Deutsche unterschätzen die Verantwortung des Gesundheitssektors für den Klimawandel
Düsseldorf (ots)
- Nur 13 Prozent der Deutschen wissen, dass die Gesundheitsbranche mehr zum Klimawandel beiträgt als die Schifffahrt oder der Flugverkehr
- 55 Prozent rechnen mit mehr Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch klimabedingte Hitzewellen
- Für jeden Zweiten hat das Senken des Energieverbrauchs bei der Klimawende im Gesundheitswesen höchste Priorität
- Jüngere Menschen sind besser zum Thema Nachhaltigkeit informiert
Der Klimawandel zählt zu den größten Gefahren für die menschliche Gesundheit im 21. Jahrhundert. Ausgerechnet die Gesundheitsbranche selbst trägt einen wesentlichen Teil zur Klimakrise bei, doch das ist nur wenigen Deutschen bekannt: Lediglich 13 Prozent der Bürger:innen wissen, dass der Gesundheitssektor mehr CO2-Emissionen ausstößt als die Schifffahrt oder der Flugverkehr. Vielmehr halten 49 Prozent die Schifffahrt irrtümlich für den größeren Klimasünder, 38 Prozent tippen auf den Flugverkehr. Dass der Klimawandel mit gravierenden gesundheitlichen Folgen einhergeht, macht den Deutschen allerdings durchaus Sorgen. Das sind zentrale Ergebnisse des "Healthcare-Barometers 2022" zum Schwerpunkt Klimawandel, einer repräsentativen Befragung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC unter 1.000 Bürger:innen. PwC veröffentlicht die Studie bereits zum achten Mal in Folge.
"Der Gesundheitssektor trägt mit 4,4 Prozent der CO2-Emissionen weltweit eine große Mitverantwortung für die drohende Klimakrise, etwa durch seinen hohen Energieverbrauch oder globale Lieferketten. In Deutschland liegt dieser Wert sogar bei 5,2 Prozent, wie die Nichtregierungsorganisation "Health Care Without Harm" ermittelt hat*. Es ist dringend notwendig, dass der Öffentlichkeit diese Faktoren bewusstwerden", sagt Michael Burkhart, Leiter des Bereichs Gesundheitswirtschaft bei PwC Deutschland. "Denn nur so entsteht der gesellschaftliche Druck, unter dem die Branche sich ihrer Verantwortung stellt und für mehr Nachhaltigkeit einsetzt."
87 Prozent fürchten die gesundheitlichen Folgen der Klimakrise
Das ist dringend notwendig, denn der Klimawandel belastet die menschliche Gesundheit enorm - sowohl in physischer als auch in psychischer Hinsicht. Das ist den Bürger:innen durchaus bewusst. So gehen nur 13 Prozent davon aus, dass die Klimakrise keine gesundheitlichen Auswirkungen hat. Die Deutschen fürchten vor allem mehr Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ausgelöst durch Hitzewellen, wie 55 Prozent der Befragten bestätigen. Ebenso sorgen sie sich um das häufigere Auftreten von Asthma und anderen Atemwegserkrankungen durch die zunehmende Luftverschmutzung (46 Prozent) und von Allergien wie Heuschnupfen durch den veränderten Pollenflug (44 Prozent). "Es ist keinesfalls übertrieben, wenn die Erderwärmung als größte Herausforderung für die globale Gesundheit des 21. Jahrhunderts bezeichnet wird. Denn neben den direkten Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen bedrohen uns die indirekten Folgen der Klimakrise: etwa die Zunahme von Infektionskrankheiten durch zerstörte Ökosysteme oder der eingeschränkte Zugang zu Wasser und Nahrungsmitteln weltweit", kommentiert Sevilay Huesman-Koecke, Head of Business Development bei PwC Deutschland.
Jeder zweite Deutsche fordert Senkung des Energieverbrauchs
Welchen Weg sehen die Deutschen aus der weltweiten Klimakrise? Wo soll die Gesundheitswirtschaft sich in puncto Nachhaltigkeit engagieren? Priorität hat aus Sicht der Bürger:innen das Senken des Energieverbrauchs, wie 50 Prozent fordern. An zweiter Stelle steht eine energieeffiziente Renovierung oder Gestaltung von Gebäuden (48 Prozent), gefolgt von der Förderung erneuerbarer Energien im Gesundheitswesen (43 Prozent). "Damit legen die Studienteilnehmer:innen tatsächlich einen Finger in die Wunde, denn das Gesundheitswesen - insbesondere der Krankenhaussektor - hat einen enorm hohen Energie- und Wasserverbrauch. Auch durch die nichtunerheblichen Abfallmengen, ist das deutsche Gesundheitswesen ist alles andere als gut gerüstet für die Zukunftsziele. Deshalb ist es dringend notwendig, dass die Gesundheitsbranche Anreize erhält, energie- und ressourcenschonender zu arbeiten. Ein erster Ansatz könnte eine neue Krankenhausfinanzierung sein, die keine Anreize bietet, immer mehr Fälle zu genieren" so Michael Burkhart.
Jüngere haben den realistischeren Blick auf die Klimakrise
Über die Folgen des Klimawandels sind jüngere Menschen besser informiert als ältere Zielgruppen. So schätzen 49 Prozent der 18- bis 34-Jährigen, aber nur 32 Prozent der über 55-Jährigen den Anteil von medizinischem CO2 an den Gesamtemissionen (zum Beispiel durch den Energieverbrauch, durch Transporte oder Narkosegase) realistisch ein. Insgesamt ist die Unsicherheit zum Thema in Deutschland groß: Altersübergreifend geben 36 Prozent der Befragten an, dass sie den Anteil nicht abschätzen können. "Es ist ermutigend, dass gerade jüngere Menschen über Klimaschutz gut informiert sind. Sie haben das Thema durch die Fridays-for-Future-Bewegung in die Öffentlichkeit getragen und werden sich auch künftig an den Schaltstellen dafür einsetzen. Denn wir benötigen dringend eine weltweite Strategie für eine klimafreundliche Gesundheitsversorgung", bilanziert Sevilay Huesman-Koecke.
Die gesamte Studie finden Sie hier.
*Vgl.: https://noharm-global.org/documents/health-care-climate-footprint-report, abgerufen am 21.2.2022
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