CEU-Direktor im ARD-Interview: Europa muss Orban die rote Linie zeigen
Köln/Brüssel (ots)
Am Mittwoch wird Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban in Brüssel seine umstrittene Politik verteidigen. Europa müsse jetzt gegenhalten, appelliert der Direktor der Budapester Central European University:
Im Interview mit dem ARD-Studio Brüssel hat Michael Ignatieff, Direktor der von der Schließung bedrohten Central European University (CEU) in Budapest, die EU aufgefordert, der ungarischen Regierung entschieden entgegen zu treten. "Europa und auch Deutschland müssen entscheiden, ob es im Jahr 2017 hinnehmbar ist, dass ein EU-Mitglied eine freie Institution schließt", sagte er. "Es ist Zeit für Europa zu handeln. Zeit für Europa, dagegen zu halten und zu sagen: Es gibt eine rote Linie - und die habt ihr gerade überschritten." Nach Ansicht Ignatieffs müsse man Ungarn deutlich machen: "Wenn ihr Mitglied der EU sein möchtet, alle Vorteile und Subventionen haben wollt, all' die Hilfen, freies Reisen im Schengen-Raum, dann gibt es auch gewisse Regeln in diesem Club."
Hintergrund ist eine vom ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban geplante Reform des Hochschulgesetzes, die zu einer Schließung der CEU führen könnte. Die Central European University war 1991 vom US-Milliardär George Soros gegründet worden, der ungarische Wurzeln hat. Die Universität gilt als sehr international und nennt den Respekt vor der Verschiedenheit von Kulturen und Völkern als einen ihrer Grundwerte.
Ignatieff erklärte gegenüber dem ARD-Europastudio Brüssel (WDR), dass seine Universität "keinerlei Weisungen" von Soros bekomme, auch wenn er einst das Geld für die Gründung gestiftet habe. "Wenn Orban Probleme mit Soros hat, ist das sein gutes Recht. Er sollte nur nicht eine Universität dafür in Geiselhaft nehmen." Orban hatte 1998 selbst für eine von Soros finanzierte Stiftung gearbeitet und mit einem Soros-Stipendium in Oxford studiert.
Aus Sicht Ignatieffs ist die endgültige Entscheidung über die Schließung der CEU noch nicht gefallen. "Wenn wir stark und mutig genug dagegen halten, wenn wir Unterstützung aus Europa bekommen und ganz besonders aus Deutschland, dann ist es möglich, Orban zurück zu drängen."
An diesem Mittwoch will die EU-Kommission über die Einleitung möglicher Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn entscheiden. Neben der Hochschulreform stehen auch Ungarns rigider Umgang mit Asylbewerbern oder die Diskriminierung der Roma-Minderheit in der Kritik. Auch das EU-Parlament diskutiert über die Vorgänge in Ungarn. An der Debatte will Orban nun auch selbst teilnehmen.
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