen Agrarpolitik und mittelfristig den Ausstieg aus Praktiken, die nicht nachhaltig sind“, so Transformationsforscher Florian Kern vom IÖW, der die Studie geleitet hat.

„Zentral ist es, den Widerstand von Interessengruppen, die sich nachhaltigen Lebensmittelsystemen entgegenstellen, zu überwinden. Sie müssen an Prozessen, die den Weg in die Zukunft weisen, beteiligt werden, zudem sollten konkrete Anreize und Ausgleichszahlungen geboten werden“, ergänzt Sabine Hielscher, die am IÖW zu sozialen Innovationen forscht. „Auch die Gesellschaft sollte in die Formulierung gemeinsamer Visionen für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem einbezogen werden.“

Der Bericht zeigt zahlreiche Möglichkeiten auf, wie die EU-Politik einen stärkeren Wandel bewirken kann. Um ihr Potenzial voll auszuschöpfen, ist ein strategischer und kohärenter Ansatz erforderlich, so das Fazit des Berichts. Dazu zählt zum Beispiel, eine geteilte Vision zu entwickeln, wie ein nachhaltiges Ernährungssystem aussehen könnte. Diese Vision gilt es, gemeinsam mit Akteuren, die den Wandel voranbringen möchten, regional auszudifferenzieren. Die Europäische Kommission muss im Rahmen ihrer Möglichkeiten mehr tun, um den Verzehr von nachhaltigeren Lebensmitteln zu fördern und gleichzeitig solche Praktiken im Anbau, in der Produktion und Verarbeitung unter Druck zu setzen, die nicht nachhaltig sind. So sollten etwa durch Regulierung von Werbung und Verfügbarkeit der übermäßige Fleischkonsum oder der Verzehr von Milchprodukten, die sowohl aus gesundheitlicher wie auch aus ökologischer Perspektive bedenklich sein können, reduziert werden, empfiehlt der Bericht.

Klare Richtung für Innovation und Systemwechsel

Die Wissenschaftler*innen haben in dem Forschungsprojekt untersucht, inwiefern der derzeitige Policy Mix, mit dem die EU das europäische Lebensmittelsystem steuert, mit den transformativen Zielen des Europäischen Green Deal vereinbar ist und wie er den Wandel gestalten kann. Die Forschenden bewerteten, ob und wie der gegenwärtige Politikmix neue Formen der Lebensmittelproduktion und des Lebensmittelkonsums fördert und die Abschaffung nicht nachhaltiger Praktiken vorantreibt. Hierbei ging es vor allem darum, zu analysieren, wie sozial gerechte Übergänge ermöglicht werden können und ob die EU-Politik kohärent ist sowie eine klare Richtung für Innovation und Systemwandel vorgibt.

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Informationen zur Studie:

Weitere Informationen:

Fachliche Ansprechperson:

Dr. Florian Kern

Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)

Tel.: 030 – 884 594-76

florian.kern@ioew.de

Pressekontakt:

Richard Harnisch
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)
Tel.: +49 30/884594-16
 kommunikation@ioew.de

Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) ist ein führendes wissenschaftliches Institut auf dem Gebiet der praxisorientierten Nachhaltigkeitsforschung. Rund 70 Mitarbeiter*innen erarbeiten Strategien und Handlungsansätze für ein zukunftsfähiges Wirtschaften – für eine Ökonomie, die ein gutes Leben ermöglicht und die natürlichen Grundlagen erhält. Das Institut arbeitet gemeinnützig und ohne öffentliche Grundförderung. Das IÖW ist Mitglied im „Ecological Research Network“ (Ecornet), dem Netzwerk der außeruniversitären, gemeinnützigen Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschungsinstitute in Deutschland.

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