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Konservative Innovation: Wie drei internationale Medienprojekte das Vertrauen in den Qualitätsjournalismus stärken

Konservative Innovation: Wie drei internationale Medienprojekte das Vertrauen in den Qualitätsjournalismus stärken
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Wer sich fortwährend mit den neuen Chancen der Digitaltechnologie beschäftigt, verfällt leicht einer gefährlichen Weitsichtigkeit. Der Blick bleibt auf den Horizont gerichtet, das berauschende Potenzial neuer Möglichkeiten - und das nahe liegende verschwimmt. Die Begeisterung über "Move Fast and Break Things" - (das Leitmotiv, unter dem Facebook lange Zeit seine Technik weiterentwickelt hat) lenkt gern von der Frage ab, ob es die richtigen Dinge sind, die kaputtgehen, und was im Gegenzug womöglich bewahrt und geschützt werden muss.

Zum Glück ist dann Donald Trump US-Präsident geworden und hat die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit geschärft. Dass das Fundament unserer Gesellschaft - und unseres Geschäfts - ohne ernsthafte Innovation gesichert werden kann, war immer eine naive Vorstellung. Aber es war erst die Wahl des aktuellen US-Präsidenten, die nach und nach auch mächtigen Innovationsfabriken wie Facebook und Google aufgerüttelt hat, sich ernsthaft mit der Frage zu beschäftigen, wie das funktionieren kann: Menschen (und die Maschinen, die die Welt für diese Menschen aufbereiten) besser in die Lage zu versetzen, vertrauenswürdige Informationen von der anderen Sorte zu unterscheiden.

Für Journalisten ist das ein alter Hut - seit Generationen gehört das Einschätzen von Quellen und das Überprüfen von Informationen zum Handwerkszeug, das Vertrauen von Lesern, Zuschauern, Hören und Anzeigenkunden bildet die Geschäftsgrundlage. Das bleibt alles richtig - und ist gleichzeitig nicht mehr gut genug, was schon vor dem Trump-Schock bekannt war. Aber erst aus diesem Impuls heraus ist eine Reihe von Initiativen entstanden, die sich dem Thema widmen, und im besten Sinne konservative Innovation betreiben - also danach streben, die Grundlagen zu bewahren, die ohne Erneuerung wegbrechen. Für diesen Blogeintrag heben wir drei heraus, bei denen die sich die dpa und dpa-Kunden engagieren: Das International Fact Checking Network (ICFN), die Journalism Trust Initiative (JTI) und das Trust Project

Die drei Projekte stehen für drei Aspekte, die Grundpfeiler der Vertrauenswürdigkeit von Medien bilden: die Überprüfbarkeit von Informationen, die Überprüfbarkeit von Rahmenbedingungen, in denen diese Informationen recherchiert und verbreitet werden, und schließlich die Wahrnehmung des Publikums.

Überprüfbare Aussagen über die Realität stehen ganz zu Beginn vertrauenswürdiger Berichterstattung. Dass es überhaupt notwendig ist, solche Binsen auszusprechen und in Form von Organisationen wie dem Factchecking-Netzwerk ICFN zu verankern, sagt schon viel über die Gesamtwetterlage aus. Das ICFN ist eine Arbeitsgruppe unter Aufsicht des Poynter Institute - die Arbeit besteht aus Workshops, verbindliche Regeln für das Factchecking, und am Ende die Zertifizierung von Medienorganisationen, die sich an diese Regeln halten.

Auf internationaler Bühne wird hier ein Bedarf nach Verlässlichkeit und Überprüfbarkeit aufgegriffen, der auch bestimmend für die Weiterentwicklung der dpa ist - seit 2017 hat die Aufgabe "Verifikation" mit Stefan Voss einen ressortübergreifend Verantwortlichen in der Redaktion. Die Standards des ICFN werden von mächtigen Verbreitungsmaschinen wie Facebook ernst genommen.

Vertrauenswürdigkeit speist sich allerdings nicht allein aus der Tatsache, dass wir die Aussagen anderer unter die Lupe nehmen, selbst akkurat berichten und im Fehlerfalle schnell und gut sichtbar korrigieren. Die Rahmenbedingungen, unter denen unsere und andere Inhalte entstehen und verbreitet werden, müssen ebenfalls transparent gemacht werden - die Bandbreite reicht von einfach zu beantwortenden Fragen wie Besitzverhältnissen und Erlösquellen von Medien bis hin zu der Frage, ob Regelwerke wie der deutsche Pressekodex beachtet werden, und ob die ethischen Grundwerten, die hinter der Arbeit stehen, sich in der Berichterstattung wiederfinden.

Auf dieser Ebene haben die Nichtregierungsorganisation Reporter Ohne Grenzen, die European Broadcasting Union (ein Zusammenschluss öffentlich-rechtlicher Rundfunk- und Fernsehsender) und die französische AFP in diesem Jahr einen Prozess gestartet, in dem Medienorganisationen selbst eine verbindliche, international anerkannte Zertifizierung entwickeln, die Lesern, Zuschauern und Anzeigenkunden als verlässliche Orientierung dienen soll.

Natürlich ist Vertrauenswürdigkeit am Ende eine Frage der Wahrnehmung durch Leser, Zuschauer und User. An diesem Punkt setzt das Trust Project an, die bislang am weitesten entwickelte internationale Initiative in dieser Richtung, die 120 Websites und 217 Mio. Nutzer weltweit erreicht. Das Trust Project setzt konsequent auf Befragungen, um herauszufinden, welche Zusatzinformationen Mediennutzer und Nutzerinnen brauchen, um die Vertrauenswürdigkeit von Nachrichten einschätzen zu können. Für die Umsetzung dieser "Trust Indicators" sitzen digitale Verbreitungsplattformen wie Google, Bing und Facebook an einem Tisch mit Medien wie USA Today, der Washington Post, aber auch europäischen Partnern wie Economist, BBC, El Pais, Corriere della Sera und in Deutschland ZEIT Online und dpa.

Kern des Trust Project ist es, direkt im Umfeld der veröffentlichen Inhalte für Maschinen und Menschen leicht verständlich Informationen zur Verfügung zu stellen, die Vertrauen in die Berichterstattung befördern. Die vom Trust Project befragten Nutzer haben eindeutige Präferenzen geäußert, sie wollen Antworten auf Fragen wie: Wer steht hinter dieser Nachricht? Welche Standards gelten für die Berichterstattung? Gibt es öffentlich zugängliche Belege? Viele dieser Informationen sind bereits vorhanden und für dpa-Kunden auch verfügbar - die Innovation besteht in diesem Fall darin, sie auch Leserinnen und Lesern zur Verfügung zu stellen.

Ein kleiner Schritt, technisch vergleichsweise simpel, verglichen mit den Sphären, in denen KI-Algorithmen und Blockchain-Konzepte entstehen. Aber ohne das einfache Vertrauen fehlt jede Grundlage, um komplexere Innovationen erfolgreich umzusetzen.

Dieser Beitrag ist originär erschienen im Innovationsblog der dpa: https://innovation.dpa.com/2018/10/11/medienprojekte-vertrauen-qualitaetsjournalismus/

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