Supermarkt-Ranking offenbart Lücken bei Nachhaltigkeit – Neue Studie: Discounter Lidl und Aldi Süd vor Vollsortimentern Rewe, Edeka und Kaufland
Supermarkt-Ranking offenbart Lücken bei Nachhaltigkeit
Neue Studie: Discounter Lidl und Aldi Süd vor Vollsortimentern Rewe, Edeka und Kaufland
Berlin, den 22.04.2025
Supermärkte in Deutschland haben noch einen weiten Weg vor sich, um nachhaltiger zu werden, so das Ergebnis der neuen Studie Superlist Umwelt . Auf dem Papier zeigen die Lebensmitteleinzelhändler mit ihren Klimaplänen und ersten Zielen für den Verkauf pflanzlicher Proteine durchaus Ambitionen. In der Praxis fehlen jedoch wirksame Klimastrategien mit festen Meilensteinen: Noch preisen gut 90 Prozent aller Werbeaktionen für Proteinquellen in Prospekten tierische Produkte an und keiner der Händler legt offen, welcher Anteil seines Absatzes Nachhaltigkeitszertifikate trägt. Höchste Zeit für die Supermärkte, Verantwortung für die Ausgestaltung eines nachhaltigeren Ernährungsumfelds zu übernehmen.
Superlist Umwelt: Erstes Ranking der Nachhaltigkeitsleistungen deutscher Supermärkte
Für Superlist Umwelt hat der Think Tank Questionmark die Strategien und Maßnahmen von sechs der größten deutschen Supermärkte verglichen und bewertet: Aldi Nord, Aldi Süd, Edeka, Kaufland, Lidl und Rewe. Questionmark hat dazu die Klimaschutzpläne der Händler sowie deren Maßnahmen zur Förderung des Verkaufs pflanzlicher statt tierischer Produkte und nachhaltigerer landwirtschaftlicher Praktiken in eine Rangliste gebracht. Hierfür hat Questionmark mit der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, Madre Brava, der Physicians Association for Nutrition und ProVeg zusammengearbeitet. Alle Supermärkte erhielten Fragen zur Methodologie und den gesammelten Daten.
Discounter vor Vollsortimentern
Lidl ist in Deutschland führend in seinen Bemühungen um Nachhaltigkeit, vor allem durch ein klares Bekenntnis, den Absatz von tierischen auf pflanzliche Proteine zu verlagern. Der Einzelhändler veröffentlicht das Verhältnis seiner jeweiligen Wareneingangsmengen und strebt bis 2050 einen Anteil von 60 Prozent pflanzlichen und 40 Prozent tierischen Proteinquellen an. Aldi Süd folgt im Ranking und liegt hinter Lidl, da ein klares Absatz- oder Sortimentsziel für pflanzliche Proteine fehlt. Beide Discounter rangieren vor Rewe, Kaufland und Edeka. Aldi Nord belegt den letzten Platz, vornehmlich weil das Unternehmen keine Informationen zu Treibhausgas-Emissionen veröffentlicht, die direkt mit Lebensmitteln zusammenhängen, und bisher keine Maßnahmen zu deren Reduktion ergriffen hat. „Die Einzelhändler, die Nachhaltigkeitsziele verkündet haben, sind einen wichtigen ersten Schritt gegangen, dem nun Taten folgen müssen. Wir sind guter Hoffnung, dass diese erste deutsche Superlist den gesamten Lebensmitteleinzelhandel zu verantwortungsvolleren Geschäftspraktiken inspiriert“, so Charlotte Linnebank, Direktorin bei Questionmark.
Pflanzliche Lebensmittel brauchen mehr Aufmerksamkeit
Die Verlagerung des Verkaufs auf pflanzliche Lebensmittel ist eine der wirksamsten Möglichkeiten, die negativen Umweltauswirkungen des Ernährungssystems zu reduzieren. Im Allgemeinen haben pflanzliche Lebensmittel geringere negative Auswirkungen auf das Klima, die Umwelt, die menschliche Gesundheit und das Wohl der Tiere. In allen untersuchten Supermärkten sind allerdings noch immer über 90 Prozent der in Prospekten beworbenen Proteine Tierprodukte. Außerdem sind fast 70 Prozent der verzehrfertigen Fleischprodukte wie Schnitzel mit über 150 Gramm extragroß. Bereits eine Portion in dieser Größe überschreitet die Wochenempfehlung der Planetary Health Diet von rund 100 Gramm rotem Fleisch pro Person. Diese globale Richtlinie fördert eine Ernährungsweise, die den Menschen und unserem Planeten gleichermaßen zugutekommt.
Doch es gibt auch positive Entwicklungen: Edeka, Kaufland und Lidl haben sich verpflichtet, im Rahmen ihrer Eigenmarken pflanzliche Alternativen zum gleichen Preis wie die entsprechenden Tierprodukte anzubieten. Lidl erleichtert es den Kunden, sich für die Fleischalternativen zu entscheiden, indem diese zwischen Fleischprodukten platziert werden. Strategisch hat sich Lidl das öffentliche Ziel gesetzt, den Anteil des Verkaufs von pflanzlichen Proteinen gegenüber tierischen zu erhöhen.
Supermärkte spielen eine Schlüsselrolle
Da die Verbraucher in Deutschland über 70 Prozent ihrer Lebensmittel in Supermärkten kaufen, ist der Einzelhandel ein zentrales Glied in der Lebensmittelkette (Gastrotel, 2025; LZ, 2025; DBV, 2025). Supermärkte spielen eine entscheidende Rolle dabei, ein nachhaltiges Ernährungssystem zu verwirklichen. Sie können sicherstellen, dass die Lebensmittel in ihren Regalen umweltverträglich hergestellt werden und dass Werbeaktionen und die Einkaufsumgebung den Kunden helfen, ihre Körbe mit Produkten zu füllen, die die Umwelt möglichst wenig belasten. Eine Folgestudie zu dieser ersten Superlist wird untersuchen, ob die Supermärkte ihr Engagement für den Umweltschutz tatsächlich verstärkt haben.
Zitate von an der Studie beteiligten Organisationen
„Die Superlist-Studie zeigt, dass der deutsche Lebensmitteleinzelhandel seiner Verantwortung für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem noch nicht genug nachkommt. Tierprodukte sind nachweislich schlecht für den Planeten, Menschen und für Tiere sowieso. Für uns alle sollte es viel leichter sein, uns pflanzlicher zu ernähren. Deshalb müssen sich die Unternehmen hier ambitionierte, messbare Ziele setzen und transparent über ihre Fortschritte berichten. Wir stehen ihnen dabei gerne beratend zur Seite.“
Esther Erhorn, Interims-Leiterin Lebensmittel Fortschritt, Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt
„Die Schaffung nachhaltiger Ernährungsumgebungen ist entscheidend, um den Gesundheitsbedrohungen durch den Klimawandel entgegenzuwirken. Gesunde Menschen gibt es nur auf einem gesunden Planeten. Die Superlist Umwelt hebt das enorme Potenzial deutscher Supermärkte hervor, im Interesse unserer Gesundheit und eines stabilen Gesundheitssystems zu handeln. Als Gesundheitsfachkräfte setzen wir uns dafür ein, dass dieses Potenzial vollständig ausgeschöpft wird.“
Niklas Oppenrieder, Arzt und Vorstand der Physicians Association for Nutrition Deutschland (PAN)
„Mehr pflanzliche und weniger tierische Produkte zu verkaufen ist ein Triple-Win: für die Gesundheit der Verbraucher*innen, den Gewinn des LEH und die Reduktion negativer Klima- und Umweltauswirkungen. Lidl, mit einem klaren Diversifizierungsziel der Proteinverkäufe im Einklang mit den Grenzen planetarer und menschlicher Gesundheit, führt das Rennen an. Rewe kündigt ähnliches an, setzt aber kein ambitioniertes, zeitlich konkretes Ziel. Der CEO der Rewe Group sollte klar Farbe bekennen – für den Planeten, die Gesundheit und sein Unternehmen.“
Florian Wall, Senior Associate, Madre Brava
„Für Einzelhändler, die Wert auf Nachhaltigkeit legen, ist die Förderung pflanzlicher Proteine unerlässlich. Dies gelingt am besten, indem sie den Anteil der pflanzlichen Produkte in den Regalen erhöhen und sie zu attraktiven Preisen bewerben. Sortiment, Preisgestaltung und Werbeflyer sind wirksame Mittel, mit denen Supermärkte Einkäufe fördern können, die der Gesundheit des Planeten und ihren Kunden zugutekommen.“
Virginia Cecchini Kuskow, Senior Project Manager Corporate & Institutional Engagement, ProVeg
Pressekontakte Fragen zur Interpretation der Ergebnisse im Zusammenhang mit Natur, Klima und Gesundheit sowie zu den Erwartungen an Supermärkte und die Politik: Florian Wall, Senior Associate, Madre Brava florian@madrebrava.org | +49 1577 8903349
Fragen (auf Englisch) zu den Ergebnissen von Superlist Umwelt, den Daten, der Forschungsmethode und den praktischen Empfehlungen für Supermärkte: Puck Simons, Communications Manager, Questionmark puck.simons@thequestionmark.org | +31 681 188 186
Über Superlist Umwelt Der Think Tank Questionmark vergleicht die Leistungen von Supermärkten in den Bereichen Gesundheit, Umwelt und Menschenrechte in ganz Europa. Nach den Niederlanden, Belgien, Schweden und dem Vereinigten Königreich hat Questionmark nun seine erste Superlist für Deutschland veröffentlicht. Der Vergleich der Supermärkte in Deutschland nimmt deren ökologische Nachhaltigkeit in den Blick und bewertet Richtlinien, Sortiment, Werbeaktionen und Maßnahmen in den Märkten. Questionmark hat für diese Superlist Umwelt mit der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, Madre Brava, der Physicians Association for Nutrition und ProVeg zusammengearbeitet. thequestionmark.org
Über ProVeg ProVeg International ist eine Ernährungsorganisation, die sich für die Transformation des globalen Ernährungssystems einsetzt. Unsere Mission ist, bis 2040 weltweit 50 Prozent der Tierprodukte durch pflanzliche und kultivierte Nahrungsmittel zu ersetzen. ProVeg arbeitet mit relevanten Akteuren am Übergang zu einem Ernährungssystem, in dem sich alle für genussvolles und gesundes Essen entscheiden, das gut für alle Menschen, Tiere und unseren Planeten ist. ProVeg hat den „Momentum for Change“-Preis der Vereinten Nationen erhalten und arbeitet eng mit den wichtigsten UN-Organisationen für Ernährung und Umwelt zusammen. Mit Büros in 14 Ländern auf 5 Kontinenten und mehr als 200 Mitarbeitenden erzielt ProVeg eine globale Wirkung. proveg.com/de