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Statement von Gunter Thielen, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann AG, auf der Pressekonferenz der Unabhängigen Historischen Kommission (UHK) am 7. Oktober 2002 in München

München (ots)

Sehr geehrter Herr Professor Friedländer, sehr geehrte Mitglieder
der Unabhängigen Historischen Kommission, meine Damen und Herren,
ich danke Ihnen für die Möglichkeit, als Gast an Ihrer
Pressekonferenz teilnehmen und das erste Exemplar des Berichts der
Unabhängigen Historischen Kommission entgegen nehmen zu können. Ich
halte diese Veröffentlichung für einen sehr wichtigen Schritt; nicht
nur für unser Unternehmen, sondern für das deutsche Verlagswesen
insgesamt. Die Fragen publizistischer Ethik, die hier berührt werden,
sind in jeder Epoche und in jedem politischen System von Bedeutung.
Im Namen der Bertelsmann AG und ihrer Mitarbeiter danke ich den
Mitgliedern der Unabhängigen Historischen Kommission und insbesondere
ihrem Vorsitzenden Professor Saul Friedländer für die gründliche und
sorgfältige Arbeit, die sie in den vergangenen vier Jahren für die
Erforschung und Dokumentation unserer Unternehmensgeschichte
geleistet haben. Sie haben der Wissenschaft und uns damit einen
großen Dienst erwiesen.
Ich möchte auch dem freien Journalisten Hersch Fischler meinen
Dank aussprechen. Seine vorausgegangenen Forschungen und
Veröffentlichungen zur Geschichte des C. Bertelsmann Verlags haben
uns 1998 dazu bewogen, Herrn Professor Friedländer um die Einberufung
einer solchen Kommission zu bitten. So wurden wir das erste deutsche
Medienunternehmen, das seine Archive für die Geschichtswissenschaft
geöffnet hat.
Herr Professor Friedländer übernahm diese Aufgabe, weil wir ihm
wesentliche Garantien geben konnten: freie Auswahl der Mitglieder,
uneingeschränkter Zugang zu allen verfügbaren Quellen sowie Autonomie
in allen Fragen von Forschung und Veröffentlichung. Später
verpflichteten wir uns zusätzlich, den Archivbestand der Unabhängigen
Historischen Kommission der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Wir haben diese Versprechen zu jedem Zeitpunkt eingehalten. Es war
unser fester Wunsch, der historischen Wahrheit möglichst nahe zu
kommen und damit frühere Versäumnisse im Umgang mit unserer
Unternehmensgeschichte auszuräumen. Ich bedaure, dass die frühere
Darstellung erhebliche Lücken und Fehler enthielt und dass wir mit
unserem historischen Erbe nicht sorgfältig genug umgegangen sind. Ich
bedaure außerdem die Tatsache, das wir im Zweiten Weltkrieg mit
Büchern Geschäfte gemacht haben, die mit den Werten des
Medienunternehmens Bertelsmann vollkommen unvereinbar sind.
Die Bertelsmann AG akzeptiert den Bericht der Unabhängigen
Historischen Kommission uneingeschränkt als offizielle Darstellung
der Geschichte des Unternehmens im Dritten Reich - und als beste
Grundlage für die künftige öffentliche und wissenschaftliche
Diskussion.
Der Bericht der UHK bestärkt uns in unserer Überzeugung, dass
historische Wahrheit und Transparenz zu den Schlüsselwerten unseres
Unternehmens zählen müssen. Darüber hinaus haben wir gelernt, dass
wir als eines der größten Medienunternehmen der Welt in besonderer
Weise für die Förderung von Offenheit und Dialog über diese Themen
verantwortlich sind. Schließlich hat uns diese Erfahrung darin
bestärkt, uns weltweit weiterhin für Demokratie, Toleranz und
Menschenrechte, für Meinungsfreiheit und publizistische Vielfalt
einzusetzen. Unser umfassendes gemeinnütziges Engagement wird auch in
Zukunft viele Projekte mit Bezug zu jüdischen und israelischen Themen
enthalten.
Wir wissen, dass wir unsere Geschichte nicht vernachlässigen
dürfen. In diesem Fall war es unser Ziel, die Wahrheit aufzudecken
und aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Und deshalb möchten
wir Wissenschaftler, alle anderen interessierten Leser und natürlich
unsere Mitarbeiter herzlich einladen, den Bericht der UHK zu
studieren, seine Erkenntnisse zu prüfen und miteinander darüber zu
diskutieren. Auch ich werde das in den nächsten Wochen tun und bin
auf diese Lektüre außerordentlich gespannt. Wir werden außerdem in
Gütersloh eine öffentliche Diskussionsveranstaltung mit Zeitzeugen
durchführen und einzelne der in dem Bericht angesprochenen Themen in
unseren Mitarbeitermedien vertiefen. Insgesamt werden wir die
Unternehmensgeschichte in Zukunft zu einer tragenden Säule unserer
bekannten, auf das Gemeinwohl ausgerichteten Unternehmenskultur
machen.
Die UHK hinterlässt uns einen modern erfassten und aufbereiteten
Archivbestand. Dieser Bestand wird morgen, am 8. Oktober 2002, in der
bisherigen Geschäftsstelle der UHK der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht. Jeder von Ihnen kann dort die Ergebnisse der UHK überprüfen.
Im Frühjahr 2003 bringen wir sämtliche Akten nach Gütersloh und
werden sie dort als Kern unseres neuen Historischen Archivs weiterhin
für alle Interessierten einsehbar halten. Die Bertelsmann Stiftung
wird ihre Projektarbeit in den Bereichen Unternehmensgeschichte,
Unternehmensethik und Unternehmenskultur damit verknüpfen. Es ist
unser Ziel, uns auf diese Weise bald der Erforschung der nächsten
Epoche zu nähern, der Zeit des Wiederaufbaus und des Aufstiegs
unserer Unternehmensgruppe in der Zeit des deutschen
Wirtschaftswunders.
Herr Professor Friedländer, ich wünsche Ihrem Bericht die
verdiente Aufmerksamkeit und werde jetzt mit Interesse der
Erläuterung Ihrer Ergebnisse folgen. Vielen Dank.
Für Rückfragen:
Bertelsmann AG
Unternehmenskommunikation
Tel.: 0 52 41 - 80 24 66

Original content of: Bertelsmann SE & Co. KGaA, transmitted by news aktuell

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