ZDF-Programmhinweis
Mittwoch, 15. Juli 2009, 0.35 Uhr
Das perfekte Chaos
Mit den Dabbawalas unterwegs in Mumbai
Mainz (ots)
Prince Charles hat sie besucht, der Virgin-Chef, Richard Branson, war ihr Gast, internationale Softwarefirmen und Managementinstitute interessieren sich für sie: die Dabbawalas von Mumbai. Ein einzigartiger Beruf, den es nur hier, im ehemaligen Bombay, gibt. Dabbas sind die Blechbehälter, und Walas heißen die Träger. In der 20-Millionen-Metropole liefern täglich 5000 Dabbawalas 200.000 Mittagessen aus. Hausmannskost für indische Angestellte, zubereitet von der Ehefrau, denn beim Essen machen viele Inder keine Kompromisse. Sie möchten wissen, wer für sie gekocht hat.
Die Mahlzeiten in den Dabbas, hierzulande als Henkelmänner bekannt, gehen durch unzählige Hände, legen bis zu 70 Kilometer zurück - per Rad, in Zügen, auf Holzkarren und auf dem Kopf. Ein Code aus Zahlen, Buchstaben und Farben weist den Weg. Wer jedoch daran zweifelt, dass das Essen im Chaos der Megacity seinen Empfänger erreicht, liegt falsch. Nahezu fehlerlos funktioniert das System der Dabbawalas. Nur eine von 16 Millionen Dosen geht verloren. Eine logistische Meisterleistung, obwohl die meisten Dabbawalas Analphabeten sind. Sie glauben, jemandem Essen zu liefern erzeuge gutes Karma, und fühlen sich daher ihren Kunden gegenüber zutiefst verpflichtet.
Ihr gemeinsamer Glaube und die gleiche Herkunft schweißen die Dabbawalas zusammen. Die meisten stammen aus der Region um Poona, etwa 150 Kilometer südöstlich von Mumbai. Die Organisationsstruktur ist mit einem Verein oder sogar mit einem Familienbetrieb vergleichbar. Um als Dabbawala arbeiten zu können, braucht man einen Bürgen und man darf sich nichts zuschulden kommen lassen, denn allein das Funktionieren des Systems ist der Garant für den Erfolg. Und immerhin zahlt die Organisation auch Krankengeld und Rente.
Suresh Shivekar arbeitet seit 22 Jahren als Dabbawala. Er kam damals wie die meisten seiner Kollegen aus Alandi in die Großstadt, um für sich und seine Familie eine Existenz aufzubauen. Mit dem 46-jährigen Dabbawala taucht der Film ein in die wild wuchernde Metropole Mumbai und verfolgt ein logistisches Phänomen, das alle westlichen Vorstellungen von Ordnungsprinzipien über Bord wirft.
Die Dabbawalas, die es seit 120 Jahren in Mumbai gibt, verkörpern mehr denn je Tradition und Moderne in der rasant wachsenden Metropole. Bis heute hat sich an ihrer Arbeitsweise nur wenig geändert, doch hat Mumbai mittlerweile zwanzigmal so viele Einwohner. Wie gelingt es den Dabbawalas - in einer der größten Städte der Welt - den Durchblick zu behalten? Ohne Computer, ohne andere technische Hilfsmittel. Handelt es sich bei ihrem System vielleicht nicht nur um ein logistisches, sondern auch um ein soziales Phänomen, von dem selbst hoch entwickelte Industriestaaten noch etwas lernen könnten?
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