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ZDF-Magazin Frontal 21:
Folter in Guantanamo – Kriegsverbrechen im Regierungsauftrag?
Ehemaliger US-Ankläger bei den Nürnberger Prozessen: "Im Krieg gegen den Terror wird das Völkerrecht gebrochen"

Mainz (ots)

"Guantanamo wird mit Folter durch die Amerikaner
genauso verbunden sein wie Auschwitz mit Deutschland". Diesen Vorwurf
erhebt der amerikanische Völkerrechtler Benjamin Ferencz gegenüber
der US- Regierung. Ferencz ist einer der letzten noch lebenden
Ankläger der Nürnberger Prozesse, in denen sich die Nazis für ihre
Verbrechen verantworten mussten. In Nürnberg habe man sehr sorgfältig
auf Rechtsstaatlichkeit geachtet, erinnert sich Ferencz. "Die
Häftlinge von Guantanamo erhalten keinen fairen Prozess", erklärt er
in einem Interview gegenüber dem ZDF-Magazin Frontal 21 in der
Sendung am 20. März 2007, 21.00 Uhr. "Ein fairer Prozess setzt
voraus, dass der Angeklagte als unschuldig gilt. Die Last der
Beweisführung liegt beim Staatsanwalt. Der Angeklagte hat ein Recht
auf einen Anwalt. Er darf Beweise sehen, die gegen ihn vorliegen und
sich verteidigen. All das existiert in Guantanamo nicht."
In ihrem "Krieg gegen den Terror" haben die USA weltweit Gefangene
gemacht und nach Guantanamo gebracht. Sie werden verdächtigt, den
Terror der Al Qaida unterstützt zu haben. Aber anders als in jedem
anderen Krieg erkennt die US-Regierung sie nicht als Kriegsgefangene
an. Die US-Regierung hat für sie eigens den Status des "feindlichen
Kämpfers" erfunden und damit die Genfer Konvention unterlaufen. Die
Folge: Die Gefangenen sitzen zum Teil seit Jahren in Haft ohne
Anklage, ohne Recht auf Verteidigung. Derzeit werden noch rund 380
Gefangene festgehalten.
Im Krieg gegen den Terror werde das Völkerrecht gebrochen, so die
Einschätzung von Benjamin Ferencz. Dafür müssten die
Verantwortlichen der US-Regierung zur Rechenschaft gezogen
werden: "Das wäre zu allererst der Präsident der Vereinigten Staaten,
der die Verantwortung übernehmen muss, für alles, was passiert ist.
Als zweites wäre das der Verteidigungsminister, der all diese Befehle
gegeben hat. Drittens wäre es der Kommandant des Lagers, wo alle dies
passiert." Guantanamo habe den Ruf der USA, die sich in und nach
Nürnberg für die Menschenrechte eingesetzt haben, beschädigt, stellt
der 86-Jährige fest.
Ähnlich argumentiert Michael Ratner von der New Yorker
Menschenrechtsorganisation Center for Constitutional Rights (CCR)
gegenüber Frontal 21: "Es ist traurig, aber die Verantwortlichen in
meiner Regierung haben ein Kriegsverbrechen begangen, und dafür muss
man sie anklagen." Michael Ratner hat deshalb zusammen mit anderen
Organisationen beim deutschen Generalbundesanwalt in Karlsruhe
Anzeige erstattet. Sie richtet sich gegen Ex-Verteidigungsminister
Donald Rumsfeld, Justizminister Alberto Gonzales, Ex-CIA-Chef George
Tenet und ein Dutzend weiterer hochrangiger US-Regierungsvertreter
und Soldaten, die gegen das Völkerrecht verstoßen und Verbrechen
gegen die Menschlichkeit begangen hätten.
Die Bundesanwaltschaft muss jetzt prüfen, ob sie Anklage erhebt.
Anders als die USA hat die Bundesrepublik die Regeln des
Völkerstrafrechts anerkannt und in nationales Recht umgesetzt. Für
den deutschen Völkerrechtler Michael Bothe ist die
Generalbundesanwältin jetzt in Zugzwang. "Das heißt, dass die
deutschen Strafverfolgungsbehörden, die deutschen Gerichte zuständig
sind ohne Rücksicht darauf, wo die Taten begangen worden sind und
von wem sie begangen worden sind. Einfach die Tatsache, dass es sich
um Kriegsverbrechen handelt, reicht zur Begründung der Zuständigkeit
aus." Käme es zu einer Anklage, hätte das für Beschuldigte wie den
ehemaligen US-Verteidigungsminister drastische Konsequenzen, so
Bothe: "Herr Rumsfeld unterliegt dem deutschen Strafrecht, wenn er
hier ist. Und wenn eine Zuständigkeit der deutschen Strafgerichte
besteht - und sie besteht -, dann gelten die normalen Regeln über
Untersuchungshaft. Und es ist aus meiner Sicht kein Grund
ersichtlich, warum Herr Rumsfeld jetzt nicht in Untersuchungshaft
genommen werden könnte."
Rückfragen an die Redaktion bitte unter: Tel.: 030/2099-1254
(Michael Hölting)

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