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Lamers: Politische Mitgliedschaft vor EU-Erweiterung

Berlin (ots)

Zur heutigen Ankündigung von Außenminister Fischer
bei der Botschafterkonferenz in Berlin, die Bundesregierung hoffe auf
einen Beitritt der ersten EU-Kandidaten spätestens zu Beginn des
Jahres 2005, erklärt der außenpolitische Sprecher der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karl Lamers MdB:
Mit der Ankündigung von Außenminister Fischer, die Bundesregierung
hoffe, "dass die erste Gruppe unter Einschluss Polens spätestens am
Beginn des Jahres 2005 beitreten kann", hat der Außenminister das
politische Ziel erster Beitritte ab dem Jahr 2003 aufgegeben.
Sicherlich ist für viele Beitrittskandidaten, auch wenn sie eine
engagierte Reformpolitik betreiben, die Zielmarke 2003 schwierig zu
erreichen, da die Erfüllung der Voraussetzungen für die
Mitgliedschaft von ihnen viele schwierige Reformen erfordert.
Jedenfalls gilt das voraussichtlich auch für Polen, das gerade aus
deutscher Sicht wichtigste Land.
Immer deutlicher aber wird auch, dass die Europäische Union bis
zum Jahr 2003 im Grunde nicht beitrittsfähig sein wird, auch wenn der
Europäische Rat von Nizza mit der vorgesehenen minimalen
institutionellen Reform erfolgreich abgeschlossen wird. Die
notwendigen inhaltlichen Reformen der Struktur-, Kohäsions- und vor
allem der Agrarpolitik, die mit der Agenda 2000 beim Berliner Gipfel
beschlossen worden sind, erlauben ohnehin erst ab dem Jahr 2006 eine
volle Mitgliedschaft der Beitrittsstaaten. Darauf hatte unsere
Fraktion damals hingewiesen und wird jetzt indirekt von Fischer
bestätigt.
Fischer hat nun ausgesprochen, wovon hinter verschlossenen Türen
in Brüssel jedermann ausgeht. Eine Verzögerung der Erweiterung
beschwört jedoch die Gefahr, dass die Enttäuschung in den
Kandidatenländern wächst, ihr Reformwille erlahmt und große Teile der
Bevölkerung sich von der EU abwenden. Dies kann nicht das Interesse
der heutigen EU sein, vor allem nicht Deutschlands.
Deshalb schlage ich vor, dass die Beitrittskandidaten, die nicht
bis 2003 die Kriterien erfüllen, bis zu ihrem Beitritt im Rahmen
einer Art "politischen Mitgliedschaft" an der nicht-ökonomischen
Politik der EU beteiligt werden, wie z.B. an der Innen- und
Justizpolitik, der Außen- und Sicherheitspolitik und nicht zuletzt an
der Debatte um die große institutionelle Reform, um einen
europäischen Verfassungsvertrag.
Die Gründe für die Verzögerung der Erweiterung sind ökonomischer
Natur. Und wenngleich die Wirtschaft in der EU eine große Rolle
spielt, so war sie doch immer nur Mittel zur Erlangung eines
politischen Ziels.
Eine politische Mitgliedschaft für die Beitrittskandidaten würde
niemanden wirtschaftlich überfordern und doch die Möglichkeit bieten,
in anderen Politikbereichen im beiderseitigen Interesse zu
kooperieren. Sie würde nicht zuletzt als Garantie zugunsten einer
wenn auch späteren Mitgliedschaft verstanden, ein Signal der
Sicherheit, das für die Reformbemühungen von größter Wichtigkeit ist.
Nur so wäre zu vermeiden, dass die von Fischer angekündigte
Verzögerung nicht zu einer Niederlage für den Europäischen
Einigungsprozess wird. Ansonsten müsste er dann eingestehen, dass die
Europäische Union nicht einmal 14 Jahre nach dem Fall der Mauer zur
politischen Integration unserer östlichen Nachbarn in der Lage wäre.

Rückfragen bitte an:

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Tel.: (030) 227-52360
Fax: (030) 227-56660
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