ZDF-Politbarometer Juli II 2005
Linkspartei.PDS im Stimmungshoch - Union mit Verlusten
SPD im Osten nur noch halb so stark wie bei der letzten Bundestagswahl
Mainz (ots)
In der politischen Stimmung in Deutschland verliert die SPD leicht und kommt auf 24 Prozent (minus 1). Die CDU/CSU verliert deutlicher und erreicht noch 44 Prozent (minus 3). Die Grünen kommen auf 11 Prozent (plus 2) und die FDP auf 6 Prozent (minus 1). Die Linkspartei.PDS verbessert sich deutlich und erhält jetzt 12 Prozent (plus 3).
Im Osten Deutschlands ist die Linkspartei.PDS in der politischen Stimmung mit jetzt 34 Prozent knapp stärkste Partei vor der CDU mit 33 Prozent und der SPD, die jetzt nur noch auf 21 Prozent kommt (Grüne: 6 Prozent und FDP: 3 Prozent). Wie deutlich die SPD unter dem Erstarken der Linkspartei.PDS gerade im Osten leidet, wird deutlich, wenn man die aktuelle Stimmung im Osten mit dem dortigen Bundestagswahlergebnis 2002 vergleicht: Damals kam die SPD noch auf knapp 40 Prozent und die PDS nur auf rund 17 Prozent, die CDU steht heute 5 Prozentpunkte besser da als 2002.
Wenn schon am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre, kämen längerfristige Überzeugungen und Bindungen an die Parteien sowie taktische Überlegungen der Wähler stärker zur Geltung. Dies berücksichtigt die Politbarometer-Projektion: Die SPD käme danach nur noch auf 26 Prozent (minus 1), die CDU/CSU auf 43 Prozent (minus 1), die Grünen auf 10 Prozent (plus 1) und die FDP auf 7 Prozent (unverändert). Die Linkspartei.PDS erreichte jetzt 10 Prozent (plus 2) und die sonstigen Parteien zusammen 4 Prozent (minus 1). Damit hätte eine Koalition aus CDU/CSU und FDP weiterhin eine Mehrheit im Bundestag.
Auf die Frage, was hauptsächlich für den Erfolg der Linkspartei.PDS verantwortlich ist, nennen 82 Prozent aller Befragten den Protest gegen die aktuelle Politik. Nur 10 Prozent gehen von einer Unterstützung der politischen Vorstellungen der Linkspartei.PDS aus. Selbst nur 23 Prozent der Anhänger von Linkspartei.PDS nennen hier die inhaltliche Unterstützung der Politik, für 70 Prozent ist ihr Erfolg in erster Linie Ausdruck des Protests. In dieser Situation sind auch die Erwartungen an eine mögliche Bundeskanzlerin Angela Merkel von Bedeutung: So erwarten zwar 42 Prozent der Westdeutschen, dass sie die Interessen der Ostdeutschen besonders gut vertreten würde (nein: 50 Prozent), jedoch nur 26 Prozent der Ostdeutschen erwarten das von ihr (nein: 70 Prozent). Bei der Kanzlerpräferenz kommt Gerhard Schröder jetzt auf 46 Prozent (+2) und Angela Merkel auf 42 Prozent (-4).
Hinsichtlich der Wahlprogramme der Parteien dominiert durchweg eine große Skepsis: Die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze erwarten 30 Prozent am ehesten vom Programm der CDU/CSU, 9 Prozent von dem der SPD, keiner Partei trauen das 25 Prozent zu und 29 Prozent sehen sich nicht in der Lage, diese Frage zu beantworten. Die Lösung der Probleme in den Sozialversicherungssystemen erwarten 26 Prozent vom Wahlprogramm der CDU/CSU und 15 Prozent von dem der SPD (keine Partei: 17 Prozent; weiß nicht: 36 Prozent). Das Wahlprogramm der CDU/CSU halten 21 Prozent für das ehrlichste, 10 Prozent das der SPD (keine Partei: 28 Prozent; weiß nicht: 28 Prozent).
Als das sozial am ehesten gerechte Programm sehen 27 Prozent das der SPD an und 16 Prozent das der CDU/CSU (keine: 12 Prozent, weiß nicht: 31 Prozent). Hier wird von 10 Prozent der Linkspartei.PDS die größere soziale Gerechtigkeit zugeschrieben. Ansonsten erhalten die programmatischen Vorstellungen von Grünen, FDP und Linkspartei.PDS in allen abgefragten Kategorien jeweils nur Nennungen im kleinen einstelligen Prozentbereich.
Bei der Liste der zehn wichtigsten Politiker in Deutschland hat es Veränderungen gegeben. Hierzu werden inzwischen Gregor Gysi und Oskar Lafontaine gerechnet. Wolfgang Clement und Hans Eichel werden von den Befragten jetzt als weniger wichtig angesehen. Bei der Bewertung dieser zehn wichtigsten Politiker nimmt Christian Wulff weiter den ersten Platz ein. Er kommt auf der +5/-5-Skala auf einen Durchschnittswert von 1,4 (Juli I: 1,6). Dann folgen jeweils mit 0,7 Joschka Fischer (Juli I: 0,6) und Angela Merkel (Juli I: 0,9) vor Gerhard Schröder mit 0,3 (Juli I: 0,3). Auf Platz fünf liegt Edmund Stoiber mit 0,0 (Juli I: 0,3). Danach im Negativ-Bereich jeweils mit minus 0,2 Roland Koch (Juli I: minus 0,1) und Franz Müntefering (Juli I: minus 0,4) vor Guido Westerwelle mit minus 0,6 (Juli I: minus 0,6). Am Schluss Gregor Gysi mit minus 0,8 und Oskar Lafontaine mit minus 1,5. Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 19. bis 21. Juli 2005 bei 1300 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch geführt. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in ganz Deutschland. Die Fehlertoleranz bei den großen Parteien beträgt 2,7 Prozentpunkte, bei den kleineren 1,4 Prozentpunkte.
Das nächste Politbarometer gibt es am Freitag, 5. August 2005, nach dem "heute-journal".
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