ZDF-Magazin "Frontal 21" am 20. Juli 2010
Geheime Störfallanalyse: Über 70 Grad im Hitze-ICE
Pannen-Serie bei der Deutschen Bahn - 485 verspätete Züge allein am 10. Juli
Mainz (ots)
Bei der Deutschen Bahn treten deutlich mehr technische Pannen auf als bisher bekannt. Das zeigen interne Dokumente, die dem ZDF-Magazin "Frontal 21" (Sendung am Dienstag, 20. Juli, 21.00 Uhr) vorliegen. So kam es allein am 10. Juli 2010, also an dem Tag, an dem mehrere ICE-Klimaanlagen ausfielen, insgesamt zu 293 Störfällen bei Zügen. Dazu zählen Bremsstörungen, Triebzugschäden, Störungen an Funkeinrichtungen und Zwangsbremsungen mit unbekannter Ursache. 485 Züge waren insgesamt über 100 Stunden verspätet. Als Ursache sieht Frank Schmidt, Vorsitzender der Gewerkschaft der Lokführer in Nordrhein-Westfalen, dass aus Zeitmangel die Züge nicht mehr richtig gewartet werden: "Wir bemängeln immer wieder, dass die Fahrzeuge nicht richtig repariert und auf die Schiene geschickt werden, der Fehler dann schnellstmöglich bei denselben Fahrzeugen immer wieder auftritt", sagte Schmidt gegenüber "Frontal 21".
In einem der ICEs, in dem am 10. Juli die Klimaanlage ausgefallen war und in dem mehrere Schüler einen Hitzeschock erlitten, entwickelten sich nach einer internen Störfallanalyse der Deutschen Bahn Temperaturen von über 70 Grad Celsius - bislang war lediglich von rund 50 Grad die Rede. Der ICE war schließlich am Hauptbahnhof in Bielefeld gestoppt worden, nachdem sich die Situation in dem Zug dramatisch zugespitzt hatte.
Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Zugchef. Der ehemalige Justiziar des Eisenbahnbundesamtes, Professor Hans-Jürgen Kühlwetter, kritisiert dies scharf und fordert Ermittlungen wegen flächendeckend ausgefallener Klimaanlagen gegen das Bahn-Management. "Ich habe teilweise den Eindruck, dass die Staatsanwaltschaft entweder nicht will oder sich nicht traut, gegen den Vorstand und gegen führende Kräfte der Deutschen Bahn vorzugehen, was meiner Ansicht nach im erheblichen Umfang notwendig wäre."
Nach "Frontal 21"-Recherchen verzeichnet die Deutsche Bahn auch häufig Störungen an den Sicherungsanlagen der Zugstrecken. Am 16. Juli zum Beispiel, einem ganz normalen Verkehrstag, kam es zu über 200 Störfällen. 670 Züge waren unter anderem von Signal-, Weichen- und Stellwerksstörungen betroffen. Die Züge hatten allein durch solche Störungen insgesamt fast 90 Stunden Verspätung.
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