FZ: "Zu Herzen genommen" - Kommentar der "Fuldaer Zeitung" (Dienstag, 30.7.) zum Platzeck-Rücktritt
Fulda (ots)
Zu Herzen genommen
Platzeck ist anders. Wohltuend anders, werden die einen sagen; merkwürdig anders, tönt es hingegen aus der anderen Ecke. Aber eines können nicht einmal seine politischen Gegner oder alle Spötter und Kritiker abstreiten: Platzeck ist echt. Diese Authentizität hat ihm - vor allem in Ostdeutschland, aber längst nicht nur dort - zu hohen Popularitätswerten verholfen. Und dabei handelt es sich nicht um jene Art von Popularität, die erlangt, wer dem Volk nach dem Maul redet; sondern die sich auf Respekt stützt. Nicht zuletzt sein offenes Eingeständnis, dass ihm für den Knochenjob in der Politik die Kräfte und die "dicke Haut" fehlen, macht ihn schlicht sympathisch. In seiner bodenständigen Art und mit seiner durchaus widersprüchlichen und längst nicht bruchfreien Biografie war Platzeck ein lebender Gegenentwurf zu jener Politikerriege von Hubertus Heil über Markus Söder bis Ronald Pofalla, die vor lauter rundgeschliffenen Phrasen und auswechselbaren Lebensläufen dem Wähler überhaupt keine Ecken und Kanten mehr bieten. All jenen, die sich in ihrer Mittelmäßigkeit für unersetzbar halten, könnte ein bisschen mehr Platzeck und ein bisschen weniger Stromlinie nur gut tun. Es spricht Bände, dass man dem scheidenden Brandenburger Ministerpräsidenten im gesamten Desaster um den Berliner Flughafen - trotz aller haarsträubenden Versäumnisse, die sicher auch auf Platzecks Mist gewachsen waren - stets abnahm, wie sehr ihn das verpulverte Steuergeld ärgerte und schmerzte. Sein Berliner Amtskollege Klaus Wowereit indes, der sich aus unerfindlichen Gründen immer noch im Amt hält, schien lediglich zu bedauern, dass die schöne Eröffnungsfete für den Hauptstadtflughafen so plötzlich geplatzt war. Es ist schon fast tragisch: Politische Leichtfüße und -gewichte taumeln in ihren Teflonmäntelchen durch die Politik - wer sich aber wie Platzeck die Sorgen der Bürger wirklich zu Herzen nimmt und sich zudem von seiner Partei in schwieriger Zeit in die Pflicht nehmen lässt, der brennt in wenigen Jahren aus. Schade.
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