Alzheimer Forschung Initiative e. V.
Donanemab: Keine Zulassungsempfehlung für neues Alzheimer-Medikament in der EU
Düsseldorf (ots)
Das Alzheimer-Medikament Kisunla (Wirkstoff Donanemab) soll nicht in der Europäischen Union zugelassen werden, so die heutige Empfehlung des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA). Als Begründung heißt es in der Stellungnahme des Ausschusses, dass der Nutzen von Kisunla selbst bei Erkrankten ohne eine Kopie des Alzheimer-Risikogens ApoE4 nicht überwiege.
Kisunla bringt keine Heilung der Erkrankung, sondern kann den Verlauf um einige Monate verzögern. Bei der Behandlung traten in den Zulassungsstudien bei knapp 37 Prozent der Probandinnen und Probanden Hirnschwellungen und Hirnblutungen auf, überwiegend mit einem leichten Verlauf. In drei Fällen haben diese Nebenwirkungen allerdings zum Tod geführt. Personen mit mindestens einer Kopie der ApoE4-Genvariante haben ein höheres Risiko für Nebenwirkungen als Menschen mit keiner Kopie der ApoE4-Genvariante. Daher sind in Großbritannien Menschen mit zwei Kopien dieses Risikogens von der Behandlung ausgeschlossen. Der EMA-Ausschuss kommt zu dem Schluss, dass das Risiko für Nebenwirkungen selbst für Erkrankte mit keiner Kopie der ApoE4-Genvariante zu hoch ist im Verhältnis zur geringen Wirkung.
Im Januar hatte sich der Ausschuss für eine Zulassung des Wirkstoffes Lecanemab (Handelsname Leqembi) ausgesprochen. Sowohl Leqembi als auch Kisunla sind Antikörper, die zum Abbau der schädlichen Amyloid-beta-Ablagerungen beitragen, die charakteristisch für die Alzheimer-Krankheit sind. Die Entscheidung über die Zulassung eines neuen Medikamentes liegt letztendlich bei der Europäischen Kommission. Mit der Zulassung von Leqembi wird in den nächsten Wochen gerechnet. Eine Zulassung von Kisunla ist mit der heutigen Entscheidung wahrscheinlich vorerst nicht in Sicht.
Stellungnahme von Dr. Anne Pfitzer-Bilsing, Leiterin Wissenschaft der gemeinnützigen Alzheimer Forschung Initiative:
"Die Entscheidung des CHMP kommt für uns überraschend. Vor vier Wochen hat sich das Gremium noch für die Zulassung des Medikamentes Leqembi ausgesprochen, das ein ähnliches Wirkung-Nebenwirkung-Verhältnis hat. Bei Kisunla ist das Risiko für Nebenwirkungen zwar höher als bei Leqembi. Allerdings hat Kisunla auch eine etwas bessere Wirkung gezeigt.
Ein Vorteil von Kisunla ist aus unserer Sicht, dass es voraussichtlich nur über einen begrenzten Zeitraum verabreicht werden muss. Eine Leqembi-Behandlung ist hingegen nach jetzigem Kenntnisstand auf Dauer angelegt. Was den therapeutischen Aufwand angeht, schneidet Kisunla etwas besser ab. Das Medikament wird einmal im Monat als Infusion gegeben, Leqembi muss alle zwei Wochen verabreicht werden.
Eine Kisunla-Behandlung wäre jedoch nur für eine kleine Gruppe von Erkrankten in Frage gekommen. Bei Patientinnen und Patienten in einem sehr frühen Krankheitsstadium kann der Wirkstoff den Krankheitsverlauf um einige Monate verzögern. Die Entscheidung des CHMP ist nicht im Sinne dieser Patientinnen und Patienten, denen jetzt keine weitere Therapieoption zur Verfügung steht. Allerdings ist die Wirkung von Kisunla gering und es ist unklar, ob der Effekt für die Betroffenen selbst überhaupt spürbar ist.
Für den Wissenschaftsstandort Deutschland und Europa ist das keine gute Entscheidung. Kisunla wäre neben Leqembi das erste Medikament in Deutschland gewesen, das die Alzheimer-Krankheit an einer der möglichen Ursachen angreift. Mit einer Zulassung hätten wir in Deutschland und Europa jetzt erste praktische und wissenschaftliche Erfahrungen mit dem Medikament sammeln können. Das ist nun leider nicht möglich. Das bleibt jetzt Ländern wie den USA, Großbritannien oder Japan vorbehalten, in denen Kisunla bereits zugelassen ist.
Kisunla bringt keine Heilung der Alzheimer-Krankheit. Selbst wenn Amyloid-Antikörper wie Kisunla und Leqembi jetzt weiterentwickelt werden und wir möglicherweise die Nebenwirkungen in Zukunft besser in den Griff bekommen, wird das nicht ausreichen. Die Alzheimer-Krankheit ist sehr komplex, deshalb müssen wir auch an weiteren möglichen Krankheitsursachen ansetzen. Um Alzheimer zu heilen, werden wir eine Kombinationstherapie brauchen, die auf das individuelle Krankheitsbild der Erkrankten zugeschnitten ist."
Über die Alzheimer Forschung Initiative e.V.
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