"Verzockt, verloren, verstaatlicht ..."
ZDF-Dokumentation fragt: Was kostet uns die Hypo Real Estate?
Mainz (ots)
Die Hypo Real Estate, eine Jahrhundertpleite, ein Milliardengrab: Wie konnte eine einzige Bank das deutsche Finanzsystem bis an den Rand des Abgrunds bringen? Die ZDF-Dokumentation "Verzockt, verloren, verstaatlicht ... - Was kostet uns die Hypo Real Estate?" von Karl Hinterleitner und Michael Haselrieder zeigt am Mittwoch, 17. März 2010, 0.35 Uhr, mit welch riskanten Geschäften die Banker das Geld verzockt haben. Die Reporter sprechen mit Tätern und Opfern, mit Krisenmanagern und Krisenverlierern. Erstmals kommen auch Mitarbeiter der Hypo Real Estate zu Wort, die verdeckt vor der Kamera Einblicke in die Machenschaften der Bank geben.
Kein anderer Finanzkonzern in Deutschland ist so tief gefallen wie die Hypo Real Estate (HRE). Nur mit Staatsgarantien von 100 Milliarden Euro kann der Immobilienfinanzierer künstlich am Leben erhalten werden. Vor allem Versicherungen und Pensionsfonds wurden gerettet, die Milliarden bei der HRE angelegt hatten. Wohl niemand in Deutschland konnte sich bis dahin vorstellen, dass die Ersparnisse und die Altersvorsorge von Millionen Menschen von einem einzigen Geldhaus abhängen könnten.
Die Dokumentation zeigt im Stil eines Wirtschaftskrimis die Nacht der Entscheidung, in der Politiker und Banker das Geld vieler Deutscher gerettet haben. Der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück und der damalige Bankenpräsident Klaus-Peter Müller schildern eindrucksvoll, was auf dem Spiel stand. Der Film hinterfragt aber auch kritisch, zu welchem Preis die Hypo Real Estate gerettet wurde, und dokumentiert, welche Belastungen noch auf den Steuerzahler zukommen. Denn die Hypo Real Estate, die erste vollständig verstaatlichte Bank in der Geschichte der Bundesrepublik, wird zur Dauerbelastung.
Wie konnte es zu diesem Desaster kommen? Die Dokumentation begibt sich auf Spurensuche in Irland. Dort hatte die Depfa, eine Tochter der HRE, ein besonders riskantes Rad gedreht. Viele Details drangen niemals ans Licht der Öffentlichkeit. Dass der Crash nicht überraschend kam, bestätigen auch Insider aus der Bank. Sie berichten, dass die Risiken vor der Pleite erkannt und ignoriert worden seien. Es sei nur darum gegangen, den maximalen Gewinn zu erzielen. Opfer der HRE-Pleite sind vor allem die Aktionäre. Vor Gericht versuchen sie Schadenersatz einzuklagen, denn nach der Enteignung stehen sie fast mit leeren Händen da. Der Film zeigt, welche Folgen das Bankendesaster für ganz normale Anleger hatte.
Viele haben einen Großteil ihrer Altersvorsorge verloren. Gleichzeitig klagen die verantwortlichen Manager vor Gericht: Der ehemalige Vorstandschef der Hypo Real Estate, Georg Funke, will Gehälter in Millionenhöhe nachgezahlt bekommen.
Möglich wurde die Verstaatlichung der HRE durch das so genannte Finanzmarkt-Stabilisierungsgesetz. Es wurde unter Federführung des Bundesfinanzministeriums innerhalb einer Woche entworfen, beraten und verabschiedet. Maßgeblich an der Entstehung des Gesetzes beteiligt war die Anwaltskanzlei Freshfields. Pikant daran: Die Hypo Real Estate zählte in der Vergangenheit zu den Kunden dieser Anwaltskanzlei. Sie beriet die HRE ausgerechnet beim verhängnisvollen Kauf der Depfa-Bank. Einen Interessenkonflikt will das Finanzministerium trotzdem nicht erkennen.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger aber lehnt die Auslagerung von Gesetzesarbeit in Anwaltskanzleien strikt ab. Welche Lehren sind aus dem Fall Hypo Real Estate gezogen worden? Machen die Banken so weiter wie bisher? Der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, warnt die Finanzakteure in der Dokumentation vor einer Wiederholung: Steuerzahler und Bürger würden solch eine Rettung nicht noch einmal mitmachen. Die Banker müssten sich wieder auf alte Werte besinnen und Konsequenzen aus der Krise ziehen.
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