ZDF-Magazin "Frontal 21": In den 80er Jahren bis zu 4 500 Visa pro Tag an der BRD-Botschaft in Warschau
"Im Zweifel für den Antragsteller" galt in der Visapolitik bis weit in die 90er Jahre
Mainz (ots)
Schon in den 80er Jahren haben Botschaften der Bundesrepublik Deutschland in Osteuropa großzügig Visa-Anträge bewilligt. In Warschau seien schon 1981 an Spitzentagen 4 500 Visa täglich ausgegeben worden, erklärt Klaus Reiff, damals Presseattaché an der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Warschau, gegenüber dem ZDF-Magazin "Frontal 21". Eine Kontrolle habe es praktisch nicht mehr gegeben. "Wenn Sie 4 500 Visa pro Tag ausstellen sollen", so Klaus Reiff, "dann haben Sie überhaupt gar keine Möglichkeit mehr zu prüfen, ob der Antragsteller sauber ist oder ob er mit Hintergedanken seinen Antrag gestellt hat".
Nach vertraulichen Meldungen der Botschaft in Warschau, die "Frontal 21" vorliegen, sind im Laufe der 80er Jahre Millionen Visa im Schnellverfahren an Polen ausgegeben worden mit Billigung des Auswärtigen Amtes. "Sicherlich war das Auswärtige Amt bis hoch zum Minister über die Vorgänge in Warschau informiert", erklärt Klaus Reiff gegenüber "Frontal 21". Außenminister war damals Hans-Dietrich Genscher (FDP).
Bis weit in die 90er Jahre galt der Grundsatz "Im Zweifel für den Antragsteller", nach der Wende 1989/90 auch für andere osteuropäische Länder. Das geht aus einem internen Schreiben der Deutschen Botschaft von 1994 in Kiew hervor, das '"Frontal 21" vorliegt. Kritik kam vom damaligen Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU). Diese Visa-Politik sei eine "erhebliche Bedrohung der inneren Sicherheit unseres Landes", warnte er am 19. September 1994 in einem persönlichen Schreiben den damaligen Außenminister Klaus Kinkel (FDP). Die Zuwanderung, so Kanther, " führt nicht nur zu enormen finanziellen Belastungen, sondern auch zu einem besorgniserregenden Anstieg der Kriminalität und der illegalen Beschäftigung." In seinem Antwortschreiben vom 30. September 1994 verteidigte Kinkel die Visapolitik des Auswärtigen Amtes: "Es lässt sich dabei von der Maxime soviel Reisefreiheit wie möglich, soviel Kontrolle wie nötig leiten." Beide Briefe liegen "Frontal 21" vor.
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