FZ: Einfacher oder komplizierter? Kommentar der "Fuldaer Zeitung" (19.10.2019) zur Reform der Grundsteuer
Fulda (ots)
Eine Steuerreform, die überfällig war und beschlossene Sache ist, von der aber noch niemand weiß, ob es teurer oder billiger, einfacher oder komplizierter wird - das ist ein Widerspruch in sich. Denn keine Reform sollte das Alte, das ersetzt werden soll, verkomplizieren, bürokratischer oder komplexer machen. Doch der gestern gefasste Beschluss liegt in der Natur einer großen Koalition, die zusammenbringen muss, was nicht zusammengehört - und die für die notwendige Zweidrittelmehrheit auch noch Grüne und FDP ins Boot holen musste.
Was also sollte herauskommen bei der vom Verfassungsgericht vorgeschriebenen Neuregelung, bei der unterschiedliche Interessen, zum Teil ideologisch verbrämt, aufeinandertreffen? Ein großer Wurf wäre notwendig gewesen. Immerhin geht es bei dem Thema um mehr als ein paar Euro für die Kommunen, mit denen sie Straßen unterhalten, Schwimmbäder sanieren und Museen finanzieren. Es geht um jährlich 14 Milliarden Euro und die Frage, ob Menschen, die in besseren Gegenden wohnen, mehr Steuern bezahlen müssen als Bewohner von Sozialbauten. Am Ende ging es in der Debatte sogar um die Frage, wer die Zeche bezahlt - der Mieter, der die mit der Steuer finanzierte lokale Infrastruktur tatsächlich auch nutzt, oder der Vermieter, der womöglich irgendwo auf dem Land wohnt und zur Altersvorsorge ein Appartement in der Großstadt erworben hat? In Zeiten, in denen die alte Faustregel, dass die Miete ein Drittel des Nettoeinkommens nicht übersteigen sollte, außer Kraft gesetzt ist, kommt diesen Fragen zunehmende gesellschaftspolitische Bedeutung zu.
Fest steht: Durch die Öffnungsklausel für die Länder wird es spätestens nach Ablauf der Übergangsfrist im Jahr 2025 einen Flickenteppich geben, ähnlich wie bei der Bildung oder bei Rauchverboten. Bayern hat bereits angekündigt, die Berechnung der Grundsteuer anders durchzuführen als von Minister Scholz vorgesehen. Hier soll die Höhe der Grundsteuer nicht nach Bodenwert und Höhe der Miete bemessen werden, sondern allein nach der Größe des Grundstücks. Eine Ankündigung, der hoffentlich viele Bundesländer folgen werden. Denn unabhängig von der ideologischen Betrachtung: Mit den Scholz-Plänen droht ein Mehr an Bürokratie. Wer erfasst kontinuierlich Grundstückswerte und Mietpreise für 35 Millionen Grundstücke, Häuser, Wohnungen und Gewerbeimmobilien in Deutschland?
Immerhin: Der Anachronismus, den "Einheitswert" des Grundstücks oder Hauses von 1914 als Basis für die Berechnung zu nehmen, ist weg. Jetzt liegt es an den Ländern, aus der Pseudo-Reform eine echte Reform zu machen. Und an den Kommunen, denn die entscheiden letztlich über die Hebesätze, wer wieviel bezahlen muss. / Bernd Loskant
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