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Landauer Poetik-Dozentur an Theaterduo Hans-Werner Kroesinger und Regine Dura für ihr politisches Dokumentartheater

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Landau, 28. Mai 2021

Landauer Poetik-Dozentur an Theaterduo Hans-Werner Kroesinger und Regine Dura für ihr politisches Dokumentartheater

Die Landauer Poetik-Dozentur der Universität Koblenz-Landau geht im Sommersemester 2021 an das Theaterduo Hans-Werner Kroesinger und Regine Dura. In Kooperation mit dem Staatstheater Mainz verleiht das Zentrum für Kultur- und Wissensdialog (ZKW) am Campus Landau die Auszeichnung an die beiden Kulturschaffenden, die neue Maßstäbe im Dokumentartheater gesetzt haben.

2000 Seiten Lektüre gehören für Hans-Werner Kroesinger und Regine Dura zur Standard-Vorbereitung. Wenn die beiden Künstler ein neues Theaterprojekt angehen, wühlen sie sich erst einmal durch Berge von Archivmaterial: Unterlagen zum Eichmann-Prozess, über den Deutschen Herbst oder zur NS-Vergangenheit des Karlsruher Theaters. „Ein halbes bis zu einem Jahr Lebenszeit geht locker drauf für eine Produktion“, erzählt Hans-Werner Kroesinger. Die kleine Corona-konforme Gruppe von Studierenden des Studiengangs Darstellendes Spiel des ZKW hört gespannt zu im großen, gut gelüfteten Audimax der Universität Koblenz-Landau, Campus Landau. Als angehende Lehrerinnen und Lehrer werden sie das künstlerische Fach an Schulen unterrichten. Sofort meldet sich einer von ihnen zu Wort: „So viel Zeit sieht der Lehrplan für ein Theaterprojekt nicht vor, gerade mal zwei Stunden Unterricht sind pro Woche üblich.“ Kroesinger macht Mut, „man darf nicht an ein Dokumentartheaterstück mit der Vorgabe herangehen, einen gefälligen Theaterabend zu realisieren – wenn es fragmentarisch bleibt, ist das auch ok.“

Überhaupt, mit einem „gefälligen“ Theaterabend haben Regine Duras und Hans-Werner Kroesingers Produktionen wenig zu tun. Das Theaterduo macht Dokumentartheater, das die Bühne als „Analyse-Instrument“ versteht. Ihr Theaterschaffen ist politisch und gesellschaftskritisch. Seit über 20 Jahren legen sie die Gewaltgeschichten der Gesellschaft offen, sie mischen sich ein, decken auf, provozieren und regen so Diskussionen an. „Wir sind sehr stolz, dass wir die Poetik-Dozentur im Sommersemester 2021 trotz der Pandemie an zwei solche Ausnahmekünstler verleihen dürfen“, sagt die Leiterin des ZKW Prof. Dr. Anja Ohmer. Die Universität verleiht die Poetik-Dozentur an das Autorenduo Hans-Werner Kroesinger und Regine Dura für ihr herausragendes Dokumentartheater. Ohne zu werten, beleuchten die beiden das Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln und Texten, die sich gegenseitig kommentieren. Sie durchleuchten Krisen von heute, die die Zukunft beeinflussen werden oder beschäftigen sich mit Konflikten der Vergangenheit, die in der Gegenwart Wunden hinterlassen. Passend hierzu arbeiten Kroesinger und Dura gerade im Auftrag des Staatstheaters Mainz den Mythos rund um den Westwall auf. Das zirka 630 km lange militärische Verteidigungssystem, das in den Jahren 1936 bis 1940 errichtet wurde und die Westgrenze des damaligen Deutschen Reiches sichern sollte, „ist eine Narbe in der Landschaft, die die Nazis hinterlassen haben“, erklärt Kroesinger. Gerade arbeiten sie sich mit viel Beharrlichkeit und Geduld durch das schmutzige Gedankengut von NS-Texten, die den Westwall oder wie die Nazis ihn nannten die „Siegfried-Linie“, zu einem mächtigen Bollwerk gegenüber allem Fremden erklärten.

Weder den beiden Theatermachern noch den Schauspielerinnen und Schauspielern fällt diese Arbeit leicht. „Es braucht viel Sitzfleisch“, sagt Kroesinger und „die Texte zermartern einem das Hirn“, ergänzt Dura. Neben dem Sichten von schier überwältigendem Archivmaterial, das sie gemeinsam in den Proben mit den Schauspielerinnen und Schauspielern des Staatstheaters lesen, führen die beiden auch viele Interviews mit Zeitzeugen. Die Studierenden zeigen sich beeindruckt und gleichzeitig besorgt. Als angehende Lehrerkräfte lernen sie früh ihre mentale Gesundheit zu stärken und zu schützen. Dazu stehen das exzessive Lesen und Ordnen von menschenverachtenden Zeugnissen der Nazis im krassen Gegensatz. Kroesinger antwortet pragmatisch: „Irgendeiner muss es ja tun.“

Am 12. Juni hat das Recherchieren und Proben ein Ende. Der Vorhang des Staatstheater Mainz soll sich, sofern es die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zulassen, zur Premiere des Stücks „Westwall“ endlich wieder öffnen. Dann, so erklärt das Theaterduo den Studierenden, „sollen die Worte zum Tanzen gebracht werden – aus bloßen Akten wird Poesie.“ Genau das macht für die beiden die Faszination und die große Chance des Dokumentartheaters aus. Das Stück soll irritieren, konfrontieren und somit Fragen stellen. Die Studierenden des Studiengangs Darstellendes Spiel des ZKW nehmen die Herausforderung des Projektes Westwall im Rahmen der Landauer Poetik-Dozentur der Universität Koblenz-Landau gerne an. Die Sitzplätze sind schon gesichert und im Frühjahr 2022 kommt das Stück als Gastspiel in Landau im Rahmen der Poetik-Dozentur von Regine Dura und Hans- Werner Kroesinger auf die Bühne.

Bisherige Poetik-Dozentinnen und Dozenten in Landau waren Nora und Eugen Gomringer, Theresia Walser und Karl-Heinz Ott, Thomas Brussig und Christoph Siemes, Tom Buhrow, Sabine Stamer und Abbas Khider, Daniel Kehlmann, Thomas Wendrich, Éric-Emmanuel Schmitt, Sibylle Lewitscharoff, Rafik Schami, Judith Holofernes, FC Delius, Sebastian Fitzek und Claus Peymann. Weitere Informationen zur Landauer Poetik-Dozentur unter www.zkw.uni-landau.de

Hinweis: Die SWR-Sendung im Rahmen der Landauer Poetik-Dozentur mit Kroesinger und Dura wird am 03.07.2021 ausgestrahlt. Die beiden Kulturschaffenden werden im Gespräch mit SWR-Redakteurin Silke Arning sein.

Weitere Informationen zur Theaterproduktion gibt es auf: www.staatstheater-mainz.com.

Fragen beantwortet:

PD Dr. Anja Ohmer

Universität Koblenz-Landau, Campus Landau

Zentrum für Kultur- und Wissensdialog (ZKW)

E-Mail: ohmer@uni-landau.de

Ansprechpartner Presse:

Kerstin Theilmann
Referat Öffentlichkeitsarbeit Campus Landau
Tel.: 06341 280-32219
E-Mail:  kerstin.theilmann@uni-landau.de

Hintergrund: Universität Koblenz-Landau

Die Universität Koblenz Landau gehört als zweitgrößte Universität des Landes Rheinland-Pfalz zu den jüngsten Universitäten in Deutschland. Seit ihrer Gründung im Jahr 1990 hat sie sich zu einer forschungsorientierten Universität mit den Profilbereichen Bildung, Mensch und Umwelt entwickelt. Das Studienangebot reicht von den Bildungs-, Geistes-, Kultur-, Sozial- und Naturwissenschaften über die Informatik in Koblenz bis zur Psychologie in Landau. Als einzige Universität in Rheinland-Pfalz bietet sie Lehramtsstudiengänge für alle Schularten an. Im Februar 2019 hat die rheinland-pfälzische Landesregierung beschlossen, den Campus Koblenz als eine eigenständige Universität zu etablieren und den Campus Landau mit der TU Kaiserslautern zusammenzuführen. Startpunkt der neuen Universitätsstrukturen ist der 1. Januar 2023.

Die Zahl der Studierenden an der Universität Koblenz-Landau hat sich gegenüber den anderen Landesuniversitäten im letzten Jahrzehnt überdurchschnittlich erhöht. Inzwischen sind rund 17.000 Studierende eingeschrieben, davon etwa die Hälfte jeweils in Koblenz und in Landau. An der Universität wird knapp die Hälfte aller Lehrerinnen und Lehrer in Rheinland-Pfalz ausgebildet, aber auch fachbezogene und interdisziplinäre Studiengänge sind stark nachgefragt. In der Forschung hat die Universität in allen drei Profilbereichen ausgewiesene Erfolge vorzuweisen, unter anderem in koordinierten Förderprogrammen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Insbesondere im DFG-Ranking der Bildungs- und Erziehungswissenschaften belegte die Universität Koblenz-Landau den ersten Platz.

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