Content-Syndication: Medieninhalte entwickeln sich zur profitablen Ware im Internet
Frankfurt am Main (ots)
Medienbranche entdeckt Unternehmen als Abnehmer von teuer produzierten Inhalten / Marktdruck führt zu Konzentration der Anbieter / Konflikt zwischen gesellschaftlichem Auftrag des Journalismus und kommerziellen Interessen verschärft sich
Inhalte werden im Internet zunehmend als gewinnbringende Ware gehandelt. Unter dem Begriff Content Syndication verkaufen und lizensieren Medienunternehmen Informationen, Unterhaltungs- und Serviceangebote und sind damit auf dem besten Weg, ihre Internetaktivitäten profitabel zu vermarkten. Bis auf wenige Ausnahmen ist es Medienunternehmen sechs Jahre nach dem Start der ersten Websites bislang nicht gelungen, ihre Internet-Aktivitäten auf eine tragfähige Erlösbasis zu stellen. Online-Abonnements, Banner-Werbung oder Internet-Sponsoring brachten meist eher Verluste denn Umsätze ein. Medienunternehmen wollen jedoch ihre mit hohen Kosten erstellten Inhalte gewinnbringend weiterverwerten. Abnehmer hierfür sind in zunehmendem Maße Unternehmen, die ihre Internetseiten mit attraktiven Inhalten verbessern möchten. Bei Content Syndication geht es folglich nicht um den Verkauf von Inhalten an Endkonsumenten, sondern um Handel zwischen Unternehmen (Business-to-Business, B2B). Medienunternehmen, die sich an diesem Geschäftsmodell nicht beteiligen, werden in Zukunft empfindliche Umsatzerlöse verzeichnen. Zu diesem Ergebnis kommt die Untersuchung Content Syndication - wie das Internet die Wertschöpfung der Medien verändert von PricewaterhouseCoopers. Im Rahmen der Untersuchung wurden Experten aus Praxis und Wissenschaft zum aktuellen Entwicklungsstand des Modells Content Syndication befragt.
Information wird zur Ware für Medienunternehmen
Die zunehmende Digitalisierung journalistischer Inhalte, die je nach Zielgruppe informations-, unterhaltungs- oder serviceorientiert sind, begünstigt ihre Mehrfachverwertung. So ist es möglich, die von Journalisten und Redaktionen zusammengestellten Informationspakete wie Zeitungen oder Sendeprogramme in ihre Einzelteile zu zerlegen. Diese können dann nach Wunsch der jeweiligen Abnehmer neu zusammengestellt und über das Internet vertrieben werden. "Maximale Erlöse lassen sich durch individuell auf die Kunden angepasste Lösungen erzielen. Solche Angebote erfordern allerdings einen enormen Beratungsaufwand. Die Erfahrungen der Anbieter haben gezeigt, dass von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Veröffentlichung von Inhalten Monate vergehen können," erläutert Dr. Bertold Heil, Medienexperte bei PricewaterhouseCoopers.
Kommerzielle Interessen stehen im Vordergrund
Während herkömmliche Internet-Angebote sich primär an den Bedürfnissen von Endkonsumenten orientieren, vollzieht sich Handel mit Informationen (Content Syndication) zwischen Unternehmen (B2B). Letztere kaufen aufwendig produzierte Inhalte von Medienunternehmen, um die Attraktivität ihrer eigenen Internet-Auftritte zu erhöhen. "Die zugekauften Inhalte sollen neue Kunden auf die Homepage eines Unternehmens locken und bestehenden Kunden Anreize zu regelmäßigen Besuchen des eigenen Online-Angebots bieten. Damit erhöht sich potentiell die Kontaktrate und damit die Chance, angebotene Produkte und Dienstleistungen per Internet zu verkaufen," erläutert Bertold Heil.
Klassifizierung von Inhalten: individualisierte Angebote direkt vom Produzenten, Massenware über den Content Broker
Der Handel mit Inhalten über das Internet lässt sich in drei verschiedene Geschäftsmodelle einteilen:
- Große Verlage, Hörfunk- und Fernsehunternehmen: Diese nutzen das Internet als Vertriebskanal für den exklusiven Verkauf ihrer Inhalte. Sie produzieren Informations-, Unterhaltungs- und Serviceangebote in verschiedenen Darstellungsformen und Formaten und stellen sie in individuellen Angeboten zusammen, die auf die jeweiligen Bedürfnisse ihrer Kunden abgestimmt sind. Die Abnehmer dieser hochwertigen Inhalte sind vor allem Internetportale und Online-Dienste sowie traditionelle Großunternehmen.
- Content Broker: Das Massengeschäft mit mittel- und geringwertigen Inhalten werden Zwischenhändler, so genannte Content Broker, übernehmen. Sie erwerben Inhalte von Produzenten, standardisieren die Informationsformate und vermitteln diese gegen Provision an Abnehmer. Durch die standardisierten Formate können Inhalte unkompliziert, schnell und damit kostengünstig in die Internet-Auftritte der Kunden eingebunden werden.
- Multimedia-Agenturen: Einige Anbieter verändern die Inhalte entsprechend der Wünsche ihrer Kunden und stellen so maßgeschneiderte Lösungen her. "Diesen auch als Customizing bezeichneten Geschäftsbereich werden aller Voraussicht nach Multimedia Agenturen besetzen," so Bertold Heil. "Auch wenn dieses Angebot nur einen geringen Marktanteil erreichen wird, wird es sich für einige Spezialisten zu einem lukrativen Geschäft entwickeln."
Starker Marktdruck führt zu Anbieterkonzentration
Nach Meinung der Experten, die für die Untersuchung Content Syndication - wie das Internet die Wertschöpfung der Medien verändert befragt wurden, werden bis 2003 fast alle großen Medienunternehmen im Bereich Content Syndication aktiv sein. "Dauerhaft können jedoch nur einige große Anbieter den Markt beherrschen. Von den Content Brokern werden sich mittelfristig lediglich zwei bis drei etablieren," resümiert Bertold Heil.
So haben nach Angaben der Befragten die deutschen Nachrichtenagenturen dpa, ddp und Reuters sowie die Verlage Tomorrow Internet AG (Verlagsgruppe Milchstraße) und die Financial Times Deutschland das neue Geschäftsfeld Content Syndication bereits erschlossen. Noch in der Aufbauphase befinden sich die Verlage Burda und Axel Springer. Die Kirch New Media AG wird voraussichtlich im Jahr 2002 mit digitalisierten Audio- und Video-Inhalten an den Markt gehen.
Zwischen journalistischem Selbstverständnis und Kommerz
Je mehr Verbraucher sich für bestimmte Inhalte interessieren, desto höhere Umsätze werden mit der Mehrfachverwertung erzielt. Daher müssen Journalisten und Redaktionen sich zukünftig viel stärker an den Interessen der Endkunden orientieren. "Der Konflikt zwischen kommerziellen Interessen und der gesellschaftlichen Funktion des Journalismus wird sich verschärfen," bemerkt Bertold Heil. "Alle Experten sind sich jedoch einig, dass die Unabhängigkeit der Redaktionen gewahrt bleiben muss." Langfristig wird die starke Marktorientierung dazu beitragen, dass im Bereich Content Syndication in erster Linie Unterhaltungs- und Serviceangebote gehandelt werden.
Neben Zielgruppenorientierung bestimmen auch Marken in immer stärkerem Ausmaß den Wert der Inhalte. So sind Geschäftskunden bereits heute bereit, mehr zu zahlen, wenn ein bekannter Markenname für die Qualität der Informationen bürgt.
Neue Anforderungen für Medienunternehmen
Klassische Medienunternehmen, die sich im Bereich Content Syndication etablieren möchten, müssen ihre Produktionsabläufe von Grund auf umstellen. Ebenso gilt es, eine Reihe neuer Aufgabengebiete zu bewältigen. So müssen die Urheber- und Verwertungsrechte geklärt sein. Inhalte werden mit einem Index versehen und katalogisiert. Informationen müssen formatiert und mit Rechercheattributen ausgestattet sein. Über ein digitales Content- und Rechtemanagement müssen letztendlich die Distributionsprozesse unterstützt und der Schutz der Urheberrechte gesichert werden. Durch das Angebot einzigartiger Inhalte - wie Analysen, Hintergrundberichte, Porträts und Features - müssen die Medienunternehmen sich von ihren Wettbewerbern abgrenzen. Erfolgreich werden diejenigen Anbieter sein, denen es gelingt, auch Formate wie Bild, Audio oder Video in ihrem Angebot zu berücksichtigen und miteinander zu verknüpfen. Viele Anbieter werden aufgrund der komplexen Aufgaben Kooperationen eingehen oder Netzwerke gründen müssen, um eigene Kompetenz- oder Produktlücken zu schließen.
Die Studie
Der Untersuchung Content Syndication - Wie das Internet die Wertschöpfung der Medien verändert liegt eine von PricewaterhouseCoopers im Frühjahr 2001 beauftragte, unabhängige Befragung zugrunde. Der Diplom-Journalist Ingo Kohlschein, Fachbereich Kommunikationswissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität München, führte zwölf leitfadengestützte Interviews mit Medien- und Internet-Experten durch. Zur Stichprobe der Befragung gehören vier große Verlage, drei Nachrichtenagenturen, drei Content-Broker, sowie zwei Medien-Wissenschaftler. Die Aussagen der Experten wurden einer qualitativ-empirischen Inhaltsanalyse unterzogen und zu Hypothesen über die Entwicklung des Bereichs Content Syndication zusammengefasst.
Die Publikation Content Syndication - Wie das Internet die Wertschöpfung der Medien verändert können Sie kostenfrei abrufen unter www.pwcglobal.com/de.
Für den Herausgeber:
PricewaterhouseCoopers ist in Deutschland mit einem Umsatz von rund 2,4 Milliarden Mark eines der marktführenden integrierten Dienstleistungsunternehmen im Bereich Prüfung und Beratung. Rund 10.000 Mitarbeiter arbeiten an über 40 Standorten in Deutschland für nationale und internationale Mandanten jeder Größe. Die breite Palette der Dienstleistungen umfasst die Wirtschaftsprüfung, die Unternehmensberatung, die Corporate Finance- sowie die Steuerberatung und die Human Resource-Beratung.
Die Entertainment & Media Gruppe von PricewaterhouseCoopers bietet weltweit maßgeschneiderte Lösungen für alle Fragestellungen der Medienindustrie. Die Dienstleistungen umfassen von der Strategieentwicklung über die Prozessberatung bis hin zur Systemintegration sämtliche Kompetenzen, die für die Kunden bei der Bewältigung ihrer komplexen Problemstellungen erforderlich sind. Die Entertainment und Media Gruppe entwickelt Strategien zum Umgang mit den veränderten Rahmenbedingungen konvergenter Märkte, z.B. im Spannungsfeld zwischen klassischem Fernsehen, Internet, Digital TV und Mobile Entertainment.
Weitere Informationen erhalten Sie bei: Sandra-Valeska Bruhns Marketing Telekommunikation, Entertainment & Media PricewaterhouseCoopers Unternehmensberatung Tel: 0 40 / 63 78 - 22 99 Fax: 0 40 / 63 78 - 28 28 sandra-valeska.bruhns@de.pwcglobal.com
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