"Ich kann Kanzler" im ZDF: Große Finalshow am Freitag/ Dokumentation über die Vorentscheidung am Donnerstag im Programm
Mainz (ots)
Wer hat das Zeug zum Kanzler, wer kann die Herausforderungen dieses politischen Spitzenjobs meistern? Das ZDF sucht das größte politische Nachwuchstalent: Am Freitag, 19. Juni 2009, 21.15 Uhr fällt die Entscheidung. Live aus Berlin begrüßt Moderator Steffen Seibert die Zuschauer zur großen Finalshow mit den sechs besten Kandidaten. Am Vorabend, am 18. Juni, ist ab 21.00 Uhr "Die Vorentscheidung" zu sehen: Wer schafft es ins Finale? Die 45-minütige Dokumentation fasst die Höhepunkte der Vorentscheidung zusammen.
2500 junge Frauen und Männer haben sich mit ihren Ideen für Deutschland bei "Ich kann Kanzler!" beworben. Vierzig von ihnen durften in einer Vorentscheidung in Bonn vor die Jury treten, die Überzeugendsten stellen nun in der großen Finalshow live aus Berlin ihr Können unter Beweis. Dabei geht es um die besten politischen Ideen und die größte Überzeugungskraft. Die Kandidaten stellen sich den Fragen der Jury und dem Urteil des Live- Publikums. Günther Jauch, Henning Scherf und Anke Engelke testen die rhetorischen Fähigkeiten, das politische Wissen und die Entscheidungskraft der Kandidaten.
Interview mit Jury-Mitglied Günther Jauch zu "Ich kann Kanzler":
Herr Jauch, was ist das Besondere an der Sendung "Ich kann Kanzler", was reizt Sie daran?
Daran reizt mich, dass wir zwar alle sagen: "Unsere Politiker sind nicht gut genug, und da müsste mal eine Blutauffrischung her und: Guckt mal der Obama!" Aber dass wir eigentlich im Medienbereich dafür ja gar nichts tun. Wir schimpfen selbst privat andauernd auf Politiker, auch in den Medien, aber: dann schauen wir doch mal, ob es welche gibt, die es besser könnten.
Was haben Sie in dem Moment gedacht, als Sie zum ersten Mal davon gehört haben?
Es ist ja ein kanadisches Format, ich hab mich gleich dafür interessiert, mir das auch sofort angeschaut und finde die Idee faszinierend, weil sie so etwas Direktdemokratisches hat. Es gibt Menschen, die sich hinstellen und sagen: "Hier bin ich, die Meinung vertrete ich, und dafür werbe ich! Ich möchte eure Stimme, ich möchte, dass ihr mir zustimmt!" Und warum soll man solchen Menschen nicht mal ein Forum geben, sich nicht vor eins, zwei, fünf Leuten oder ihrem eigenen Stammtisch zu präsentieren, sondern vor der ganzen Nation. Und dass das junge Leute sind, finde ich besonders interessant. Es heißt ja, Jugend ist nicht politikinteressiert und es gibt große Nachwuchsprobleme in der Politik - und da finde ich es gerade gut, dass wir das mit Jüngeren machen.
Noch mal zu Kanada: Dort saßen ja nur Premierminister in der Jury. Hat die ZDF-Show nicht einen anderen Touch?
Weil bei uns kein Premierminister sitzt? Naja, ich glaube, dass die Berührungsängste der Politik, was ein solches Format angeht, natürlich erst mal da sind. Da wird vielleicht etwas argwöhnisch geschaut: "Mh, was machen die da? Das ist doch unser Beritt!" Und auf einmal mischt sich da das Fernsehen ein in einer Art und Weise, die man eben nicht kennt. Aber wir sind politisch mit Henning Scherf gut besetzt, der ist ja als Politiker bekannt und vor allen Dingen ist er ein freier Geist. Der traut sich was, und ich glaube, dass er da nicht als ein Meister der diplomatischen Floskel rüberkommen wird.
Im Superwahljahr 2009 dreht sich ja eh alles um Politik, wozu brauchen wir dann noch so eine Sendung?
Wie wirkt Politik auf viele Menschen? Man hat das Gefühl, entweder: "Die hören uns, dem Volk, ja gar nicht richtig zu!" Oder: "Die machen doch ohnehin, was sie wollen!" Oder: "Es sind immer dieselben Gesichter!" Oder: "Denen geht es doch nur darum, sich gegenseitig die Posten zuzuschieben!" Also, es gibt ja doch so starke Vorurteile gegenüber Politikern, die nicht immer schmeichelhaft ausfallen. Und da einfach mal etwas dagegen zu setzen und zu sagen: "Wer wäre denn denkbar, der vielleicht anders ist?" Bei dem man sagt: "Ach guck mal, so habe ich über bestimmte Dinge gar nicht nachgedacht!" Oder: "Diesen Menschen, gerade weil ich ihn noch nicht kenne und weil er sich noch nicht so abgenutzt hat, dem stehe ich viel vorurteilsfreier gegenüber." Und eine ganz wichtige Sache: Wir dürfen den Obama-Effekt nicht vergessen! Das ist ja unvorstellbar, dass ein Obama nach Berlin kommt, vor 200 000 Menschen redet, nicht als Präsident, sondern als Kandidat. 200 000 Deutsche, die zu einem guten Teil wahrscheinlich nur mit Mühe und Not verstanden haben, was er inhaltlich sagt - es kann ja nicht jeder perfekt englisch - sind von diesem Menschen begeistert. Ich kann mich überhaupt nicht erinnern, wann zuletzt ein deutscher Politiker 200 000 Menschen irgendwo versammelt hat. Mir fallen da die großen Anti-Atomkraft- oder die Nachrüstungsdemonstrationen Anfang der 80er Jahre ein, da waren mal 100 000 Leute in Bonn. Das war eine Demonstration zu einem entsprechenden Anlass. Aber, dass man sich, um einen Politiker zu hören, 100 000-fach einfindet, das ist für mich ein völlig neues Phänomen. Vielleicht finden wir mit der Sendung den deutschen Obama? Oder die deutsche Obamin?
Sie haben gerade das "Anderssein" angesprochen, das "Aha, das habe ich noch nie so gesehen": Was wären das denn für Eigenschaften, die so jemand mitbringen müsste?
Die wichtigste Eigenschaft, denke ich, ist Glaubwürdigkeit. Authentizität. Also, nicht so salbadernd daherkommen. Keine schlechte Kopie des Politiker-Typus, den wir möglicherweise schon kennen und bis zum Überdruss bereits über die Medien genossen haben, zu verkörpern. Das ist, glaube ich, besonders wichtig. Natürlich sollte die Idee, das was er oder sie vorträgt, auch tragen. Natürlich wird es einer gewissen rhetorischen Begabung bedürfen, aber man wird als Zuschauer ein Gefühl dafür entwickeln: "Meint der das ernst? Versteht sie tatsächlich etwas von der Sache? Redet sie heute so und morgen möglicherweise wieder anders?" Wir dürfen ja nicht vergessen, dass immer mehr Menschen sich danach sehnen, nicht irgendein Programm zu wählen, sondern einer Person zu vertrauen. Das ist ja auch viel einfacher. Man lässt sich dann ja auch leichter überzeugen. Wenn man Vertrauen zu einem Menschen hat, kann der einem ja auch Dinge näherbringen, die für mich vielleicht erst mal unangenehm sind oder die ich vielleicht eigentlich gar nicht wollte, die für mich Einschränkungen bedeuten. Die Politiker wollen ja keinem mehr etwas zumuten. Trauen sie sich ja nicht, weil sie Angst haben, dann nicht mehr wiedergewählt zu werden. Aber lösen können solche Blockaden doch nur Menschen, denen ich vertraue, und nicht, sag ich mal, austauschbare Repräsentanten irgendwelcher Programme.
Um noch mal auf die jungen Leute zu kommen: Glauben Sie, junge Leute interessieren oder engagieren sich weniger für Politik heutzutage?
Wenn ich das heutige Engagement und das heutige Interesse für Politik vergleiche mit, sagen wir mal, dem Interesse, das Ende der 60er, Anfang der 70er - Stichwort "Willy Brand" - aufkam, denke ich schon, dass das Interesse heute begrenzter ist. Vielleicht sind auch die Themen Globalisierung, Finanzkrise, europäische Einheit nicht mehr so greifbar und fassbar wie zum Beispiel damals die große Diskussion der Ostverträge. Oder dass man darüber diskutiert hat, mit welcher Berechtigung die 68er-Generation entsprechende Forderungen an ihre Väter und Mütter stellte. Also ich glaube schon: die Themen sind noch da, aber sie sind vielleicht nicht mehr so erotisch oder so gut fassbar wie sie früher mal gewesen sind. Deswegen finde ich es gut, wenn wir jetzt mal die Möglichkeit haben, dass junge Leute sagen: "Ich habe eine politische Botschaft und ich bin auch bereit, die zu vertreten und mich zu engagieren." Vor allen Dingen finde ich es interessant, wenn wir das vielleicht außerhalb der Parteien, die wir kennen, mal versuchen. Die politischen Parteien sollen ja an der Willensbildung des Volkes mitwirken, so heißt es im Grundgesetz. Und das "mit" streichen die ja ganz oft und denken, sie hätten ein Monopol darauf.
Sie hoffen also, dass da mal ein bisschen frischer Wind kommt, durch junge Leute? Kann man auch die Leute, die sich jetzt nicht auf der Plattform präsentieren, durch die Show für Politik begeistern?
Das wird sehr stark von den Kandidaten abhängen. Ich will ja auch gerne zugeben, dass wenn einer zum Beispiel singt, dass man damit Menschen emotional vielleicht leichter aufschließen kann als wenn einer sagt: "Ich habe zur Verstaatlichung von Opel folgende Ideen beizutragen." Auf der anderen Seite sollte man diesen Obama-Effekt nicht unterschätzen. Obama ist ja mittlerweile ein internationaler, ein globaler Popstar, muss man einfach so sehen, und ich habe von Werbeleuten gehört, er sei der wertvollste Werbeträger. Weil alles, was er verkörpert, im Grunde bei den Menschen positive Gefühle - und zwar quer durch alle Altersgruppen und das eben auf der ganzen Welt - hinterlässt. Das war vielleicht vor 20 Jahren bei Michael Jackson mal so und vor 40 Jahren bei den Beatles. Insofern ist doch Obama wirklich ein Phänomen. Und warum soll es nicht junge politisch denkende Menschen in Deutschland geben, die gute Ideen haben und die auch über das entsprechende Charisma verfügen, später mal unsere Politiker zu sein.
Noch mal zu Ihrer Rolle in der Sendung: Normalerweise sind Sie der Moderator. Ist das jetzt etwas Neues, eine Herausforderung in der Jury zu sitzen?
Ich freue mich, wenn ich mal nicht moderiere. Und ich bin einfach sehr gespannt auf die Menschen, die da kommen, wie die das angehen, was die von sich zeigen. Es ist ja eigentlich eine sehr komfortable Rolle, die man da hat: Jemand präsentiert etwas und dann bekommt man ja schon ein Gefühl oder eine Meinung, man kann ja dann auch noch mal nachfragen, man kann die vielleicht auch ein bisschen testen, man kann sie vielleicht auch provozieren, man kann sie auch ein bisschen verunsichern, um zu sehen, wie sie damit fertig werden. Lassen sie sich verunsichern? Lassen sie sich provozieren? Lassen sie sich aus dem Konzept bringen? Fallen sie schnell um? Äußern sie mal eine Meinung, packen sie dann aber gleich wieder ein? Also, all das stelle ich mir ja sehr spannend und auch unterhaltsam vor.
Haben Sie eine Idee für Deutschland? Eine politische Idee, die Sie formulieren könnten? Oder anders: Wofür lohnt es sich noch, sich zu engagieren?
Ich denke, es lohnt sich, sich mal Gedanken darüber zu machen, dass Politik nicht einfach immer nur auf den nächsten Wahltag hin berechnet wird, sondern, dass was von Politikern immer sehr vollmundig mit: "Wir müssen da an die Nachhaltigkeit denken!", dass das tatsächlich mal in die Tat umgesetzt wird. Dass man sich also zum Beispiel bei dem Geld, das heute ausgegeben wird, auch mal überlegt, wer das irgendwann mal aufbringen soll, weil es ja zum größten Teil aus Verbindlichkeiten besteht. Zum Beispiel, dass man im ökologischen Bereich darüber nachdenkt, dass man nicht einfach nur Wahl-Aussagen trifft, die einem möglicherweise die Wiederwahl in den nächsten zwei oder drei Jahren sichern. Dass man im Grunde die Kurzfrist-Mentalität irgendwann mal aufgibt und eine Politik macht, bei der man vielleicht auch riskiert, das nächste Mal nicht wiedergewählt zu werden. Aber vielleicht das übernächste Mal dann wieder. Weil sich bis dahin herausgestellt hat, dass es doch der richtige Weg war. Also, das wäre eine kleine Idee für Deutschland.
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