Fromme: Benes-Dekrete sind unvereinbar mit dem Rechtsbestand der Europäischen Unio
Berlin (ots)
Anlässlich der Medienberichte über eine neuerliche Anwendung der Benes-Dekrete durch den Innenminister der Tschechischen Republik, Ivan Langer, erklärt der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jochen-Konrad Fromme MdB:
Der Teil der Dekrete des Präsidenten Edvard Benes, die sich mit der deutschen Minderheitsbevölkerung in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg in der damaligen Tschechoslowakei beschäftigten, stellen auch heute noch einen eklatanten Verstoß gegen den Rechts- und Wertebestand der Europäischen Union dar.
Es ist offensichtlich unzutreffend, was der damalige tschechische Ministerpräsident Milos Zeman im Jahr 2003 gegenüber dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder erklärte, dass die Benes-Dekrete in ihrer Wirkung "erloschen" seien. Das Gegenteil ist der Fall, wenn man eine jüngste Entscheidung des derzeitigen Innenministers der Tschechischen Republik Ivan Langer berücksichtigt.
In dem seit Jahren schwelenden Verfahren über die Anerkennung der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft für den im Jahr 1946 verstorbenen Fürsten Salm-Reifferscheidt, die im engen Zusammenhang mit den Entscheidungen über das Eigentum der Fürstenfamilie stehen, hat der tschechische Innenminister nunmehr erneut das Dekret Nr. 33 zur Anwendung gebracht. Durch das Dekret wurde tschechoslowakischen Staatsbürgern deutscher und ungarischer Nationalität die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft aberkannt, sofern sie nicht ihrerseits nachweisen konnten, dass sie stets loyal zur tschechoslowakischen Nation gestanden haben und aktiv gegen das nationalsozialistische Regime gewirkt haben bzw. von diesem verfolgt worden sind.
Zwar konnte Salm-Reifferscheidt diesen Nachweis erbringen, ist aber vor einer endgültigen Entscheidung über seine Staatsbürgerschaft verstorben. Seit vielen Jahren müssen seine Erben nun zwischen Gerichtsverfahren und Verwaltungsentscheidungen mit der Tschechischen Republik um die staatsbürgerschaftliche Anerkennung des Fürsten ringen.
Dass der tschechische Innenminister nunmehr, und trotz einer gegenteiligen Entscheidung des Brünner Verfassungsgerichts, an die zweifelhaften Entscheidungen seiner Vorgänger anknüpft, zeigt, dass hier noch ein Nachholbedarf der Tschechischen Republik in Bezug auf die europäische Rechts- und Werteordnung besteht.
Ferner zeigt dieser Fall, dass die Frage des Fortbestands der Benes-Dekrete auf europäischer Ebene im Vorfeld der Erweiterungsrunde von 2004 nicht ausreichend verhandelt worden ist.
Für die Europäische Union als Rechts- und Wertegemeinschaft wäre es von größtem Wert, wenn die Tschechische Republik sich endlich zu einem Schlussstrich unter die, gegen die deutsche Volksgruppe gerichteten Dekrete bereit finden würde, die aufgrund ihrer Beweislastumkehr, für die Betroffenen eine Kollektivstrafe darstellen, die einzigartig in der Europäischen Union ist.
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