Finanzskandal bei SER: Trotz Gerichtsverbot Veräußerung des US-Geschäfts an leitende Mitarbeiter
München (ots)
Vorstandschef Gert Reinhardt betrieb in Nacht- und Nebel-Aktion den Verkauf des US-Geschäfts / Aktionärsschützer sprechen von Bilanzmanipulationen und Täuschung der Anleger / Reinhardt hat sich in die USA abgesetzt
Angesichts der drohenden Insolvenz der SER Systems AG planten Vorstand und Aufsichtsrat, wesentliche Vermögensteile an leitende Mitarbeiter zu veräußern. Wie die IT-Fachzeitung COMPUTERWOCHE berichtet, verbot das Landgericht Koblenz die fragwürdigen Management-Buyouts per einstweiliger Verfügung. Trotzdem betrieb Vorstandschef Gert Reinhardt in einer Nacht- und Nebel-Aktion den Verkauf des gesamten US-Geschäfts.
Aktionärsschützer sprechen von Bilanzmanipulationen und Täuschung der Anleger. Auf einer eilig einberufenen Hauptversammlung am 26. April hatten verunsicherte Aktionäre in Anbetracht der desaströsen Finanzlage des Unternehmens einem angeblichen Rettungsplan des Vorstands zugestimmt. Dieser sah vor, über zwei Management-Buyouts für die europäischen und US-amerikanischen Gesellschaften nahezu das gesamte Konzernvermögen an leitende Mitarbeiter zu veräußern. Doch am 4. Juni untersagte das Landgericht Koblenz die Übertragung der Vermögenswerte. In der der COMPUTERWOCHE vorliegenden Urteilsbegründung heißt es, die HV-Beschlüsse "sind gesetzwidrig zustande gekommen und deshalb nichtig". In einer zweiten einstweiligen Verfügung verbot das Gericht am 13. Juni auch das Vorhaben Reinhardts, die US-Aktivitäten ohne genehmigenden Beschluss der Hauptversammlung zu verkaufen. Trotzdem meldete SER am 18. Juni überraschend den Vollzug. Nach Angaben einer Unternehmenssprecherin kam das Urteil "zu spät".
Nun fahren Aktionärsschützer schwere Geschütze gegen SER auf: Auf der strittigen Hauptversammlung hätten Reinhardt und der Aufsichtsratschef Roland Paule die Anteilseigner "angelogen", wesentliche Informationen zu den beabsichtigten Management-Buyouts seien ihnen "bewusst vorenthalten worden".
Reinhardt nahm trotz mehrmaliger Anfragen der COMPUTERWOCHE bisher keine Stellung zu den Vorwürfen. Unternehmensinternen Quellen zufolge hält er sich seit mehr als zwei Wochen in den USA auf und wird voraussichtlich nicht mehr nach Deutschland zurückkehren.
Für Rückfragen: Wolfgang Herrmann, Redaktion COMPUTERWOCHE, Tel. 089/360 86-584
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