FZ: Junckers falsches Signal Kommentar der Fuldaer Zeitung (Montagsuagabe) zur Lage in der Türkei:
Fulda (ots)
Keine angenehme Vorstellung, den Kopf abgerissen oder die Zunge herausgeschnitten zu bekommen. Kann aber jedem passieren, den der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan für einen Drahtzieher hinter der Gülen-Bewegung, dem IS oder der kurdischen Arbeiterpartei PKK hält. Zumindest wenn man seinen Worten Glauben schenkt. Zum Jahrestag des niedergeschlagenen Putsches ist der Emporkömmling vom Bosporus außer Rand und Band. Mit seinen primitiven Parolen erreicht er offenbar einen großen Teil des türkischen Volkes. Das signalisieren die Bilder von den Gedenkfeiern. Dabei ist die Türkei seit einem Jahr auf dem geraden Weg zur Diktatur. Dem missglückten Putsch eines Teils des Militärs ist der erfolgreiche Putsch Erdogans gefolgt, der unter anhaltender Verlängerung des Ausnahmezustandes, der Zerstörung der Justiz und der Entmachtung der politischen Opposition eine neue Türkei begründet. Ein Land, in dem nur noch Wort und Wille des Präsidenten gelten. Grundgesetz und Menschenrechte haben in dieser Türkei keine Bedeutung mehr. Die Würde des Menschen ohnehin nicht, weshalb Erdogan auch die Todesstrafe wieder einführen will. Wenn EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in dieser Situation "mit ausgestreckter Hand" die Tür Europas für Erdogan offenhalten will, ist das das falsche Signal. Tatsächlich ist der türkische Präsident auf dem Höhepunkt seiner Macht in einem rauschhaften Zustand, in dem er politische Realitäten ignoriert. Die weiche Tour wird ihn nicht zum Erwachen bringen, er muss jetzt brutal mit den Konsequenzen seines Handelns konfrontiert werden. Zu denen gehört der wirtschaftliche Niedergang der Türkei nach der Isolierung von der EU. Und der wird auch bei dem Teil des Volkes, das ihm jetzt noch zujubelt, Unzufriedenheit auslösen. Der Mufti vom Bosporus hat noch nicht begriffen, dass ihm Russland die EU nicht ersetzen kann. Und auch nicht, dass ohne die EU mittelfristig sein Machterhalt infrage gestellt wird. Selbst wenn er versuchen sollte, ein islamistisches Regime zu begründen, wird ihm Allah nicht helfen können, wenn dem Mann auf der Straße das Brot fehlt.
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