ZDF-Programmhinweis
Sonntag, 25. März 2007, 23.40 Uhr
ZDF- History
Gnade ohne Wahrheit?
Warum die Akte RAF nicht geschlossen werden kann
Film von Wolfgang Herles
Mainz (ots)
Sonntag, 25. März 2007, 23.40 Uhr ZDF-History Gnade ohne Wahrheit? Warum die Akte RAF nicht geschlossen werden kann Film von Wolfgang Herles Die bevorstehende Freilassung der Terroristin Brigitte Mohnhaupt und das Begnadigungsgesuch von Christian Klar haben 30 Jahre nach dem blutigen "deutschen Herbst" eine Diskussion über den Umgang mit der Terrororganisation RAF ausgelöst. Politik und Gesellschaft sind gespalten. Eine ZDF-Dokumentation von Wolfgang Herles zeichnet die Geschichte der RAF nach und fragt: "Ist es an der Zeit, das Kapitel des Linksterrorismus in Deutschland zu schließen? Ist die Zeit reif für einen Schlussstrich?
"Einen Schlussstrich kann man nicht ziehen, weil viele Fakten einfach noch nicht offen liegen. Die Ermittlungsergebnisse im Bezug auf alle Taten der RAF nach 1985 sind gleich Null. Man weiß überhaupt nicht, wer überhaupt Mitglied der RAF damals war. Man weiß nicht, wer verantwortlich für die Taten war. Und das finde ich, als Angehöriger, doch sehr unbefriedigend", sagt Patrick von Braunmühl, Sohn des 1986 von der RAF ermordeten Mitarbeiters des Auswärtigen Amtes, Gerold von Braunmühl.
Während die Angehörigen der RAF-Opfer nun befürchten, durch die Freilassung der Gefangenen würden die Verbrechen niemals aufgeklärt, stellt sich für Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles, der sich damals selbst zu den Sympathisanten der linken Terrorszene rechnete, noch eine ganz andere Frage: "Das ist eine sehr aufregende, tragische Geschichte über vertane Träume, über vertane Chancen. Diese Sache ist nicht ausgestanden. So wie der Faschismus nicht ausgestanden ist. Es ist auch der Sozialismus nicht ausgestanden. Die DDR ist auch nicht ausgestanden. Die ist nur in die Ecke gepackt. Das ist so ein bisschen die deutsche Strategie, nicht?"
In seinem filmischen Essay geht Herles folgenden Fragen nach: Ist die Geschichte der RAF abgeschlossen, solange die Verbrechen der Dritten Generation an Zimmermann, Bekurts, von Braunmühl, Herrhausen und Rohwedder nicht aufgeklärt sind? Ist in diesem Zusammenhang der Anspruch aller Opferfamilien legitim, über den Hergang der Taten mehr zu erfahren, und sind die Täter, auch wenn sie ihre Strafe verbüßt haben, dazu moralisch verpflichtet? Wie weit ging der Rückhalt in der Bevölkerung, den der "Krieg der sechs gegen sechzig Millionen" erfuhr? Wie ist die Rolle des Staates zu bewerten? War die gegenseitige "Hysterisierung" von Staat und außerparlamentarischer Linken eine wichtige Ursache der Eskalation?
Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhard Baum glaubt: "Die Republik war nicht eine Sekunde gefährdet. Unser freiheitliches System ist doch nicht durch 40 Desperados zu gefährden. Gefährdet war das schon eher durch die Reaktion des Staates, weil er Freiheitsrechte zur Disposition gestellt hat. Und er wurde dann teilweise so hässlich, wie ihn die Terroristen haben wollten."
Auch Patrick von Braunmühl sieht staatliche Versäumnisse beim Umgang mit der RAF: "Aus heutiger Sicht glaube ich schon, dass damals Fehler passiert sind. Dass man vielleicht die RAF sogar zu ernst genommen hat. Natürlich war sie eine erhebliche Bedrohung, und sie war gut organisiert, aber die Art und Weise, wie man ihr Gedankengut, ihre Argumente tabuisiert hat, die Art und Weise, wie man mit den Terroristen umgegangen ist von Prozessen zu Haftbedingungen usw. Ich glaube, damit hat man doch eher zur Eskalation beigetragen. Hat auch der RAF Argumente in die Hand gegeben, sich ein Sympathisantenumfeld zu schaffen und zu rekrutieren."
ZDF-Autor Wolfgang Herles begnügt sich nicht mit einer chronologischen Auflistung der wichtigsten Ereignisse, sondern bietet darüber hinaus eine Bewertung des Geschehens an, in der Zeitzeugen die verschiedenen Blickwinkel präsentieren.
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