CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Koschyk: Offene Vermögensfragen Vertriebener kein Thema für Bundesregierung
Berlin (ots)
Zur Position der Bundesregierung und der Europäischen Kommission zum Reprivatisierungs-, Entschädigungs- und Restitutionsrecht in Polen und der Tschechischen Republik erklärt der vertriebenenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hartmut Koschyk MdB:
Die Europäische Kommission hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung bisher nicht zu der Frage der Rechtmäßigkeit von Privatisierungs-, Entschädigungs- und Restitutionsrecht in Staaten, die die Aufnahme in die Europäische Union begehren, geäußert. Das antwortete der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Dr. Christoph Zöpel, auf meine entsprechende Parlamentsanfrage hin. Die Bundesregierung, so Staatsminister Zöpel, sei der Auffassung, dass kein Mitgliedstaat der Europäischen Union die Beitrittsverhandlungen durch offene bilaterale Fragen belasten sollte. Die Bundesregierung vertraue darauf, dass die Beitrittsländer das Gemeinschaftsrecht respektieren werden und dass die Europäische Kommission dies in den Beitrittsverhandlungen durchsetzen werde.
Mit dieser Antwort verdeutlicht die rot-grüne Bundesregierung, dass für sie die noch offenen Vermögensfragen, die vor allem die deutschen Heimatvertriebenen betreffen, kein Thema darstellt. Ergänzend weist Staatsminister Zölpel darauf hin, dass das europäische Gemeinschaftsrecht für die Beitrittsländer erst ab dem Zeitpunkt ihres Beitritts zur Europäischen Union gilt. Da gesetzliche Rückgabeansprüche in der Tschechischen Republik bereits durch Fristablauf verstrichen seien, müsse diese ihre Restitutionsgesetzgebung in diesem Bereich nicht anpassen. In der Tschechischen Republik gilt mit dem Gesetz Nr. 87/1991 ein Vermögensrecht, das nicht nur die Sudetendeutschen, sondern auch andere Volksgruppen wie die Ungarn von einer Rückgabe ausschließt. Die Bundesregierung unterstreicht also, dass eine solche diskriminierende Bestimmung weiterhin Bestand haben kann. Diese Sichtweise ist sehr problematisch, da sie menschenrechtliche Verpflichtungen erst für die Zukunft erkennt. Damit bleiben sämtliche Unrechtsakte der Vergangenheit bestandskräftig und wirksam.
Nach Erkenntnissen der Bundesregierung konzentrieren sich die Auseinandersetzungen in Polen zwischen der Regierung und der Opposition hinsichtlich eines Gesetzentwurfes über Rückgabefragen, der am 2. September 1999 dem polnischen Parlament vorgelegt wurde, auf die Festlegung des Kreises der Anspruchsberechtigten. Die Bundesregierung hält eine abschließende Bewertung des Gesetzentwurfes daher für verfrüht. Der polnischen Regierung sei jedoch bewusst, dass dieses Thema ab Beitritt zur Europäischen Union mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sein müsse.
Bestätigen konnte der Staatsminister im Auswärtigen Amt eine Feststellung des für den Erweiterungsprozess in der Europäischen Union zuständigen EU-Kommissar Günter Verheugen auf der Jahreskonferenz des Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums Ende November 1999 in Brünn. Dort hatte Verheugen festgestellt, die Europäische Union werde darüber wachen, dass der Fortbestand der Benesch-Dekrete in der Tschechischen Republik in gegenwärtig und in zukünftig anhängigen Fällen, insbesondere im Restitutionsbereich, keine diskriminierende Wirkung entfaltet. Das ist immerhin ein Fortschritt gegenüber der Stellungnahme der Europäischen Kommission im Anschluss an die Regierungskonferenz vom Juni 1997 bezüglich der beitrittswilligen ost- und ostmitteleuropäischen Staaten. In der seinerzeitigen Stellungnahme gab die Europäische Kommission lediglich den geltenden Sachstand in der Tschechischen Republik kommentarlos wieder. Angesichts der Verheugen-Äußerungen in Brünn wird es Zeit, dass die Bundesregierung ihren gleichgültig-passiven Standpunkt aufgibt und die berechtigten Anliegen auch der deutschen Heimatvertriebenen in einen bilateralen Dialog mit den EU-Beitrittskandidaten einbringt.
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