ZDF-Magazin "Frontal 21" am 23. Januar 2007
Knöllchen als Kassenfüller Polizisten unter Quotendruck
Mainz (ots)
Mehrere deutsche Polizeibehörden führen Ranglisten über ihre Einnahmen aus Verwarnungs- und Bußgeldern. Das berichtet das ZDF- Magazin "Frontal 21" in seiner Ausgabe am 23. Januar 2007. "Die Kollegen fühlen sich als Geldeintreiber für den Staat missbraucht", sagt Frank Richter, NRW-Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) gegenüber "Frontal 21". "Das Verhältnis zwischen Polizei und Bürgern leidet enorm, wenn die Beamten in den Verdacht geraten, dass es nicht mehr um die Unfallverhütung geht, sondern nur noch um Abzocke."
Das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen listet in einer Tabelle mit dem Titel "Barvus 2006" genau auf, wie viel Geld jede Polizeibehörde durch den "bargeldlosen Einzug von Verwarnungsgeldern und Sicherheitsleistungen" umgesetzt hat. Eine solche "Bußgeld- Rangliste" funktioniert offenbar als Druckmittel: Weil seine Behörde am Tabellenende lag, habe der Aachener Polizeipräsident seine Beamten angewiesen, mehr Verwarn- und Bußgelder zu verhängen, so die Deutsche Polizeigewerkschaft gegenüber "Frontal 21". Zwei Polizeibeamte verteilten daraufhin über Nacht in einer ruhigen Wohnstraße 88 Knöllchen wegen Parkens in falscher Fahrtrichtung eine Maßnahme, die nach Einsprüchen zurückgenommen wurde. In Bonn forderte ein Inspektionsleiter seine Beamten sogar per schriftlicher Dienstanweisung auf, pro Jahr und pro Kopf mindestens 100 Bußgelder einzutreiben.
Auch im Land Brandenburg gibt es so genannte "Zielvereinbarungen" für die Polizei. So hat ein Behördenleiter innerhalb des Potsdamer Polizeipräsidiums von jedem seiner Beamten eine monatliche "Knöllchen-Quote" von 175 Euro schriftlich eingefordert. Auch für einzelne Polizeiwachen wurden konkrete Mindestsummen pro Jahr festgeschrieben. Nach Gewerkschaftsangaben existiert in Brandenburg zwischen Innen- und Finanzministerium eine Vereinbarung, wonach die Polizei bei überdurchschnittlich hohen Bußgeldeinnahmen eine Prämie erhält. So seien im laufenden Landeshaushalt Mindesteinnahmen von 34,5 Millionen Euro aus Verwarnungs- und Bußgeldern geplant. Alle Mehreinnahmen sollen wiederum direkt der Polizeiarbeit zugute kommen. Dadurch stünden alle Behördenleiter und jeder einzelne Beamte enorm unter Druck. Denn je mehr Bußgelder geschrieben würden, desto weniger Stellen müssten abgebaut werden bei der Polizei, sagt Andreas Schuster, Landesvorsitzender der GdP in Brandenburg gegenüber "Frontal 21".
Die Pressestellen der Innenministerien rechtfertigen eine strengere Verkehrsüberwachung mit dem "Europäischen Aktionsprogramm für die Straßenverkehrssicherheit" aus dem Jahr 2003. Danach soll bis 2010 europaweit die Zahl der Verkehrsunfalltoten von derzeit 40.000 im Jahr halbiert werden. Gleichzeitig wurden in den meisten Bundesländern Leistungsvergleiche der Polizeibehörden eingeführt - auch bei den Bußgeldeinnahmen.
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Mainz, 23. Januar 2007 ZDF Pressestelle Telefon: 06131-702120/-21
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