wdr europa forum 2006: Polnischer und finnischer Ministerpräsident einig: Kein Erweiterungsstop für die EU
Berlin (ots)
Polens Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz hat beim europa forum des Westdeutschen Rundfunks in Berlin deutlich gemacht, dass die Europäische Union in den kommenden Monaten vor wichtigen Weichenstellungen stehe. "Wir müssen die EU den Bürgern zurückgeben", war Marcinkiewicz überzeugt und forderte umfangreiche Maßnahmen zur Deregulierung. "Wir müssen die Fenster öffnen, frischen Wind hereinlassen, Regeln abbauen und auf diese Weise die Union beschleunigen", verdeutlichte der polnische Premier. Darüber hinaus komme es darauf an, den Binnenmarkt auszubauen und den Staaten zusätzliche Energiesicherheiten zu geben. Hinsichtlich einer möglichen Erweiterung mahnte Marcinkiewicz, beitrittswillige Staaten nicht vor der Tür stehen zu lassen. "Polen sagt Danke, weil Deutschland jahrelang den polnischen Beitritt unterstützt hat, aber wir bitten im Namen aller derjenigen, die noch draußen stehen, um Mehr."
Der finnische Ministerpräsident Matti Vanhanen stimmte seinem polnischen Kollegen zu. "Wir dürfen keine geographische Grenze ziehen. Dann werden wir unserer Verpflichtung nicht gerecht." Vanhanen regte an, trotz der aktuellen, durch die ablehnenden Voten in den Niederlanden und in Frankreich verursachten Verfassungskrise Europa weiter zu entwickeln. "Wir müssen alternative Wege suchen, vor allem aber Vieles effizienter gestalten", meinte Vanhanen, dessen Land in der zweiten Hälfte des Jahres die Ratspräsidentschaft übernimmt. Zudem gelte es, in vielen europäischen Fragen zwischen den Regierungen der Mitgliedsstaaten enger zusammenzuarbeiten.
Mitglieder des Europäischen Parlaments warben dafür, die Europäische Union trotz der aktuellen Schwierigkeiten nicht durchweg negativ darzustellen. "Da sind auch die nationalen Regierungen in jedem Land gefragt, ihren Bürgern deutlich zu machen, was man erreicht hat, und nicht ständig zu betonen, was man nicht erreicht hat", erklärte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament, Elmar Brok (CDU). Kein Staat dürfe auf Maximalpositionen bestehen. Nur dann könne sich die Union weiter entwickeln. Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Martin Schulz, kritisierte die seiner Meinung nach bestehende Doppelzüngigkeit mancher Handelnden auf Regierungsebene. "Europa macht es kaputt, wenn etwa der britische Regierungschef bei der Verabschiedung europäischer Verfassungsgrundsätze vor Rührung kaum durch die Tür kommt, dann aber diese Grundsätze heimlich, still und leise in seinem Schreibtisch verschwinden lässt."
Annette Metzinger, WDR-Pressestelle, Telefon 030 - 5000 8377
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