CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Seehofer: Sofort-Programm für den
Arbeitsmarkt
Berlin (ots)
Der Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Horst Seehofer MdB, erklärt:
Die wirtschaftliche Lage in Deutschland hat sich in den letzten Monaten in Besorgnis erregendem Tempo verschlechtert. Trotz lahmender Konjunktur und angespannter Beschäftigungslage vermittelt die Bundesregierung keine Ideen, neue Wachstumskräfte zu entfalten und die Arbeitslosigkeit zurückzuführen. Sie wirkt wie ausgebrannt.
Ein Schlüssel zur Umkehr des negativen Trends liegt in der Arbeitsmarktpolitik, die in vielen Fällen wie eine Beschäftigungsbremse wirkt. Eine Politik der kleinen Schritte reicht nicht mehr aus. Dringend erforderlich ist eine Generalrevision der deutschen Arbeitsmarktordnung. Besonders die hohe Arbeitslosenzahl unter den gering qualifizierten Arbeitnehmern erfordert neue Wege in der Arbeitsmarktpolitik und niedrigere Lohnnebenkosten.
Mit folgendem Sofortprogramm für den Arbeitsmarkt kann die Arbeitslosigkeit in Deutschland nachhaltig bekämpft werden:
- Bundesweit und flächendeckend müssen finanzielle Anreize zur Arbeitsaufnahme im Niedriglohnbereich eingeführt werden. Kombilöhne, Einstiegsgelder und Sozialversicherungszuschüsse sind dafür geeignete Instrumente.
- Die Wirksamkeit arbeitsmarktpolitischer Instrumente muss deutlich verbessert werden. Die Finanzmittel der Arbeitslosenversicherung müssen zunehmend dort eingesetzt werden, wo sie am wirksamsten sind.
- Die Ablehnung eines Arbeitsangebotes oder einer Qualifizierungsmaßnahme muss konsequent zum Verlust des Anspruchs auf soziale Leistungen führen. Ausnahmen gelten für Personen, die krank oder erwerbsunfähig sind bzw. aus sonstigen Gründen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen können (z.B. wegen Kindererziehung).
- Die Senkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung um 1%-Punkt ist überfällig. Sie muss in zwei Stufen zu je 0,5%-Punkten zum 1. Januar 2002 und zum 1. Januar 2003 erfolgen.
- Die Arbeitsmarktpolitik muss sachgerecht finanziert werden. Der Bund wälzt zunehmend gesamtgesellschaftliche Aufgaben auf die Solidargemeinschaft der Arbeitslosenversicherung ab und belastet damit die Lohnnebenkosten.
Das Sofortprogramm weitet Beschäftigung deutlich aus und hilft vor allem den Arbeitslosen mit Handicaps. Diese Strukturreform ist für die Entwicklung des Arbeitsmarktes auf Dauer wichtiger als der Konjunkturverlauf. Die Öffentlichen Haushalte werden insgesamt um 14 Mrd. DM entlastet. Zudem führt die demographische Entwicklung im nächsten Jahr zu einer Entlastung der Bundesanstalt für Arbeit von 1,9 Mrd. DM und des Bundes von 1,5 Mrd. DM (209.000 Erwerbspersonen weniger).
Die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages entlastet Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen und setzt ein deutliches Zeichen für die Senkung der Lohnnebenkosten. Dies führt wiederum mittelfristig zu mehr Beschäftigung (mehr als 100.000 Arbeitsplätze).
1. Einführung von Kombilöhnen etc.
Kombilohn für Arbeitslosengeldempfänger: Der Kombilohn gilt für Arbeitslose, die eine niedrig entlohnte Arbeit aufnehmen. Wird ein Einkommen bezogen, das unterhalb des bisherigen Arbeitslosengeldes liegt, wird das Einkommen bis zur Höhe des bisherigen Arbeitslosengeldes plus einem Zuschlag von bis zu 10% aufgestockt.
Kombilohn für Arbeitslosenhilfeempfänger: Bezieher von Arbeitslosenhilfe, die eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, sollen einen Zuschuss erhalten. Der Zuschuss soll so bemessen werden, dass der Arbeitslosenhilfeempfänger ein Nettoeinkommen erreicht, welches zusammen mit dem regulären Einkommen um 20%-Punkte über dem Leistungssatz seiner vormals bezogenen Arbeitslosenhilfe liegt.
Einstiegsgeld für Sozialhilfeempfänger: Ziel des Ansatzes ist es, langzeitarbeitslose Sozialhilfeempfänger mittels verringerter Einkommensanrechnung auf die Sozialhilfe zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu motivieren. Für einen bestimmten Zeitraum (z.B. 1 Jahr) soll langzeitarbeitslosen Sozialhilfeempfängern bis zu 50% vom Nettoeinkommen freigelassen werden.
Zuschuss zu den Sozialversicherungsbeiträgen: Arbeitslose, die eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Bruttoverdienst von mindestens 630 DM aufnehmen, erhalten für einen bestimmten Zeitraum (z.B. 18 Monate) in Abhängigkeit vom Bruttoeinkommen einen Zuschuss zu den Sozialversicherungsbeiträgen (Alleinstehende bis zu einem Einkommen von 1.575 DM und Verheiratete bis zu einem Einkommen von 3.150 DM, jeweils degressiv gestaffelt).
Es ist besser die Arbeitsaufnahme zu fördern, als Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Wenn nur jede zehnte der 1,6 Mio. offenen Stellen mit Hilfe der verschiedenen Modelle besetzt wird, können rd. 160.000 Arbeitslose in Beschäftigung gebracht werden.
Auch bei der Schaffung von Arbeitsplätzen für Sozialhilfeempfänger ist im letzten Jahr eine deutliche Ausweitung gelungen: Die Sozialämter haben die Beschäftigung von Hilfeempfängern noch einmal deutlich - und zwar um 34%! - erhöht. Insgesamt waren im Jahr 2000 rd. 403.000 Hilfeempfänger im Rahmen der Hilfe zur Arbeit beschäftigt.
2. Arbeitsmarktpolitik wirksamer gestalten
Die traditionellen Arbeitsbeschaffungs- bzw. Strukturanpassungsmaßnahmen haben nur eine stark eingeschränkte Wirksamkeit. Lediglich 42% bzw. 53% der Teilnehmer sind ein halbes Jahr nach Abschluss der Maßnahme nicht mehr arbeitslos. Eingliederungszuschüsse haben sich als erfolgreicher und kostengünstiger erwiesen. Rund 85% der Teilnehmer konnten hier in den allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt werden, wenn die Beschäftigungssubvention mit geeigneten Ausbildungsmaßnahmen flankiert wird. Auch internationale Erfahrungen bestätigen dies. Es muss deshalb angestrebt werden, das 20% der Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen in Eingliederungszuschüsse umgelenkt werden.
Auch die Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen muss erhöht werden. Erforderlich ist eine intensive Betreuung und Beratung und ein auf den Einzelfall zugeschnittenes Hilfeangebot. Vor allem ist es notwendig, die starren Reglementierungen bei der Durchführung der Maßnahmen zu lockern und den Handlungsspielraum der arbeitsmarktpolitischen Akteure vor Ort zu erweitern. Das Spektrum des Förderinstrumentariums muss gestrafft, die Zugangsbedingungen flexibler gestaltet und die einzelnen Instrumente müssen besser miteinander verzahnt werden. Wenn bei den traditionellen Instrumenten der Arbeitsmarktpolitik die Eingliederungsquote um 10% erhöht wird, sinkt die Zahl der Arbeitslosen um mehr als 100.000.
Eine Reduzierung der Dauer der durchschnittlichen Arbeitslosigkeit um 1,5 Wochen (von 33,5 auf 32,0) würde die Zahl der Arbeitslosen um rd. 150.000 reduzieren und damit die Bundesanstalt um rd. 2 Mrd. DM und den Bund rd. 1,6 Mrd. DM entlasten. Dieses Ziel ist angesichts von 1,6 Mio. offenen Stellen durch intensivere Vermittlungsbemühungen zu erreichen. Dazu müssen mehr Mitarbeiter der Bundesanstalt für die Vermittlung von Arbeitslosen eingesetzt werden und die Einschaltung von Dritten bei der Vermittlung von Arbeitslosen ausgebaut werden. Die Arbeitslosen selbst müssen zu einer aktiven Mitwirkung verpflichtet werden. Die Meldepflicht für Arbeitslose muss wieder eingeführt werden, da nur ein regelmäßiger Kontakt mit dem Arbeitsamt eine zügige Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ermöglicht.
Das Angebot finanzieller Anreize für die Arbeitsaufnahme und verbesserter Hilfeangebote für Arbeitslose rechtfertigt Sanktionen bei Arbeitsverweigerung oder Ablehnung einer Qualifizierungsmaßnahme. Der Hilfeempfänger verliert in diesem Falle seinen Anspruch auf die Leistung. Die Annahme einer angebotenen Beschäftigung oder Qualifizierungsmaßnahme wird zur Anspruchsvoraussetzung für soziale Leistungen. Ausnahmen gibt es für Kranke, Erwerbsunfähige oder Personen, die aus sonstigen Gründen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen können (z.B. wegen der Erziehung eines Kindes). Sofern ein Sozialhilfebedarf vorliegt, wird nur noch das verfassungsrechtlich notwendige Existenzminimum, das spürbar unter den Sozialhilfesätzen liegt, gewährt.
3. Sachgerechte Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik
Die Bundesregierung hat sich systematisch aus der Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben in der Arbeitsmarktpolitik zurückgezogen und damit die Arbeitslosenversicherung , also die Lohnnebenkosten belastet. Statt den Beitragssatz zu senken, werden den Beitragszahlern zusätzliche finanzielle Lasten aufgebürdet.
Die Kosten für das Sofortprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit mit 1,4 Mrd. DM werden ebenso auf die Beitragszahler abgewälzt wie die Kosten für die Beschäftigungshilfen für Langzeitarbeitslose (rd. 0,75 Mrd. DM) und die für verschiedene Strukturanpassungsmaßnahmen (rd. 1,7 Mrd. DM). Damit werden den Beitragszahlern zusätzlich Lasten in Höhe von 3,85 Mrd. DM aufgebürdet.
Der Bund muss sich zukünftig wieder stärker als bislang an der Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben in der Arbeitsmarktpolitik engagieren. Konkret sind die beiden Sonderprogramme des Bundes und die Strukturanpassungsmaßnahmen vollständig aus Steuermitteln zu finanzieren. Dies würde die BA um rd. 3,85 Mrd. DM entlasten. Die Mehrbelastungen des Bundes werden durch die oben dargestellten Einsparungen an anderer Stelle kompensiert.
Maßnahme Entlastung in Mrd. DM BA Bund Sonstige* Insgesamt Demographische Entwicklung 1,9 1,5 - 3,4 Einführung von Kombilohnmodellen 2,1 - 2,1 4,2
Wirksamere Arbeitsmarktpolitik * Umschichtung der Mittel 0,5 - - 0,5 * Wirksamere Arbeitsmarktpolitik 1,3 1,1 1,3 3,7 * Intensivierung der Vermittlung 2,0 1,6 2,0 5,6
Sachgerechte Finanzierung * Jugendprogramm 1,4 - 1,4 - 0 * Langzeitarbeitslosenprogramm 0,75 - 0,75 - 0 * Strukturanpassungs-maßnahmen 1,7 - 1,7 - 0
Entlastung insgesamt 11,65 0,35 5,4 17,4
*: Länder, Gemeinden, Rentenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung
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