"Ich bin doch unschuldig" - Gespräch mit Vera Brühne
Ein Film von Michael Gramberg
WDR Fernsehen, Freitag, 12. Mai 2000, 23:00 bis 24:00 Uhr
Köln (ots)
Hochaufgerichtet sitzt Vera Brühne im Sessel, das weiße Haar sorgfältig frisiert. Nein, sie habe damals, als Angeklagte vor Gericht, nicht gemerkt, dass sich die Schlinge allmählich zuzog.
"Ich habe das doch nicht getan! Man kann doch einen Menschen nicht unschuldig hinter Gitter schicken!"
Das Münchner Schwurgericht war im April 1962 anderer Meinung. 52 Jahre alt war Vera Brühne, als man sie für einen Doppelmord zu lebenslangem Zuchthaus verurteilte. Gemeinsam mit einem Bekannten soll sie den Münchner Arzt Dr. Otto Praun und dessen Lebensgefährtin ermordet haben. Die Boulevardpresse schrieb damals, die schöne blonde Vera Brühne sei eine geldgierige Lebedame, die es auf eine Villa in Spanien abgesehen haben soll, die Praun ihr vererben wollte.
70 Jahre alt war sie, als Ministerpräsident Franz-Josef Strauß sie begnadigte. Seitdem hat sie geschwiegen - niemandem mehr Auskunft gegeben über ihren Prozess, ihre Haftzeit, ihre Geschichte. Zu sehr misstraute sie der Presse, die sie zur Mörderin stempelte, noch bevor der Prozess damals begonnen hatte, und den Reportern, die sich damals in das Vertrauen ihrer Tochter einschlichen, ihr Familienfotos und Briefe abschwatzten und sie erbarmungslos für eine knallige Story ausschlachteten.
Inzwischen ist Vera Brühne 90 Jahre alt. Zum ersten Mal hat sie ihr Schweigen gebrochen und hat WDR-Autor Michael Gramberg in langen Gesprächen ihre Geschichte erzählt. Das WDR Fernsehen zeigt dieses ausführliche Gespräch in einer behutsam bearbeiteten Fassung, die nur durch knappe Hintergrund-informationen unterbrochen wird.
Warum sie den Richtern, die ihr eine Liebesgeschichte mit diesem Dr. Praun andichteten, den sie angeblich umgebracht haben soll, nichts von seinen vielen Affären mit jungen Mädchen erzählt habe?
"Ich bin doch nicht danach gefragt worden! Und dann hieß es doch immer, das seien alles nur Schutzbehauptungen...."
Ob sie gewusst habe, mit wem Dr. Praun sich träfe, womit er sein vieles Geld verdiente?
"Ich bin ein diskreter Mensch, mich interessiert nicht, was ein anderer treibt, ich war seine Chauffeuse."
Ob es sie nicht getroffen habe, dass ihre eigene Tochter damals gegen sie aussagte?
"Sie war doch ein Kind! Es bringt doch nichts, wenn ich einem Menschen Vorwürfe mache, den mach ich doch nur böse...."
Zur Höflichkeit und Zurückhaltung erzogen, gelang es ihr nicht, die Vorwürfe und Vorurteile des Gerichtes gegen sie, die schöne, blonde Frau, zu entkräften. Doch Vera Brühe beteuert ihre Unschuld - bis heute.
Redaktion: Gudrun Wolter
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