FZ: Das Wort gebrochen Kommentar der Fuldaer Zeitung zu schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen in Hessen
Fulda (ots)
Wie war das noch? Am 28. August 2013, drei Wochen vor der Landtagswahl, sagte CDU-Spitzenkandidat Volker Bouffier bei einem Besuch in unserer Redaktion auf die Frage, ob er Schwarz-Grün ausschließe: "Ja. Klares Wort." Soviel zur Halbwertszeit von politischen Versprechen vor Wahlen und zum Thema Ehrlichkeit gegenüber dem Souverän. Egal, wie die Koalitionsverhandlungen am Ende ausgehen: Die hessische CDU wird nicht mehr glaubwürdig sein, wenn sie einer anderen Partei Wortbruch vorwirft. SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel, wer hätte das gedacht, ist dagegen standhaft geblieben und der Versuchung der Macht nicht erlegen. Er hat sein Wort gehalten. Und das kann ihm nicht hoch genug angerechnet werden.
Auch das, was Bouffier bei seinem Besuch in unserer Redaktion über die Grünen sagte, erscheint vor dem Hintergrund der nun anstehenden Koalitionsgespräche wie Hohn gegenüber dem Wähler. Bouffier wörtlich: "Sie brauchen eine Mindestübereinstimmung in den Grundpositionen, wenn sie eine erfolgreiche Regierung führen wollen. Und die haben wir nicht." Das heißt, dass nun einer, wenn es zu einer Regierung kommen soll, von Grundpositionen abrücken muss. Und Bouffier wurde noch schärfer: Gibt es für Sie wirklich keine inhaltlichen Übereinstimmungen mit den Grünen?, fragten wir. Antwort: "Nein. Bei jedem Verkehrsprojekt sind die Grünen dagegen. Bei jedem! ... Und außerdem wollen sie den Menschen vorschreiben, wie sie zu leben haben: Tempo 30 an allen Ecken, Veggie-Day - das ist doch irre." Darf man ihn an diesen Worten nun nicht mehr messen, weil der Wähler ihm nicht die Mehrheit verschafft hat, die er gerne gehabt hätte?
Mit einer "irren" Partei soll also nun ein Plan geschmiedet werden, das Land fünf Jahre lang stabil zu regieren; der (nach wie vor) konservativste Landesverband der Union mit uneinsichtigen Flughafengegnern; der stocksteife Ex-Innenminister und der jemenitisch-stämmige Joschka-Fischer-Nachfolger. Dass dieses Experiment gelingt, ohne dass sich einer von beiden bis zur Unkenntlichkeit verbiegen muss, ist abseits aller Wahlkampf-Worte mehr als unwahrscheinlich. Vielleicht hat die Bundeskanzlerin, die sich nach dem Absturz der FDP dringend neue Optionen suchen muss, gerade deshalb dem Vorhaben ihren Segen gegeben. Gelingt der Versuch wider alle Erwartungen, wäre das ein Signal über Hessen hinaus. Misslingt es - auch. Fest steht: Die Ära der Konservativen in Hessen wie Dregger, Kanther und Koch ist endgültig vorbei. Bernd Loskant
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