CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Böhmer: Debatte über Chancen und Risiken
der modernen Bio- und Gentechnologie gehört in den Deutschen
Bundestag
Berlin (ots)
Zum heutigen Beschluss der Bundesregierung, einen nationalen Ethikrat beim Bundeskanzler einzurichten, erklärt die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Frau Professor Dr. Maria Böhmer MdB:
Der heutige Beschluss der Bundesregierung, beim Bundeskanzler einen nationalen Ethikrat einzurichten, geht in die falsche Richtung. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte sich in seiner Rede anlässlich des Jahresempfangs der Evangelischen Akademie Tutzing am 17. Januar 2001 für eine breite gesellschaftliche Teilhabe bei den anstehenden Diskussionen über die Chancen und Risiken der modernen Bio- und Gentechnologie eingesetzt. Er hatte sich zugleich gegen eine Wissens- oder Ethikoligarchie ausgesprochen. Ethische Fragen, die alle angehen, so der Bundeskanzler damals, könnten "nicht sozusagen stellvertretend an ein Gremium von besonders klugen und/oder besonders moralischen Menschen" delegiert werden. Der selbe Bundeskanzler hatte nur knapp einen Monat später die Einrichtung eines nationalen Ethikrates verkündet, der heute per Kabinettsbeschluss eingerichtet wurde.
Die öffentlichen Reaktionen auf Einsetzung eines nationalen Ethikrates waren und sind zu Recht überwiegend kritisch. Erst im November 1999 konstituierte sich der Ethik-Beirat beim Bundesgesundheitsminister; Funktion und weiterer Bestand dieses Beirates sind nach der heutigen Kabinettsentscheidung völlig unklar. Unabhängig davon soll laut Presseberichten die Bundesforschungsministerin die Gründung eines sogenannten "Innovationsbeirates" vorbereiten, der Empfehlungen zu wichtigen Forschungsprojekten geben soll. Diese Flut von Beiräten zu ähnlich gelagerten Sachverhalten verklart weder den Blick für die anstehenden Fragen noch zeugt sie von besonderen Fähigkeiten der Bundesregierung, auf die anstehenden Herausforderungen in der Bio- und Gentechnologie richtige Antworten zu geben. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat im Hinblick auf die institutionelle Ansiedlung, die teilweise einseitige Zusammensetzung und den nebulösen Auftrag erhebliche Zweifel, ob der nationale Ethikrat den vom Bundeskanzler gehegten Erwartungen gerecht werden kann.
Die notwendige breite gesellschaftliche Debatte über Reichweite und Grenzen von Wissenschaft, Forschung und Anwendungen in der modernen Bio- und Gentechnologie gehört nach Auffassung der CDU/CSU-Fraktion in den Deutschen Bundestag als "Forum der Nation." Zu diesem Zweck hat das Parlament in dieser Legislaturperiode die Enquête-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin" eingesetzt, die sich unter Beteiligung externen Sachverstands mit den aktuellen Herausforderungen der Bio- und Gentechnologie befasst. Selbst der Obmann der SPD-Fraktion in dieser Kommission hat zu Recht darauf hingewiesen, ein nationaler Ethikrat dürfe die Rolle der Politik nicht schmälern. Das Volk erwarte vielmehr von seinen gewählten Vertretern Regeln und Gesetze. Das Parlament könne den Streit um wichtige Parameter unserer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung nicht einigen Fachleuten überlassen.
Bereits in seiner "Hildesheimer Erklärung" vom 7.September 2000 hat der Geschäftsführende Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen breiten Diskurs über die schwierigen ethischen, rechtlichen, gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen der modernen Bio- und Gentechnologie angemahnt und zugleich erste Grundpositionen festgelegt. Die CDU/CSU-Fraktion als wichtige politische Kraft im Deutschen Bundestag will sich im Hinblick auf die rasanten Entwicklungen in Forschung, Wissenschaft und Anwendung und die anstehenden parlamentarischen Beratungen bei der Suche nach zukunftsweisenden Antworten auf neue Grenzfragen von einem interdisziplinär zusammengesetzten Gremium externer Fachleute beraten lassen, um ihrer großen politischen Verantwortung in diesem wichtigen Themenbereich gerecht zu werden.
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