FZ: "Die verbindende Klammer" - Kommentar der "Fuldaer Zeitung" zu Papst Franziskus/Heiligsprechungen/Enzyklika
Samstagausgabe 6. Juli
Fulda (ots)
Kommentar "Fuldaer Zeitung" Samstagsgabe 6. Juli
Gleich vier Päpste haben gestern Geschichte geschrieben: Johannes Paul II. und Johannes XXIII. sollen heiliggesprochen werden; Benedikt XVI. und der amtierende Pontifex Franziskus veröffentlichten erstmals in der Geschichte der Kirche eine gemeinsame Enzyklika zweier Oberhirten. Beide Ereignisse haben eine verbindende Klammer: Franziskus. Geschickt hat der im Frühjahr gewählte Papst drei seiner Vorgänger zu Zeugen genommen, um sich vorsichtig zu positionieren - und gleichzeitig gegen alle innerkirchlichen Strömungen hin abzusichern. Die Enzyklika trägt noch ganz die Handschrift Benedikts, auch wenn Franziskus betont, sie sei "vierhändig" entstanden. Der starke Akzent auf der Kontinuität soll wohl alle jene beruhigen, die nach den ersten - in ihren Augen vielleicht verstörenden - Gesten des neuen Papstes schon einen Sozialromantiker und Anwalt der Armen auf dem Stuhle Petri wähnten. Gleichzeitig steht Franziskus seinem Vorgänger theologisch sicher näher, als manchen, die ihn schon zum Revolutionär erklärten, möglicherweise recht ist. Insofern hat sich der neue Papst für das gemeinsame Sendschreiben sicher nicht verbiegen müssen. Die beiden Heiligsprechungen wiederum werden Gläubigen aller Couleur aus dem Herzen sprechen: Johannes Paul II. wie Johannes XXIII. haben - jeder zu seiner Zeit und auf seine Weise - millionenfach Menschen innerlich bewegt und für den Glauben begeistert. Das ist in unseren säkularen Zeiten schon fast ein Wunder an sich. Daher lässt sich auch gut darüber hinwegsehen, dass im Falle Johannes' XXIII. das für die Heiligsprechung eigentlich nötige zweite bezeugte Wunder fehlte. Franziskus selbst indes gewinnt in diesen Tagen jedenfalls an Kontur. Vielleicht nicht so sehr auf dem kirchenpolitischen Parkett, wo er noch zwischen Traditionalisten und Reformern zu lavieren scheint. Vielmehr aber in Sachen Aufräumen in der Kurie: Sein hartes Durchgreifen bei der Vatikanbank etwa lässt durchaus Willen zur Veränderung erkennen. Wenn er es schafft, sich gegen diese vatikanischen Seilschaften durchzusetzen, reicht das sicher nicht für eine Heiligsprechung. Aber einen großen Dienst hätte er der Kirche allemal erwiesen.
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