Kompressionstherapie/Versorgungsrealität und neue Entwicklungen
Bonn (ots)
Im Rahmen des wissenschaftlichen Veranstaltungsprogramms der Bonner Venentage berichtete die Expertengruppe des Starnberger Medical Data Institute (MDI) von neuen Entwicklungen der Kompressionstherapie. Unter Moderation von Prof. Dr. Knut Kröger, Ressortleiter Kompressionstherapie am MDI, beleuchteten Fachexperten den Stand der Kompressionsversorgung in Deutschland und stellten neue Entwicklungen vor.
"Woher wissen wir eigentlich, dass wir viel komprimieren müssen", fragte Prof. Dr. Markus Stücker, eingangs seines Vortrags über therapierelevante Druckwerte und adäquate Materialien. Der Dermatologe empfahl, ein Augenmerk auf Prämissen und Möglichkeiten der Patienten zu legen. Je niedriger der Druck der jeweiligen Strümpfe, umso mehr seien Patienten in der Lage, diese selbständig anzulegen. Es zeige sich kein wesentlicher Unterschied in der Abheilung eines Ulcus cruris venosum unterhalb von Kompressionsstrümpfen mit einem Kompressionsdruck von 14-20 mmHg, und der Versorgung mit Mehrlagenverbänden mit einem Druck von 40-50 mmHg. Daraus folgerte der Bochumer Dermatologe, für die Abheilung eines Ulcus cruris seien nicht so erhebliche Druckwerte notwendig, wie bisher angenommen.
Dr. Stephanie Reich-Schupke stellte anhand aktueller Studien die Versorgungsrealität in Deutschland dar. 25% der von einem Ulcus cruris Betroffenen erhalten keine Kompressionstherapie. Aber auch unter Kompressionsversorgung können Defizite bestehen, so die Dermatologin. Beispielsweise bekämen 80% der Patienten, die Kompressionsstrümpfe tragen, keine Wechselversorgung. Bei 5% der Betroffenen seien die Beine noch nie vermessen worden, was für den Sitz der Strumpfversorgung unerlässlich ist Reich-Schupke merkte abschließend an, auch klinische Studien böten lediglich eine trügerische Sicherheit, da Patienten durch beteiligte Studienzentren besser versorgt werden, als in der alltäglichen Praxis.
Prof. Dr. Joachim Dissemond umriss im folgenden Vortrag die Bedeutung der Kompressionstherapie als individualisierte Therapie des Ulcus cruris venosum. Betroffene und Patienten mit anderen Beingeschwüren profitieren von einer Kompressionstherapie. Dabei gelte generell, dass jede Kompression besser ist, als keine. Zur individualisierten Therapie stehen heutzutage zahlreiche Materialien und Methoden zur Verfügung. Es gilt, die für den jeweiligen Patienten passende Versorgung auszuwählen: "Wir haben ein Portfolio zur Verfügung", fasste der Essener Dermatologe die Versorgungsituation zusammen. Die Adaptive Kompressionstherapie ist eine beispielhafte moderne Versorgungsmöglichkeit. Hierbei erwirkt eine einstellbare Klettbandage den Kompressionsdruck. Diese ist, im Gegensatz zu Kurzzugbinden oder Kompressionsstrümpfen, vom Patienten und deren Angehörigen einfach anzulegen.
Abschließend umriss Prof. Dr. Hugo Partsch die Erkenntnisse zur Adaptiven Kompressionstherapie. Unter modernen Klettbandagen reduzieren sich, laut einer aktuellen Studie, Ödeme besser, als unterhalb von Kurzzugbinden. Als Gründe nannte der Dermatologe, dass die Bandage der adaptiven Kompression kohäsiv auf sich selbst hafte, vom Patienten nach kurzer Einführung selbst eingestellt werden könne und einen geringeren Druckverlust aufweise, als die herkömmlichen Kurzzugbinden. Diese Versorgung erziele zudem bei Selbstanlage durch den Betroffenen mindestens ebenso gute Erfolge, wie unter professioneller Anlage durch Fachkräfte.
Die lebhafte Diskussion im Anschluss ergänzte die Ausführungen und bekräftigte die getroffenen Aussagen. Prof. Dr. Kröger unterstrich abschließend, dass die aktuellen Erkenntnisse sich nicht nur innerhalb der Wissenschaft und unter Fachexperten verbreiten dürfen. Es sei wünschenswert, die Hausärzte in den Diskurs einzubinden. Moderne Versorgungsformen und Materialien sollten in der Versorgungsrealität ankommen und selbstverständlicher Bestandteil der alltäglichen Praxis werden.
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