Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer kritisiert unterschiedliche Wege zur Annahme der EU-Verfassung in den Mitgliedsländern
Wien/Köln (ots)
Der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer hat die unterschiedlichen Verfahren zur Ratifizierung der EU-Verfassung in den EU-Mitgliedsländern kritisiert. Auf dem WDR europa-forum in Wien sagte Fischer am Donnerstag, die Tatsache, dass es in rund 40 Prozent der EU-Länder zu einem Referendum, in den übrigen Staaten zu parlamentarischen Ratifizierungen komme, sei ein Fleckerlteppich. Fischer regte in diesem Zusammenhang an, den Zeitraum, innerhalb dessen die Referenden und par-lamentarischen Verfahren stattfinden, so dicht wie möglich zu komprimieren.
Fischer sagte, er vermisse auch einen europäischen politischen Diskurs. Diskursdefizite sind Demokratiedefizite, erklärte das Staatsoberhaupt. Fi-scher kritisierte dabei eine Politik, die hauptsächlich nationalstaatlich und nicht europäisch ausgerichtet sei: Europäische Politiker - ich sage absichtlich nicht ,Staatsmänner -, die sich nach der Rückreise von einem EU- Gipfel am Flughafen wie Helden feiern lassen, weil sie möglichst viele Vorteile für ihr Land herausgeholt haben, sollen keine Vorbilder sein.
Unter der Überschrift Europa am Wendepunkt diskutierten europäische Politiker beim 7. WDR europa-forum über den besten Weg zur Annahme der neuen Gemeinschaftsverfassung. Das Forum wird gemeinsam mit den Vertre-tungen der Europäischen Kommission in Deutschland und Österreich, dem Informationsbüro des Europäischen Parlament in Berlin und dem Österreichi-schen Rundfunk (ORF) veranstaltet.
Der stellvertretende Ministerpräsident der Slowakischen Republik, Pál Csáky, hielt die EU-Verfassung für zu komplex, als dass sie alle Wähler kennen und verstehen würden. Volksabstimmungen würden durch andere Themen, wie etwa dem möglichen EU-Beitritt der Türkei, beeinflusst werden. Gegen ein Referendum spreche auch das in der slowakischen Verfassung vorgegebe-ne Teilnahmequorum von fünfzig Prozent der Wahlberechtigten. Der stellver-tretende polnische Außenminister Jan Truszczynski sprach von einer Zitter-partie bei der Volksabstimmung in seinem Land. Es wird schwierig, die 50 Prozent-Hürde zu schaffen, erklärte er.
Der bayerische Staatsminister für Europa-Angelegenheiten, Eberhard Sinner, sprach sich für ein Referendum zur EU-Verfassung in Deutschland aus. Wenn in Europa zehn bis zwölf Referenden stattfinden, sollen die deutschen Bürger nicht an der Außenlinie stehen. Dem widersprach der deutsche Poli-tiker Jo Leinen, Vorsitzender des Verfassungsausschusses des Europäischen Parlaments. Der Zug ist abgefahren. Er meinte: Es besteht die Gefahr, dass bei einer Volksabstimmung die Verfassung als Popanz herhält, auf die drauf-gehauen werden kann.
Am WDR europa-forum 2004 nehmen teil: der österreichische Bundespräsi-dent Heinz Fischer, die designierte Vizepräsidentin der Europäischen Kom-mission, Margot Wallström, der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der Hohe Vertreter für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspoli-tik der Europäischen Union, Javier Solana, die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Sylvia-Yvonne Kaufmann, Eberhard Sinner, Staatsminister für Europaangelegenheiten und regionale Beziehungen in der Bayerischen Staatskanzlei, der stellvertretende Minister-präsident der slowakischen Republik, Pál Csáky, die designierte EU-Kommissarin für Außenbeziehungen Benita Ferrero-Waldner, der Außenmi-nister der Republik Slowenien, Ivo Vajgl, der Außenminister der Republik Kroatien, Miomir Zuzul, der stellvertretende Außenminister der Republik Po-len, Jan Truszczynski, der Vorsitzende der EVP/ED- Fraktion im Europäischen Parlament, Hans-Gert Pöttering, der Vorsitzende der SPE-Fraktion im Europä-ischen Parlament, Martin Schulz, der amerikanische Politikberater des Ameri-can Institute for Public Policy Research, Richard Perle, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament, Elmar Brok, der Vorsit-zende des Verfassungsausschusses des Europäischen Parlaments, Jo Leinen, der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, Johannes Voggenhuber, das Mitglied des britischen Ober-hauses Lord Ralf Dahrendorf, der Historiker an der Humboldt Universität zu Berlin, Heinrich August Winkler, der Präsident des Zentrums für internationa-le Beziehungen in Warschau, Janusz Reiter, ORF- Generaldirektorin Monika Lindner und WDR-Intendant Fritz Pleitgen.
Die Moderation der insgesamt vier Gesprächsrunden des WDR europa- forums übernehmen WDR-Fernsehchefredakteur Jörg Schönenborn, WDR-Hörfunkchefredakteurin Helga Kirchner, der Leiter des ARD- Fernsehstudios Brüssel Rolf-Dieter Krause und der Europaexperte des ORF, Paul Lendvai.
Über das WDR europa-forum 2004 in Wien wird im ARD-Hörfunk- und Fern-sehprogramm, in den Hörfunk- und Fernsehprogrammen des WDR, im ARD/ZDF Ereignis- und Dokumentationskanal PHOENIX, im österreichischen Fernsehen (ORF), im slowenischen Radio und Fernsehen (RTS), im flämisch-belgischen Fernsehen VRT und in weiteren europäischen Programmen berich-tet. Verantwortlicher Redakteur der Sendungen ist Michael Radix, zugleich Leiter des WDR europa-forums.
Bilder von der laufenden Veranstaltung in www.ard-foto.de Weitere Informationen unter http://europa-forum.wdr.de
Rückfragen: WDR Pressestelle Annette Metzinger, Telefon 0221-220-2770 Uwe-Jens Lindner, WDR-Pressestelle, Telefon 0043/1/53645220 (europa-forum Wien)
Agentur Ulrike Boldt Tel. 0049-172-24 39 200, AgenturBoldt@aol.com
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