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Donnerstag, 5. Juni 2003
auslandsjournal

Mainz (ots)

Donnerstag, 5. Juni 2003, 21.15 Uhr
auslandsjournal
   mit Nikolaus Brender
Thema u.a.: Buddhas sanfte Bestien - der Tiger-Tempel von Thailand
Ein Spaziergang ist er nicht, der Weg zur Erleuchtung. Auch nicht
für die Anhänger Buddhas, die sich von früh bis spät ausschließlich
ihrem Glauben widmen. Denn was ein echter Mönch ist, der ist nicht
nur für sein eigenes Seelenheil zuständig, sondern verantwortlich für
alles Leben und den Schutz der Lebenden. Die friedliche Atmosphäre im
Tempel lässt selbst sonst eher ungemütliche Raubtiere handzahm
werden. Im Kloster Wat Pa Luangtabua, im Westen Thailands, leben neun
asiatische Tiger Seite an Seite mit zehn buddhistischen Mönchen.
Jakkrit ist einer von ihnen. Eigentlich ist der 25-jährige Kaufmann,
doch wie viele junge Männer in Thailand beschloss er, nach der
Ausbildung für einige Zeit ins Kloster zu gehen. Auf den Spuren
Buddhas wandelt Pisuthiyanno - so heißt Jakkrit im Tempel - jetzt
sechs Monate lang zur Selbstfindung. Die Tage sind lang und
arbeitsreich: Morgens um fünf verlassen die Mönche den Tempel, um bei
den Nachbarn um Almosen zu bitten. Noch vor dem Frühstück, der
einzigen Mahlzeit am Tag, werden die Tiergehege gesäubert und die
Tiger gefüttert. Obwohl sich die Buddhisten im Waldkloster rein
vegetarisch ernähren, ist der so genannte Tiger-Tempel wohl
Weltmeister im Fleischverbrauch: Gut 60 Kilogramm verputzen die
Raubkatzen jeden Tag.
Nachmittags um halb vier dann werden die Tiger an die Leine gelegt
und ins nahe gelegene Tal geführt. Freilauf für die Raubkatzen - für
die Mönche Momente höchster Konzentration. Nur mit Worten und
geistiger Autorität halten sie die Tiere in Schach. "Man darf ihnen
nie den Rücken zukehren", sagt Pisuthiyanno aus Erfahrung. "Ein Tiger
bleibt ein Tiger, auch wenn er einem aus der Hand frisst. Er ist
immer ein wildes Tier."
Der wöchentliche Waschgang lässt das fast vergessen. Wie
Hauskatzen lassen sich die schwarz-gelb gestreiften Kolosse einseifen
und genießen es, von den Mönchen gebürstet zu werden. Die Buddhisten
aus Luangtabua verehren den Tiger als heiligstes aller Tiere. Denn
der Tiger lebt normalerweise dort, wo ihr großer Lehrer Buddha seine
Erleuchtung empfangen hat - im Dschungel. "Außerdem", erklärt Abt
Phoosit, "symbolisiert der Tiger Angst, deshalb bekämpfen ihn die
Menschen normalerweise. Wir aber leben mit ihm zusammen und
überwinden die Angst. Das lässt andere Menschen in den Glauben
vertrauen."
Für ZDF-Korrespondent Peter Kunz war der Dreh in Thailands
einzigem Tiger-Tempel eine besondere Herausforderung. "Wenn die
großen Tiere gerade mal drei Meter entfernt an einem vorbeilaufen,
das ist schon beängstigend", sagt Kunz. Über Unfälle, so Kunz,
sprechen die Mönche nicht. Sie lassen den Besucher wissen, dass es
gefährlich ist, mit Raubtieren zusammenzuleben. Doch haben sie auch
einen Ruf zu verlieren. Schließlich ist das Kloster Wat Pa Luangtabua
mittlerweile ein von der Regierung anerkanntes Tigerschutzzentrum -
und nicht zuletzt eine Touristenattraktion.
Weitere Themen:
Amerikas neue Heldin - die abenteuerliche Rettung der Jessica
Lynch
Kolumbiens chronische Krankheit - das grausame Geschäft der
Geiselnehmer
Am Donnerstag, 5. Juni und Donnerstag, 12. Juni 2003, moderiert
ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender das "auslandsjournal" in
Vertretung von Dietmar Ossenberg.
Rückfragen bitte an die ZDF-Redaktion "auslandsjournal", Robert
Bachem, Tel. 06131-702985, und Normen Odenthal, Tel.: 06131-702838.

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