CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Austermann: Beschaffung des NH 90 im Haushaltsausschuss abgesetzt
Berlin (ots)
Zu dem im heutigen Haushaltsausschuss abgesetzten Tagesordungspunkt erklärt der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dietrich Austermann MdB:
Angesichts der Finanzentwicklung des Verteidigungshaushaltes dürfte die Beschaffung von 134 NATO-Hubschraubern 90 (NH90), wenn auch die rot-grüne Mehrheit im Haushaltsausschuss Scharpings Entsperrungsantrag zustimmt, die letzte größere Beschaffung der Bundeswehr sein. Zu eng sind die Finanzmittel in einem Verteidigungsetat geschnitten, in dem die investiven Ausgaben sinken und die konsumtiven Ausgaben, insbesondere für das Personal, trotz niedrigerer Personalstärke steigen.
Die Hardthöhe hat lange gezögert. Jetzt sollte auf der ILA das "Memorandum of Understanding" zwischen Deutschland, Frankreich, Italien und den Niederlanden unterzeichnet werden. Serienvorbereitung und Beschaffung können dann starten, wenn Haushalts- und Verteidigungsausschuss in der kommenden Woche grünes Licht geben. Der Termin rückt allerdings in weite Ferne, da sich die Vertreter der SPD nicht in der Lage sahen, in der heutigen Sitzung die Vorbereitung und Beratung des Punktes im Haushaltsausschuss durchzuführen. Es wurde darauf verwiesen, dass die Vorlage zu spät von der Hardthöhe vorgelegt worden sei. um bearbeitet zu werden. Immerhin geht es um ein Milliardenvolumen. Die Union stimmt dem Vorhaben zu, kritisiert allerdings einzelne Details der Auftragsvergabe und die Ausklammerung der Beschaffung für die Marine.
Der NH90 soll in seinen verschiedenen Versionen von 2004 - 2017 den kompletten Bestand an UH-1D (BELL), MK41 (SEA KING) und MK88 (SEA LYNX) ersetzen. Das Verteidigungsministerium hat die Beschaffung aus Haushaltsmitteln in mehrere Lose aufgeteilt. 80 leichte Transporthubschrauber für das Heer und 54 in der Version SEARCH-AND-RESCUE für die Luftwaffe sollen zunächst bei den Verbänden von Heer und Luftwaffe eingesetzt werden. Der Bestand von 210 Hubschraubern wird damit allerdings nur zum Teil ersetzt.
Der Marine-Hubschrauber 90 (MH 90) ist angeblich noch nicht beschaffungsreif. Voraussichtlich ausschlaggebend sind hier die zu geringen Mittel des Verteidigungsetats, die dazu zwingen erst im Jahr 2004 einen Beschaffungsvertrag über 38 MH 90 zu schließen, die ab 2007 zulaufen sollen. 40 SEA KINGS und SEA-LYNX sollen damit ersetzt werden.
Parallel zur weiteren Entwicklung sollen Hubschrauber dazu ertüchtigt werden, bei Einsätzen der Krisenreaktionskräfte auch hinter der "Feindlinie" Rettungstätigkeit, also einen bewaffneten Such- und Rettungsdienst durchzuführen.
Der NH 90 wird gemeinsam mit Frankreich, Italien und den Niederlanden beschafft. Bereits im September 1990 wurde von den entsprechenden Vereinbarungen für das Entwicklungsvorhaben, das bisher 750 Millionen DM gekostet hat, im Haushaltsausschuss des Bundestages zustimmend Kenntnis genommen. Die Entwicklung hat sich durch einen langwierigen Abstimmungsprozess der Partner über Forderungs- und Ausstattungsfragen sowie eine offensichtliche Unterschätzung des technischen Risikos bei der Entwicklung der Systeme - vor allem in der Marineversion - um ca. 3 Jahre verzögert. Im letzten Jahr wurden Mittel aus dem Haushalt gestrichen. Für das Jahr 2000 wurden von den rot-grünen Abgeordneten die im Regierungsentwurf enthaltenen Mittel gänzlich gestrichen und erst im Laufe des Beratungsverfahrens eine Verpflichtungsermächtigung für die Zukunft eingestellt.
Der NH 90 ist als taktischer Transport-Hubschrauber beschaffungsreif. Die internationale Entwicklung ist nahezu abgeschlossen, nachdem es in den vergangenen Monaten immer wieder Verzögerungen gegeben hat. Im Gegensatz zu Deutschland halten die übrigen Partner auch die Marine-Version für beschaffungsreif. Die Niederlande beabsichtigen nur die Beschaffung des Marine-Hubschraubers. Dem deutschen Verteidigungsministerium fehlt aber offensichtlich das Geld, den längst fälligen Ersatz der vorhandenen Geräte auch bei der Marine zu verwirklichen.
In der nächsten Woche wird der Haushaltsausschuss über die Serienvorbereitung, die rund 450 Millionen DM kosten soll, und die Serienfertigung im Volumen von knapp 5 Milliarden entscheiden. Für die Herstellung der Versorgungsreife sollen weitere 1,4 Milliarden DM freigegeben werden.
Der Gerätestückpreis beläuft sich - je nach Ausrüstung - auf 35 - 40 Mio DM. Der Gerätesystempreis als Summe des Gerätestückpreises, eines Systemzuschlages und der stückzahlbezogenen Erstattung beläuft sich auf rund 50 Mio DM.
Die Beschaffungsvorlage umfasst auch Entwicklungsleistungen für nationale Anpassungsmaßnahmen, die die uneingeschränkte militärische Nutzung der Hubschrauber innerhalb des vorgegebenen Einsatzspektrums und die dringend benötigte Combat-Search-and-Rescue-Fähigkeit gewährleisten soll.
In den letzten Monaten war der Start des Vorhabens immer wieder verschoben worden. Damit wurden auch Exportchancen in Richtung Skandinavien nicht unbedingt begünstigt. Die vier nordischen Länder Norwegen, Schweden, Finnland und Dänemark wollen zwischen 80 und 100 Hubschraubern bestellen und hatten zunächst ein Angebot zum 4. April 2000 abgegeben. Sie verlangen allerdings einen klaren Nachweis für die Freigabe der Serienproduktion einschließlich einer ersten Beschaffung der 4 NH 90-Länder, da sonst der NH 90 bei der Auswertung der Angebote berücksichtigt werden kann. Es wäre katastrophal, wenn dieser wichtige Markt erneut den USA überlassen bliebe, nur weil in Europa und vor allem in Deutschland die administrativen Abläufe zu langwierig sind, um rechtzeitig zu den letztgültigen Entscheidungen zu führen, obwohl alle Zwischenentscheidungen im Grundsatz bereits gefallen waren. Am 1. Februar 2000 hatte der Lenkungsausschuss NH 90 zwischen den Beteiligten Nationen Deutschland, Frankreich, Italien und Niederlande den abgestimmten Entwurf eines MoU gebilligt. Die anderen Nationen haben ihre Vorarbeiten abgeschlossen, Bedarfszahlen und Stückzahlen im ersten Beschaffungslos festgelegt und ihren Willen zur Unterschrift noch im ersten Quartal 2000 bekräftigt.
Ursprünglich war für Deutschland ein Anteil von 243 Hubschraubern zum Preis von rd. 12 Mrd vorgesehen. In der mittelfristigen Finanzplanung von Herrn Eichel war dafür offensichtlich kein Platz. Die Armee hat zur Zeit konkrete Schwierigkeiten ihre Instandsetzungsverpflichtungen vorhandenen Gerätes zu erfüllen. Trotz mehrmaliger Aufforderung konnte das Verteidigungsministerium, das sich ja vorgeblich um eine optimale Zusammenarbeit zwischen der Wirtschaft und der Verteidigungsverwaltung bemüht, die Frage nicht klären, wie Depotinstandsetzung realisiert werden soll. Die Decke ist einfach zu kurz. Bleibt es bei dem 33. Finanzplan, werden mit 44,8 Mrd DM an Verteidigungsausgaben im kommenden Jahr mindestens 700 Mio DM fehlen, unabhängig davon, welches Strukturkonzept schließlich verwirklicht werden soll.
Die Probleme werden dadurch unterstrichen, dass für weitere Großvorhaben, z. B. das neue Transportflugzeug und die satellitengestützte Aufklärung, kein Geld im Haushalt der nächsten drei Jahre enthalten sein soll. Wie dann die vergrößerten Krisenreaktionskräfte transportiert werden sollen, bleibt das Geheimnis Scharpings.
Bundesminister Scharping wird den Termin der Unterzeichnung des Übereinkommens mit den Partnern auf der ILA verschieben müssen.
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