ZDF-Pressemitteilung
Sitzung des ZDF-Fernsehrates am 8. Juni 2001 in Mainz
Mainz (ots)
Intendant Stolte: "Ehrgeiziges Ziel zur weiteren Konsolidierung der ZDF-Finanzen"
Begrenzung des Defizits bis Ende 2004 auf knapp 200 Millionen Mark nur mit drastischen Kürzungen möglich / Strukturelle Unterfinanzierung bleibt bestehen
Das ZDF ist nach wie vor in einem strukturell finanziellen Nachteil gegenüber den Mitbewerbern auf dem Fernsehmarkt. In einer Darstellung der Maßnahmen zur Effektivitätssteigerung und Aufwandsminderung für den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung (2001 bis 2004) unterstrich ZDF-Intendant Dieter Stolte vor dem ZDF-Fernsehrat, dass die Einsparpotentiale, die ohne substantielle Eingriffe in die Wettbewerbsfähigkeit des ZDF vorgenommen werden können, weitestgehend ausgeschöpft seien. Die strukturelle Unterfinanzierung aus der ersten Hälfte der 90-er Jahre mit ihren dramatischen Rückgängen der Werbeeinnahmen sei bis heute nicht ausreichend kompensiert worden, schilderte der ZDF-Intendant und warnte: "Wer in der derzeitigen Situation weitere Einsparungen vom ZDF fordert, muss sich darüber im klaren sein, dass er eine schrittweise Marginalisierung des Senders im Wettbewerb der Vollprogramme in Kauf nimmt und dadurch letztlich die Zukunft des ZDF gefährdet."
Zum 1. Januar 2001 wurde der Anteil des ZDF an der Fernsehgebühr um 1,205 Mark erhöht. Damit verfügt das ZDF von diesem Jahr an über durchschnittlich rund 470 Millionen Mark jährlicher zusätzlicher Gebührenerträge und einen Gesamtetat von rund 3,5 Milliarden Mark.
Im Jahr 2001 erwartet das ZDF einen Überschuss der Erträge gegenüber den Aufwendungen in Höhe von 172 Millionen Mark. Diese können allerdings nicht wie in früheren Gebührenperioden üblich, der Rücklage zugeführt werden, um die Preisentwicklungen in den Folgejahren auszugleichen, sondern müssen zur Tilgung der Schulden aus der vergangenen Gebührenperiode herangezogen werden. Bis zum Ende der laufenden Gebührenperiode (2004) zeichnet sich erneut eine Deckungslücke von mehreren hundert Millionen Mark ab, der es mit geeigneten Maßnahmen entgegenzuwirken gelte.
Das ZDF schloss die alte Gebührenperiode (1997 bis 2000) mit einem Defizit von 309,4 Millionen Mark ab. Verteilt man diesen Fehlbetrag inklusive Zinsen auf den Zeitraum der neuen Gebührenperiode, so sind rund 100 Millionen Mark der Gebührenerhöhung jedes Jahr allein durch diese Altlast gebunden. Weitere rund 80 Millionen Mark jährlich entfallen auf neue, gesetzlich gebundene Aufgaben im Digitalbereich.
Für die neue Gebührenperiode hat die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF) etwa zwei Drittel des vom ZDF angemeldeten Finanzbedarfs anerkannt. Von 2,967 Milliarden Mark hat die KEF 1,140 Milliarden Mark nicht anerkannt und deshalb gekürzt. Daraus resultiert neben anderen Faktoren für das ZDF eine rechnerische Finanzierungslücke von 1,032 Milliarden Mark bis Ende 2004. Dieses planerische Defizit wurde in zwei Finanzklausuren des Senders mit einer Reihe von Strukturmaßnehmen und Sparbeschlüssen auf einen Fehlbetrag von rund 195 Millionen Mark vermindert. Der Spielraum für weitere Einsparungen, so Intendant Stolte, sei in der Zukunft "eng begrenzt, will man nicht die Wettbewerbsfähigkeit des ZDF massiv beschädigen".
Das Ziel, die drohende Deckungslücke bis Ende 2004 auf unter 200 Millionen Mark zu begrenzen, könne als "sehr ehrgeiziges Ziel, unter Wettbewerbsgesichtspunkten auch als ein riskantes Ziel" bezeichnet werden, sagte Stolte vor dem Fernsehrat. Aus heutiger Sicht gebe es jedoch zu diesem strikten Sparkurs keine verantwortbare Alternative.
Zugleich müsse für die Wettbewerbssituation festgehalten werden, dass das ZDF im künftigen digitalen Fernsehmarkt nicht mehr mit einzelnen Vollprogrammen sondern mit ganzen Programmbouquets konkurriere. Die vier großen Senderfamilien Kirch-Gruppe, RTL Group, ARD und ZDF teilten 90 Prozent des Marktes unter sich auf. Das ZDF verfüge in diesem Wettbewerbsumfeld mit Abstand über die geringsten finanziellen Mittel. Darüber hinaus sei dem ZDF nach wie vor als
einzigem der großen Marktteilnehmer in Deutschland die Möglichkeit eines zweiten Programmstandbeins in eigener Verantwortung versagt. Es sei daher an der Zeit, so der ZDF-Intendant, ordnungspolitisch darüber nachzudenken, "wie der strukturelle Nachteil des ZDF gegenüber den großen Senderfamilien verringert werden kann."
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