Ex-Terroristen Dellwo und Rollnik räumen im WDR 5-Funkhausgespräch barbarische Seite ihrer Taten ein
Köln (ots)
16.03.2007. Der frühere RAF-Terrorist Karl Heinz Dellwo hat es in einer WDR 5-Sendung abgelehnt, diejenigen ehemaligen RAF-Mitglieder namentlich preiszugeben, die bei Attentaten die tödlichen Schüsse abgegeben haben. "Ich finde es richtig, wenn man uns kollektiv dafür verantwortlich macht. Ich weigere mich, mich an der Diskussion zu beteiligen, der eine hat geschossen, der andere hat fünf Meter weiter weg gestanden", sagte Dellwo bei den WDR 5-Funkhausgesprächen am Donnerstagabend im WDR-Funkhaus in Köln. Der 55-Jährige war am 25. April 1975 an der Besetzung der deutschen Botschaft in Stockholm beteiligt, bei der die Botschaftsmitglieder Andreas von Mirbach und Heinz Hillegart erschossen wurden. Von 1977 bis 1995 war Dellwo, der heute als Filmemacher arbeitet, in Haft.
In der aktuellen Diskussion über den Terror der siebziger Jahre war immer wieder gefordert worden, dass die RAF-Mitglieder die Todesschützen bei den einzelnen Attentaten nennen sollten. Die RAF hatte sich in der Regel mit Bekennerschreiben zu den Taten bekannt, der Tathergang und die Namen der Todesschützen blieben aber im Dunkeln. Gabriele Rollnik, Mitglied der Bewegung 2. Juni und an der Entführung des Berliner CDU-Politikers Peter Lorenz 1975 beteiligt, lehnte es im Funkhausgespräch ebenfalls ab, die Namen der Täter zu nennen: "Wir haben als Gruppe Aktionen gemacht und für diese Aktionen waren alle verantwortlich." Sie könne sich nicht vorstellen, dass es für die Angehörigen der Opfer von Bedeutung sei, wer die Taten verübt habe.
Den Einwand von Moderator Jürgen Wiebicke, auch die von der RAF so erbittert bekämpften ehemaligen Nationalsozialisten hätten sich hinter einem allgemeinen Schuldbegriff versteckt und moralische Verantwortung als bekennende Subjekte abgelehnt, erwiderten Dellwo und Rollnik, sie hätten aber im Gegensatz zu den Nazis zu ihren Taten als Kollektiv gestanden und sich nicht aus der Verantwortung gestohlen.
Rollnik und Dellwo zeigten sich verwundert über die aktuelle Diskussion. Schon in den neunziger Jahren seien einige RAF-Terroristen aus der Haft entlassen worden, ohne dass es ein großes öffentliches Echo gegeben habe. Bei der aktuellen Debatte um die Freilassung von Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar dominiere der "blanke Hass".
Dellwo räumte ein, er habe sehr lange gebraucht, um zu der Überzeugung zu gelangen, dass die von der RAF angestrebte Revolution nicht möglich gewesen sei. Zu den verübten Taten sagte er: "Ich denke, das, was wir gemacht haben, war illegitim, es hatte eine sehr barbarische Seite." Albträume würden ihm seine Taten aber nicht bereiten, in einem jahrelangen Prozess habe er sich damit intensiv auseinandergesetzt.
Die beiden ehemaligen Terroristen betonten zugleich, dass sie sich nicht mit den Angehörigen der Opfer an einen Tisch setzen könnten. "Das geht nicht. Sie haben das Recht uns zu hassen", sagte Rollnik. Dellwo fügte hinzu: "Ein Gespräch setzt immer voraus, dass etwas heilbar ist. Aber die Toten kommen nicht zurück."
Die Sendung der WDR 5 Funkhausgespräche vom 15.03.2007 ist auch als podcast verfügbar: www.wdr.de/radio/home/podcasts/wdr5_podcast.phtml
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