ZDF-Programmhinweis
Mittwoch, 27. Februar 2008, 0.45 Uhr
Kuba nach Fidel Castro
Die Karibikinsel jenseits von Mangel und Mythos
Film von Eva Schmidt
Mainz (ots)
Mittwoch, 27. Februar 2008, 0.45 Uhr
Kuba nach Fidel Castro Die Karibikinsel jenseits von Mangel und Mythos Film von Eva Schmidt
Revolutionäre gehen nicht in Rente. Das hat Fidel Castro ein Mal gesagt, als ihn die Welt noch im Kampfanzug kannte. Doch seitdem er die Uniform gegen einen Adidas-Trainingsanzug eintauschen musste, gelten die alten Gesetze nicht mehr. Der einst kraftstrotzende Revolutionär ist krank und gebrechlich. Als dienstältester Staatschef der Welt tritt Castro offiziell von der Bühne ab. Fast ein Dutzend amerikanischer Präsidenten hat er überlebt, doch jetzt ist die Zeit reif für einen Nachfolger.
Fidel Castro hinterlässt ein Land, das so angeschlagen wirkt wie der Staatschef selbst. Bauruinen, hundertfach geflickte Autos, eine nationale Währung ohne Kaufkraft. Viele Kubaner leben von den Geldgeschenken ihrer Verwandten im Ausland. 50 Jahre sozialistische Mängelwirtschaft, 50 Jahre amerikanisches Embargo haben tiefe Spuren hinterlassen.
Auf den ersten Blick wirkt es daher wie blanke Ironie, dass Kuba für 2006 zweistellige Wachstumsraten vermeldet hat. International überprüfbar sind die Daten zwar nicht. Doch tatsächlich investieren die Kubaner: In Elektrizität und Wasserversorgung, in Transport und medizinische Geräte.
Vor allem deutsche Unternehmen reiben sich die Hände. Die Ausfuhren nach Kuba sind sprunghaft gestiegen. Ein Manager, der seinen Namen nicht nennen will, schwärmt von den "Preußen Lateinamerikas". Verlässliche Geschäftspartner seien die Kubaner, vor allem zahlten sie pünktlich.
Woher hat diese kommunistische Bastion das Geld? Noch vor 15 Jahren, als der sowjetische Geldhahn versiegte, lag die Insel am Boden. Doch der Linksruck in Lateinamerika hat neue Freunde beschert. Venezuela und Bolivien liefern Öl und Gas unter Weltmarkpreisen. Im Gegenzug schicken die Kubaner ihre gut ausgebildeten Ärzte nach Südamerika. Ein weiteres Rezept für den Außenhandel liefert die Biotechnologie. In Lateinamerika ist Kuba heute der größte Arzneimittel-Exporteur. Und die guten Beziehungen zu den Chinesen haben die Kubaner nicht zuletzt ihren Rohstoffen zu verdanken: Sie liefern Peking Nickel und Kobalt.
Schätzungen zufolge steckt Havanna alleine zwei Milliarden Dollar in die Modernisierung seiner maroden Energieversorgung. Großaufträge gingen unter anderem an MAN und MTU. Die Autorin, 3satbörsen-Moderatorin Eva Schmidt, hat viele deutsche Unternehmen gefunden, die auf Kuba glänzende Geschäfte machen. Doch fast überall die gleiche Reaktion: Keine Drehgenehmigung, keine Interviews, keine Informationen. Selbst große börsennotierte Unternehmen werden beim Thema Kuba sehr öffentlichkeitsscheu. Denn alle fürchten den langen Arm der Amerikaner. Seit fast 50 Jahren haben die USA Kuba mit einem Embargo vom Handel abgeschnitten. Selbst Unternehmen aus Drittstaaten müssen mit empfindlichen Reaktionen rechnen, sollten sie hier investieren. Diese Drohung liegt wie Blei auf Kubas Wirtschaft.
Die Investitionen der kubanischen Regierung zeigen immerhin erste Wirkung. Die Stromausfälle sind zurückgegangen, überall brennen heute chinesische Energiesparbirnen. Die Regierung tauscht alte Kühlschränke aus gegen neue stromsparende aus China. In der Altstadt von Havanna trifft die Autorin die 75-jährige Matilda. Sie trauert ihrem mehr als 50 Jahre alten Kühlschrank hinterher, der noch aus amerikanischen Tagen stammte. Bei den neuen chinesischen Dingern wisse doch jeder, dass sie nicht lange laufen würden, schimpft sie. Ihre Tochter zeigt die Rechnung: Für den neuen Kühlschrank muss sie das 20-fache ihres Monatslohns hinblättern. Wenn es um nationale Interessen geht, wird in Kuba nicht jeder nach seinen Wünschen gefragt.
Wie geht es mit Kuba jenseits von Mangel und Mythos in der Ära nach Fidel weiter? Raul Castro gilt als vorsichtiger Reformer, auch Vizepräsident Carlos Lage soll offen und pragmatisch sein. Folgt Kuba nun dem chinesischen Weg oder kommt es zu einem Transformationsprozess wie in Osteuropa? Kehren die Amerikaner zurück auf die Insel? Die Kubaner fürchten sich vor Exilanten, die nach 50 Jahren ihre Häuser zurück haben wollen. US-Konzerne jedenfalls stehen schon in den Startlöchern, vor der Küste Kubas werden große Erdölvorkommen vermutet. Mit Fidel tritt eine lebende Legende in Ruhestand. Kuba ist auf dem Sprung in eine neue Ära.
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