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Fragwürdige Argumente für Internet-Sperren
c't bezweifelt Zahlen des Bundesfamilienministeriums

Hannover (ots)

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen
gründet ihr umstrittenes Vorhaben zur Errichtung von 
Kinderpornografie-Sperren im Internet auf fehlinterpretierte 
Statistik. Die angeblichen Fakten erweisen sich bei näherer Analyse 
als nicht belegbar, so das Computermagazin c't in seiner aktuellen 
Ausgabe 9/09.
Den dringenden Handlungsbedarf leitet die Familienministerin unter
anderem aus der drastischen Zunahme der Kriminalität auf diesem 
Gebiet ab, die das Bundeskriminalamt (BKA) gemeldet haben soll. c't 
hat die Zahlen hinterfragt und festgestellt, dass sie keine 
Aussagekraft für die politische Debatte haben. In der oft zitierten 
Statistik erfasst das BKA jede Ermittlung bei einem Anfangsverdacht, 
sie besagt nichts über die Zahl der schlussendlich nachgewiesenen 
Straftaten.
Für die Fallzahlensteigerung zwischen 2006 und 2007 gibt es viele 
Gründe, beispielsweise die bessere Ausbildung und Ausstattung der 
Ermittler. Dass sich das Problem tatsächlich verschärft hat, ist 
dagegen eher unwahrscheinlich. So waren im Jahr 2007 im Zug einer 
einzigen Polizeiaktion 12000 Bürger in Verdacht geraten, von denen 
nun viele in der Fallstatistik stehen. In mehreren Bundesländern ist 
der größte Teil dieser Fälle unterdessen ad acta gelegt worden, ohne 
dass sich der Verdacht bestätigt hätte. Bisher wurde  keine einzige 
Verurteilung bekannt.
Auch die anderen Argumente von der Leyens erwiesen sich als nicht 
stichhaltig, so c't: Die geplanten Internet-Sperren seien leicht zu 
umgehen. Sie würden nicht dazu führen, dass organisierte 
Kinderpornohändler weniger Geld verdienten. Erfahrungen aus 
skandinavischen Ländern, die solche Sperren bereits eingeführt haben,
bestätigen dies. Gehandelt wird das grauenhafte Material nämlich 
längst fast ausschließlich in geschlossenen Zirkeln im Internet.
Das Experiment eines Kinderschutzvereins hat gezeigt, dass 
Kinderporno-Webseiten, die lange auf einer dänischen Sperrliste 
standen, innerhalb weniger Stunden aus dem Netz genommen werden 
konnten. Offenbar war es für die Behörden einfacher, die Seiten 
auszublenden, als sie entfernen zu lassen. "So sind die Inhalte für 
den normalen Surfer vielleicht nicht mehr sichtbar, aber für die 
Pädokriminellen umso länger", kritisiert c't-Redakteur Holger Bleich.
Gemäß dem aktuellen Gesetzentwurf ist keine Überprüfung der  
verschlüsselten Sperrliste des BKA durch Richter oder Parlamentarier 
vorgesehen. Vor diesem Hintergrund hält c't-Redakteur Bleich die 
vorgesehene Gesetzesänderung für bedenklich: "Es wird mit 
zweifelhaften Argumenten Handlungsdruck aufgebaut, um eine 
Sperr-Infrastruktur einzuführen, die keiner demokratischen Kontrolle 
unterliegt. Der Kampf gegen Kindesmissbrauch könnte als Vehikel 
genutzt werden, um ganz andere politische Ziele zu erreichen."
Titelbild c't 9/2009
www.heise-medien.de/presseinfo/bilder/ct/09/ct092009.jpg
Hinweis für Hörfunkredaktionen:
Ein Radiobeitrag zu diesem Thema sowie
O-Töne von c't-Redakteur Holger Bleich sind unter 05 11/2 79 15 60  
beim c't-Hörfunk-Service abrufbar. Unter www.radioservice.de steht 
das Angebot für akkreditierte Hörfunkredakteure auch im MP3-Format 
zum Download bereit.

Pressekontakt:

Ihre Ansprechpartnerin für Rückfragen
Anja Reupke
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon +49 [0] 511 5352-561
Telefax +49 [0] 511 5352-563
anja.reupke@heise-medien.de

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