Legende um Haenel-Handy
UMTS-Alternative entpuppt sich als Medien-Ente
Hannover (ots)
Die Legende um die Mobilfunkrevolution des Hildesheimer "Jugend forscht"-Preisträgers Sascha Haenel ist eine Medien-Ente, berichtet das Computermagazin c't in seiner aktuellen Ausgabe 17/2000.
Gerade als die Versteigerung der UMTS-Lizenzen begann, berichteten zahlreiche Medien, dass ein Jugendlicher mit seiner Erfindung siebenfache ISDN-Geschwindigkeiten im GSM-Mobilfunknetz ermöglicht. Dabei hatte Haenel schon im Mai sein System der sechsköpfigen Jury von "Jugend forscht" demonstriert. Die Prüfer führten jedoch keine eigenen Messungen zum effektiven Datendurchsatz durch. Sie vertrauten vielmehr darauf, dass die vorgeführten Displays und das Handy nicht intern gesteuert werden.
Bisher gibt es keine aussagekräftigen Darstellungen, wie das Verfahren zu der wundersamen Datenraten-Vermehrungen auf die behaupteten 448 kBit/s im herkömmlichen GSM-Netz kommen will. Das Konzept, allein Gesprächspausen für die Übertragung der Datenpakete zu nutzen, halten Experten für nicht ausreichend.
Auch in der Eigendarstellung Haenels ist von Sprechpausenausnutzung keine Rede. Nach seiner Beschreibung handelt es sich um eine Kanalbündelung, die eine oder mehrere Verbindungen zum Empfänger über weitere Frequenzkanäle aufbaut. Sender und Empfänger kommunizieren dann statt mit jeweils einer Mobilstation über mehrere Handys im Tandembetrieb. Nur schafft ein solcher Funk-Datenbus über mehrere parallele Verbindungen keine zusätzlichen Ressourcen im Netz. Jeder weitere zugeschaltete Kanal steht anderen Teilnehmern nicht mehr zur Verfügung.
Wenn die Kosten der multiplen Verbindungen nicht ohnehin abschrecken, würden die Haenel-Handys als Hacker-Tools die GSM-Funkzellen schnell zusammenbrechen lassen. Jede wirksame Kanalbündelung hätte zur Folge, dass mehr Teilnehmer bei der Einwahl in das Netz ein Besetztzeichen hören würden. Kein Netzbetreiber kann an einer derartigen Verschlechterung der Dienstequalität interessiert sein.
Bildmaterial: Das Titelbild der aktuellen c't-Ausgabe 17/2000 steht zum Download bereit unter www.heise.de/presseinfo/bilder/ct/00/ct172000.jpg
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