Alarmierende Zunahme der Christenverfolgung in China und Indien
Open Doors veröffentlicht den Weltverfolgungsindex 2019
Kelkheim (ots)
Für den aktuellen Weltverfolgungsindex 2019 hat Open Doors im Berichtszeitraum vom 01.11.2017 bis 31.10.2018 die Situation von Christen in 150 Ländern untersucht. Die jährlich veröffentlichte Rangfolge listet die 50 Staaten mit der härtesten Christenverfolgung auf. Von China bis Subsahara-Afrika haben gewaltsame Übergriffe auf Christen und Kirchen erheblich zugenommen. Doch die dokumentierten Morde an 4.136 Christen gegenüber 2.782 im Vorjahr beschreiben das Ausmaß der Verfolgung nur zum Teil. Christen erfahren in immer mehr Ländern Ausgrenzung seitens der Gesellschaft sowie Unterdrückung durch den Staat, weil sie nicht der vorgegebenen Ideologie oder Religion, sondern ihrem Glauben folgen wollen. Schikane und Überwachung drängen sie vermehrt in den Untergrund und schränken das Recht auf Religionsfreiheit massiv ein. Bei dem Begriff "Verfolgung" lehnt sich das Hilfswerk an die Definition des UNHCR an.
Staatliches Herrschafts- und Kontrollstreben sowie religiöser Nationalismus ersticken Religionsfreiheit
China (von Platz 43 auf 27) ist ein Paradebeispiel für die wachsende Unterdrückung der Glaubensfreiheit durch ein immer repressiveres Regime. Im Berichtszeitraum wurden dort mehr Christen als in jedem anderen Land inhaftiert: 1.131 gegenüber 134 im Vorjahr - viele davon ohne Gerichtsverfahren. Ausgestattet mit einer seit Maos Zeiten ungekannten Machtfülle, versucht Staatschef Xi Jinping die stetig wachsenden christlichen Gemeinschaften zur absoluten Loyalität gegenüber Staat und kommunistischer Partei zu zwingen. Am 1. Februar 2018 traten neue Vorschriften für religiöse Angelegenheiten in Kraft. Zahlreiche Kirchen und christliche Einrichtungen mussten schließen oder wurden zerstört. Gottesdienste werden videoüberwacht, Pastoren in Umerziehungslagern inhaftiert. An einer Reihe von Kirchen verbieten Schilder Besuchern unter 18 Jahren den Zutritt. Doch das genügt Xi nicht: Pastoren werden gezwungen, die Nationalhymne vor dem Gottesdienst singen zu lassen und die chinesische Flagge in der Kirche aufzuhängen - oberhalb des Kreuzes. In einer Region mussten Gemeinden Bilder von Jesus durch ein Porträt von Präsident Xi ersetzen oder neben dem Altarkreuz Bilder von Mao und Xi anbringen.
In puncto Personenkult und Kontrolle seiner Bürger ist Nordkorea (1) jedoch weiter beispiellos. Das Land belegt seit 2002 den ersten Platz auf dem Weltverfolgungsindex wegen der dortigen extremen Verfolgung von Christen. Etwa 50.000-70.000 von ihnen müssen aufgrund ihres Glaubens in Straflagern härteste Zwangsarbeit und Folter erleiden. Das weltweit vielbeachtete Gipfeltreffen von Kim Jong Un mit US-Präsident Trump hat bislang zu keinen spürbaren Verbesserungen im Land geführt - im Gegenteil. Der Personenkult um Kim Jong Un wurde weiter verstärkt und im Grenzbereich zu China wurden zusätzliche Sicherheitskräfte eingesetzt - und das nicht wegen einer äußeren Bedrohung, sondern um das eigene Volk an der Flucht zu hindern.
Regierungen in der Türkei (26), in Myanmar (18) und Laos (19), mehr als je zuvor aber auch in Indien (10) treiben ihre religiös-nationalistische Agenda voran, um die Anhänger der jeweiligen Mehrheitsreligion hinter sich zu scharen und gleichzeitig den Druck auf Christen sowie andere religiöse Minderheiten zu erhöhen. In Indien - offiziell die größte Demokratie der Welt - lässt die hindunationalistische Regierungspartei BJP samt Behörden extremistische Gruppen und Mobs in ihrer Gewalt gegen Kirchen und Christen gewähren. So wurden im Berichtsjahr Angriffe auf etwa 100 Kirchen und mindestens 12.500 Christen dokumentiert. Mehr als 200 von ihnen wurden wegen ihres Glaubens verhaftet und mindestens 10 getötet. In die Bewertung fließen dabei nur religiös motivierte sowie hinreichend belegte Vorfälle ein. Die tatsächliche Anzahl liegt mit Blick auf die hohe Dunkelziffer wesentlich höher. Seit der Regierungsübernahme durch die BJP vor fünf Jahren haben Unterdrückung und Gewalt gegen Christen von Jahr zu Jahr zugenommen, so dass Indien erstmals unter den ersten 10 Ländern des Weltverfolgungsindex rangiert.
Verfolgung durch Islamischen Extremismus und größere Teile der Gesellschaft
Nach Gebietsverlusten im Nahen Osten infiltrieren Kämpfer des IS und andere militante Islamisten weitere Länder der Region, so etwa Libyen (4) und Ägypten (16). Hinzu kommen zunehmend Länder in Asien und südlich der Sahara. Im islamisch dominierten Norden Nigerias (12) werden Christen bereits seit vielen Jahren verfassungsgemäße Rechte sowie Versorgung und Schutz verweigert. Hier wurden mit 3.731 mehr Christen um ihres Glaubens willen ermordet als in allen anderen Ländern zusammen. Auch bei Angriffen auf Kirchen (569) steht Nigeria an erster Stelle. Muslimische Fulani-Viehhirten, hochgerüstet mit AK-47 und schwereren Waffen, überfallen oft Dörfer zumeist christlicher Siedler. Wegen der Ermordung ganzer Familien - wie z. B. in Jos im Oktober 2018 - sprechen viele Christen mittlerweile von ethnisch-religiösen Säuberungen. Meldungen, nach denen Boko Haram besiegt ist, erweisen sich angesichts immer neuer Entführungen zumeist christlicher Mädchen als haltlos. Und selbst von den bekannten "Chibok-Mädchen" sind noch immer über 100 in Gefangenschaft.
Der Fall Asia Bibi hat deutlich gemacht, welch immenser Hass Christen von großen Teilen einer religiös indoktrinierten Gesellschaft entgegenschlägt - nicht nur in Pakistan (5). Doch dort droht auch anderen inhaftierten Christen weiterhin der Tod, die wegen Blasphemie willkürlich verurteilt wurden.
Mehr als 700 Millionen Christen leben in Ländern mit starker Verfolgung
In den 50 Ländern des Weltverfolgungsindex leben etwa fünf Milliarden Menschen, von denen sich rund 700 Millionen zum christlichen Glauben bekennen. Nachfolgend die Rangfolge der zehn Länder, in denen Christen am härtesten verfolgt werden (in Klammern Position im Vorjahr):
1 (1) Nordkorea 6 (4) Sudan 2 (2) Afghanistan 7 (6) Eritrea 3 (3) Somalia 8 (9) Jemen 4 (7) Libyen 9 (10) Iran 5 (5) Pakistan 10 (11) Indien
Situation ist "katastrophal und alarmierend"
"Die gegenwärtige Situation der verfolgten Christen und anderer Minderheiten ist katastrophal und alarmierend", sagt Markus Rode, geschäftsführender Vorstandsvorsitzender von Open Doors Deutschland. "Die Religionsfreiheit wird massiv unterdrückt. Wenn Millionen Betroffene keine Chance haben, selbst auf ihre Situation aufmerksam zu machen, dann müssen Politiker und wir als Christen deutlich mehr tun als bisher. Und verfolgte Christen bitten um unser Gebet, damit sie im Glauben gestärkt werden", so Rode.
Seit 1955 setzt sich Open Doors mit umfangreichen Hilfsprojekten für verfolgte Christen ein, derzeit in rund 60 Ländern. Der jährlich veröffentlichte Weltverfolgungsindex gibt seit mehr als 15 Jahren betroffenen Christen - inklusive der Konvertiten zum christlichen Glauben - eine Stimme. Interne und externe Experten entwickeln die Methodik des Weltverfolgungsindex beständig weiter.
Der ausführliche Bericht mit detaillierten Länderprofilen, Analysen zu weltweiten Entwicklungen, der Methodik sowie Lebensberichten verfolgter Christen ist zu finden unter www.weltverfolgungsindex.de.
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