ZDF-Pressemitteilung
ZDF-Morgenmagazin: Buchtipps von Wolfgang Herles
Mainz (ots)
Am Dienstag, 13. November 2001, gibt es im ZDF-Morgenmagazin wieder Buchtipps von und mit Wolfgang Herles. Der Leiter des ZDF-Kulturmagazins "aspekte" hat sechs Neuerscheinungen aus dem Herbstangebot der Belletristikverlage ausgewählt, die er live im Studio um 6.20 Uhr und 8.20 Uhr vorstellt.
Mit folgenden Büchern beschäftigt sich Wolfgang Herles:
"Die Dunkelkammer des Damokles", ein Roman von Willem Frederik Hermans im Gustav Kiepenheuer Verlag: Das furiose Buch des bei uns neu entdeckten Amsterdamer Autors spielt während des Zweiten Weltkriegs in den Niederlanden. Henri Osewoudt, dessen Mutter in einem Anflug von Wahnsinn den eigenen Mann erstochen hat, wächst bei seinem Onkel auf. In den ersten Kriegstagen begegnet der 18-Jährige dem geheimnisumwitterten Offizier Dorbeck, der ihn für die Mitarbeit im Widerstand gewinnt. Henri führt Dorbecks Aufträge mit großem Eifer aus und verstrickt sich dabei immer tiefer in Gewalt und Mord. Nach der Befreiung wird Osewoudt verhaftet und der Kollaboration bezichtigt. Er kann seine Unschuld nicht beweisen, weil alle seine Mitstreiter tot sind und Dorbeck unauffindbar bleibt.
"Die schwarzen Ränder der Glut", ein neuer Politkrimi von Ulrich Ritzel im Libelle Verlag: Eigentlich will Kriminalkommissar Berndorf mit den Kollegen vom Ulmer Revier seinen Abschied in den wohlverdienten Ruhestand feiern. Aber der Abschiedsbrief eines Selbstmörders aus seinem Kollegenkreis treibt ihn noch einmal in die Ermittlungsarbeit zurück. 1972, in der bleiernen Zeit des RAF-Terrorismus, hatte dieser Polizist unter Berndorfs Einsatzleitung einen Unschuldigen erschossen. Trotz der Selbstanzeige des Kollegen blieb der Vorfall unaufgeklärt und politisch dubios. Berndorf befragt ehemalige Augenzeugen und Tatbeteiligte und kommt schließlich den für das Unglück Verantwortlichen auf die Spur. Ritzel bringt in seinem dritten Krimi jüngste Zeitgeschichte überzeugend ins Bild; er schildert atmosphärisch dicht APO-Aktionen, Terroristenfahndung und den Marsch der 68iger durch die Institutionen.
"Ein herzzerreißendes Werk von umwerfender Genialität", eine Familiengeschichte von Dave Eggers im Droemer Verlag: Der junge amerikanische Autor hat seine Lebensgeschichte aufgeschrieben. Dave und Toph sind 22 und 8 Jahre alt, als sie innerhalb eines Monats ihre Eltern verlieren. Die Geschwister verlassen ihre Heimatstadt Chicago und beginnen in Kalifornien ein neues Leben. Dave bricht sein Studium ab, um die Verantwortung für seinen kleinen Bruder zu übernehmen. Er findet einen Halbtagsjob und bemüht sich, dem Haushaltschaos Herr zu werden. Dave geht zum Elternabend und auf den Sportplatz, wiegelt kleinkarierte Sozialhelfer ab und stürzt sich in Schulden: Toph soll es schließlich gut gehen. Die ungewöhnlichen, zu Herzen gehenden Memoiren sind respektlos und komisch zugleich. In den USA wurde das Buch von Lesern und Kritikern gefeiert.
"Der König von Korsika", ein historischer Schelmenroman von Michael Kleeberg bei der DVA: Der westfälische Baron Theodor Neuhoff, 1694 in Köln geboren, sorgte schon früh bei Hofe als begnadeter Liebhaber für Aufsehen. Er versuchte sich als Geheimagent, Alchimist und kaiserlicher Gesandter, bis er sich 1736 zum "König von Korsika" krönen ließ. Theodor I. regierte aber nur einen Sommer, es folgten sieben dunkle Gefängnisjahre im Londoner Tower. Verarmt, einsam und geistig umnachtet starb Baron Neuhoff in England. Michael Kleeberg ist mit seinem "König von Korsika" das schillernde Porträt eines Politabenteurers und unverwüstlichen Lebemannes gelungen, der von der deutschen Geschichtsschreibung einfach vergessen wurde.
"Du pinkelst ja im Sitzen", ein Männerbriefroman von Peter Roos im Reclam Verlag Leipzig: Florian und Paul sind langjährige Schulfreunde. Sie haben die APO-Zeit hautnah miterlebt und schwören sich in den wilden Sechzigern, nicht so zu werden wie ihre Väter, sondern viel männlicher und aufmüpfiger. Heute sind beide über 50 - und immer noch eng miteinander verbunden. Florian lebt inzwischen in New York und so schreibt Paul lange Briefe an seinen fernen Freund. Es geht ums Fremdgehen, Küssen, Kungeln und Kinderkriegen, um Büstenhalter und Lieblingsbücher. Alles, was die moderne Männerwelt verbindet, wird per Post quer über den Ozean diskutiert. Ein unterhaltsamer Roman in 62 Briefen, geistvoll und amüsant geschrieben.
"Geschichte mit Pferden", der neue Roman von Petra Morsbach im Eichborn Verlag: Nele ist schon jenseits ihrer besten Jahre, als ihr Leben kurz vor der Rente noch einmal eine entscheidende Wendung nimmt. Sie muss ihre liebgewordene Stellung in einem Altersheim aufgeben und wird Köchin auf einem großen Reiterhof. Nur schwer findet sich die eigenwillige Endfünfzigerin in der neuen Umgebung zurecht. Sie muss als Außenseiterin mit Misstrauen, Arroganz und Vorurteilen fertig werden. In ihrem Tagebuch schreibt sie sich jeden Abend ihren Frust von der Seele. Ein unsentimentales Buch über eine ungewöhnliche Frau und den Alltag in einem Dorf in Norddeutschland.
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