Entlastungen bitter nötig
Kommentar der "Fuldaer Zeitung" zu Energiepreisen (12.3.22)
Fulda (ots)
Wenn die Extrempreise für Energie erklärt werden sollen, wird gern zuerst auf den Krieg in der Ukraine und seine Folgen verwiesen. Das ist auch richtig, doch es ist nur die eine Seite der Medaille. Was gerne verschwiegen wird: Der Staat ist dabei Mitspieler und zockt in nie dagewesener Weise die Bürger ab. Ein Euro von jedem Liter Benzin fließt aktuell direkt in die Staatskasse. Bei knapp 200 Millionen Litern Benzin und Dieselverbrauch täglich kommt da eine erkleckliche Summe zusammen. Und auch das ist nicht die ganze Wahrheit: Wenn jetzt die Preise für Lebensmittel und viele andere Produkte steigen, dann zahlt der Bürger ein weiteres Mal für Energie und die darauf erhobenen Steuern. Denn Grund für die Preiserhöhungen sind in erster Linie die massiv gestiegenen Preise für Strom, Gas und Sprit.
Längst trifft es auch den gesellschaftlichen Mittelstand: Wer jeden Tag 80 Kilometer zur Arbeit fährt, verfährt bei 7 Litern Diesel auf 100 Kilometer im Monat mehr als 500 Euro, annähernd doppelt so viel wie im Januar vergangenen Jahres. Und das ist nur der Spritpreis. Wer mit Öl heizt oder Gas, der muss dafür häufig nicht mehr 100 Euro im Monat einkalkulieren, sondern bis zu 400. So treiben die Energiepreise Bürger in die Armut, und es ist überfällig, dass der Staat für deutliche Entlastungen sorgt. Was am 23. Februar als milliardenschweres "Entlastungspaket" von der Ampel beschlossen wurde, hat angesichts der explosionsartigen Verteuerung seinen Namen schon nicht mehr verdient. Was nützt bei einer Quasi-Verdopplung der Spritpreise innerhalb weniger Monate die Anhebung der Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer von 35 auf 38 Cent? 3 Cent, von denen der Bürger dann irgendwann im kommenden Jahr vom Finanzamt einen Bruchteil zurückbekommt.
Als 2020 Corona um sich griff, wurde die Mehrwertsteuer vorübergehend reduziert. Warum jetzt nicht genauso handeln und zusätzlich zum bereits Beschlossenen die Steuern, die den Sprit so teuer machen, senken? Auch die Wirtschaft, die genauso unter den hohen Energiepreisen ächzt und angesichts günstigerer Preise in Ländern um uns herum inzwischen deutliche Wettbewerbsnachteile hat, braucht nun Hilfe. Wobei Sofortmaßnahmen langfristige Konzepte zu mehr Unabhängigkeit bei der Energieversorgung natürlich nicht ersetzen.
Der Staat kann sich Entlastungen übrigens durchaus leisten: Die Steuereinnahmen sprudeln und lagen im Januar, auch dank der hohen Energiesteuern, deutlich über den Einnahmen zu Jahresbeginn in den vergangenen zehn Jahren. Es wird Zeit, dass der Staat den Bürgern etwas davon zurückgibt. / Bernd Loskant
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