FZ: Ohne Verstand und Logik "Fuldaer Zeitung" (28. Oktober 2017) zu Katalonien
Fulda (ots)
Das in der Katalonien-Krise oft bemühte Horrorszenario von zwei Zügen, die ungebremst aufeinander zurasen, hat sein Ende in der Kollision gefunden. Alle Appelle von innen und außen, auf den Dialog als einziges Mittel zur Lösung des Problems zu setzen, sind ungehört verhallt. Viele verlieren den Verstand deshalb nicht, weil sie keinen haben, stellte bereits vor Hunderten Jahren der spanische Philosoph Baltasar Gracián y Morales fest. Man möchte den Spruch den Hitzköpfen in Barcelona und Madrid ins Album schreiben.
Und jetzt? Nachdem Katalonien die Autonomie und der Senat in Madrid die Anwendung des Paragrafen 155 - zum ersten Mal seit Ende der Franco-Diktatur - beschlossen haben, drohen stürmische Wochen, die in soziale Unruhen bis hin zu einem Bürgerkrieg münden können. Jedenfalls ist kaum zu glauben, dass die Pläne von Ministerpräsident Mariano Rajoy ("Der Rechtsstaat wird die Legalität in Katalonien wiederherstellen.") friedlich in die Tat umgesetzt werden können. Die Anwandlungen Kataloniens entbehren ohnehin jeglicher Logik: Ohne internationale Anerkennung wird ein autonomer Staat im Norden Spaniens kaum lebensfähig sein.
Um das zu begreifen, muss man kein Prophet sein. Man stelle sich nur eine parallele Situation in Deutschland vor: Bayern beschließt, weil es wirtschaftlich stärker ist als die meisten anderen Bundesländer und mehr an andere gibt als bekommt, aus der Bundesrepublik auszutreten. Es müsste Handelsabkommen mit benachbarten Ländern schließen; Banken und Unternehmen wie BMW oder Audi würden womöglich abwandern; es würde eine eigene Währung eingeführt; die Folgen bewegten das Land bis hin zur existentiellen Frage, ob Bayern München noch in der Bundesliga spielen kann. Ein Narr, wer das alles ernsthaft erwägt - und doch streben immer mehr Regionen in Europa nach Unabhängigkeit. Einer repräsentativen Umfrage zufolge sind mehr als 30 Prozent der Bayern der Meinung, ihr Land solle sich von der Bundesrepublik lösen.
Genau deshalb darf uns das, was in Katalonien passiert, nicht egal sein. Einige sehen in den Autonomieplänen bereits Vorboten für die "Atomisierung" Europas. Viele Menschen fühlen sich abgehängt, ausgegrenzt oder ungerecht behandelt gegenüber anderen - das Grundproblem Europas. Deswegen ist auch die bisherige Strategie Brüssels falsch, sich aus Konflikten wie diesen herauszuhalten. / Bernd Loskant
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