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Recherchen von WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung: Mitbegründer der Partei „WerteUnion“ hatte engere Kontakte zum Reichsbürger Prinz Reuß als bislang bekannt

Köln (ots)

Einer der wichtigsten Strippenzieher der sich in Gründung befindlichen Maaßen-Partei „WerteUnion“, der Finanzcrash-Prophet Markus Krall, hatte nach Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung deutlich intensivere und längere Verbindungen zum mutmaßlichen Rädelsführer der im Dezember 2022 aufgeflogenen Reichsbürgerverschwörung, Heinrich XIII. Prinz Reuß, als bisher bekannt.

Die Recherchen zeigen, dass sich Krall und Reuß bereits seit 2015 intensiv über politische Themen austauschten und ein sehr vertrautes Verhältnis zueinander unterhielten. Dabei ging es den Recherchen zufolge auch um die Verachtung bisheriger staatlicher Institutionen und um Pläne zum Aufbau alternativer Staatsstrukturen.

Gemeinsam fuhren Krall und Reuß offenbar 2020, ein Jahr vor Gründung der späteren mutmaßlichen terroristischen Vereinigung, zu mehreren geheimen Treffen. Eines der Treffen soll auf Reuß´ Schloss Waidmannsheil in Ost-Thüringen stattgefunden haben. Von diesem Treffen existiert auch eine Art Verschwiegenheitserklärung Kralls, aus dem November 2020, die besagt, dass über das Gesprochene nicht weiter kommuniziert werden soll.

Am gleichen Ort fanden später auf Einladung von Prinz Reuß die Treffen des „Rates“ der mutmaßlichen terroristischen Vereinigung statt, an denen Krall allerdings nicht teilnahm.

Ein anderes Mal waren Krall und Reuß im Rheingau verabredet, einmal auf einem Schloss in Bayern, so geht es aus Mails hervor, die Ermittlern vorliegen. Die Mails zeigen die Anreisepläne, die Terminfindung, den geplanten Teilnehmerkreis. Bei dem bayerischen Treffen schrieb die Gastgeberin von “unsichtbaren Patrioten”.

Die ideologische Verbindung zwischen den beiden Männern ging offenbar so tief, dass Krall Reuß 2020 seine „16-seitige Verfassung für Deutschland“ übermittelte, als dieser mit einigen Mitstreitern in Thüringen geplant hatte, ein Fürstentum zu proklamieren. Dies ergibt sich aus einer Korrespondenz zwischen beiden. Dieser Verfassungsentwurf enthält etwa das Recht jedes „unbescholtenen Bürgers“, Waffen tragen zu dürfen, zudem soll das aktive und das passive Wahlrecht an den Nicht-Bezug staatlicher Transferleistungen geknüpft sein. Laut Aussagen anderer Beschuldigter gegenüber den Ermittlern sollen sich die Neuordnungspläne der mutmaßlichen terroristischen Vereinigung im Jahr 2022 ebenfalls an Kralls Verfassungsentwurf orientiert haben.

Das Büro Krall half Reuß offenbar auch bei dessen besonderen Kontakten nach Russland. Gemeinsam sollen sie M., einen russischen Diplomaten und Mitarbeiter der Sberbank, getroffen haben, zu dem Krall nach Erkenntnissen der Ermittler seit Jahren eine überaus herzliche Verbindung unterhalten und den er als “Freund” bezeichnet haben soll. Dieser soll in den 1990er Jahren schon im Auftrag der russischen Regierung mit Wirtschaftsthemen und Kontakten in Deutschland betraut gewesen sein, schließlich in Frankfurt und Später dann für die Russische Botschaft in Berlin gearbeitet haben.

Auch noch nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine übermittelte Krall an den Russen im Herbst 2022 “aus der Seele kommende Segenswünsche für ihr großes und heiliges Land”, die M. dem Konsulat in Bonn überbringen möge, da Krall an einem Empfang gesundheitsbedingt nicht teilnehmen könne. Im Chat schrieb er zudem, seine Gebete und Gedanken seien mit M.´s Land, “der Insel des Rechts und der Rechtschaffenen, der Ort, auf dem Gottes wohlwollender Blick ruht”.

Zum späteren Verschwörerkreis um Prinz Reuß zählte Markus Krall dann wohl tatsächlich nicht. Zwar nahm er im Oktober 2021 nach Erkenntnissen der Ermittler bei einem der ersten Treffen der späteren Gruppierung teil, wurde dann allerdings kein Mitglied. Er gilt im Verfahren nicht als Beschuldigter, sondern als Zeuge.

Einer der Angeklagten berichtete den Ermittlern, ein Berater von Reuß habe Krall astrologisch überprüft und ihn nicht für geeignet gehalten. Aus diesem Grund hätten andere „Ratsmitglieder“ ihn als zukünftigen Finanzminister in einem neuen Staat abgelehnt. Reuß aber hielt weiter Kontakt zu Krall.

Einmal soll sich Krall mit Reuß in einem Frankfurter Steak-Restaurant getroffen haben. Mit dabei sollen neben Krall und dem Prinzen zwei weitere nun angeklagte Terrorverdächtige gewesen sein, die wohl mutmaßlich wichtigsten Protagonisten des militärischen Flügels des „Reichsbürger“-Netzwerkes. Beamte des hessischen Landeskriminalamtes observierten die Zusammenkunft. Krall soll das Restaurant nach rund einer Stunde verlassen haben. Reuß bat ihn später per E-Mail, keinen Kontakt zu den Leuten aufzunehmen, die er beim Mittagessen kennengelernt habe und nichts zu verschriftlichen. Krall antwortete, er traue diesen Leuten ohnehin nicht – sie seien sehr seltsam und verschroben. Später erklärte er auf Anfrage der ZEIT zu dem Treffen, die Personen seien ihm nicht bekannt gewesen, er habe das Essen wegen deren wirrer politischer Äußerungen schnell wieder verlassen. Die Unterhaltung hätte ausschließlich wirtschaftspolitische Inhalte gehabt.

Bisher war durch Recherchen der ZEIT bekannt, dass Reuß Krall in seinem Schattenkabinett nach einem Putsch mit dem Amt des Finanzministers hatte einsetzen wollen. Krall hatte behauptet, Reuß nur „geschäftlich kennengelernt“ zu haben. Zudem hatte der Spiegel über radikale Chats zwischen Krall und Reuß aus dem Herbst 2022 berichtet. Die jetzigen Recherchen belegen einen viel weitergehenden persönlichen und politischen Kontakt.

Krall und Reuß ließen eine Anfrage von WDR, NDR und SZ unbeantwortet. Der bisherige Vereinsvorsitzende der Werteunion, Hans-Georg Maaßen, sagte, dass er ihn seit einigen Jahren kenne und sie ein gutes persönliches und professionelles Verhältnis hätten; auch wenn dieser – anderen Aussagen Maaßens gemäß - manchmal über das Ziel hinausschießen würde. Am Samstagabend zeigten sich beide Seit‘ an Seit‘ in einem Video der Werteunion.

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