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Wirtschaftskriminalität: Der Täter stammt meist aus den eigenen Reihen

Wirtschaftskriminalität: Der Täter stammt meist aus den eigenen Reihen
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Frankfurt am Main (ots)

In den vergangenen zwei Jahren sind 46 Prozent aller deutschen
Unternehmen Opfer wirtschaftskrimineller Handlungen geworden. Die
häufigsten Delikte waren Unterschlagung (29 Prozent), Betrug (23
Prozent), Industriespionage / Produktpiraterie (13 Prozent). In den
Jahren 2003 und 2004 entstand in Unternehmen durch Unterschlagung,
Betrug sowie Produktpiraterie / Industriespionage durchschnittlich
ein Schaden in Höhe von 3,4 Millionen Euro. Zu diesen Ergebnissen
kommt die heute von der Wirtschaftsprüfungs- und
Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) und der
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vorgestellte Studie
"Wirtschaftskriminalität 2005". Trotz des Anstiegs der registrierten
Delikte um sieben Prozentpunkte im Vergleich zu den Jahren 2001 /
2002 ist das Risikobewusstsein noch immer sehr schwach ausgeprägt:
"Nur 21 Prozent der befragten deutschen Unternehmen halten es für
wahrscheinlich, in den kommenden fünf Jahren Opfer von
Wirtschaftskriminalität zu werden. Dabei wird es statistisch
betrachtet jedes Unternehmen treffen", betont Steffen Salvenmoser,
Partner bei PwC im Bereich Forensic Services und ehemaliger
Staatsanwalt.
Für die Studie wurden Verantwortliche für Kriminalprävention und
-aufklärung von 3.634 Unternehmen in 34 Ländern befragt. Die
Telefoninterviews mit den Führungskräften der 400 deutschen in der
Studie analysierten Unternehmen wurden zwischen Mai und September
2005 geführt, Untersuchungszeitraum waren die Jahre 2003 und 2004.
Risiko steigt mit Unternehmensgröße
Insgesamt beläuft sich der bezifferbare materielle Verlust durch
Wirtschaftskriminalität allein bei den befragten deutschen
Unternehmen in 2003 und 2004 auf 622 Millionen Euro. Dabei berichten
größere Unternehmen weitaus häufiger über Wirtschaftsdelikte als
kleine: Während in der Gruppe der Betriebe mit weniger als 200
Mitarbeitern die Quote bei 37 Prozent liegt, sind in der Gruppe mit
mehr als 5.000 Beschäftigten 62 Prozent der Unternehmen von
Wirtschaftskriminalität betroffen. Die Differenz ist einerseits
darauf zurück zu führen, dass mit zunehmender Unternehmensgröße das
Kriminalitätsrisiko steigt. Andererseits verfügen größere Unternehmen
über bessere Kontrollmechanismen und decken so mehr Delikte auf. "Die
Dunkelziffer der tatsächlich betroffenen Unternehmen wird deutlich
höher liegen."
Imageschaden wiegt schwer
Zu den materiellen Verlusten kommen bei 41 Prozent der von
Wirtschaftskriminalität betroffenen Unternehmen immaterielle Verluste
wie Imageschäden, Schwächung der Mitarbeitermotivation oder auch
Beeinträchtigungen der Beziehungen zu Geschäftspartnern. In
Zusammenhang mit Korruptionsfällen berichteten fast 70 Prozent der
betroffenen Unternehmen von derartigen Folgeschäden. Während Fälle
von Wirtschaftskriminalität bei fast jedem zweiten kleineren
Unternehmen auch immaterielle Schäden nach sich ziehen, sind diese
nur für 39 Prozent der Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern
ein Problem.
Täter kommen meist aus den eigenen Reihen
Gut die Hälfte der Wirtschaftsdelikte wird von Mitarbeitern des
geschädigten Unternehmens begangen. Zwei Drittel der Täter sind
zwischen 30 und 50 Jahre alt. 75 Prozent der Wirtschaftskriminellen
sind länger als zwei Jahre und 55 Prozent sogar länger als fünf Jahre
im Unternehmen beschäftigt gewesen. "Viele Täter nutzen offenbar die
Zeit, um Schwachstellen in der Unternehmensorganisation zu erkennen
und auszunutzen", erläutert Claudia Nestler, Partnerin bei PwC und
Leiterin des Bereiches Forensic Services. "Die Unternehmen dürfen bei
der Aufklärung und Sanktionierung von wirtschaftskriminellen
Handlungen keine Toleranz üben und müssen derartigen Verführungen mit
einem effektiven Betrugsrisiko-Management begegnen. Aber auch die
Entwicklung der Mitarbeitermoral und -loyalität tragen dazu bei, kein
Umfeld zu schaffen, das zu wirtschaftskriminellen Handlungen
verleitet."
Und die Großen lässt man laufen...
Jede vierte Straftat in einem Unternehmen weltweit - in
Deutschland sogar fast jede dritte - wird von einem Mitarbeiter aus
dem Top-Management begangen. Und je höher die Stellung des Täters im
Unternehmen ist, desto größer sind auch die von ihm verursachten
materiellen und immateriellen Schäden. Dennoch werden Delikte, die
von Top-Managern begangen werden, in der Regel schwächer sanktioniert
als die anderer Mitarbeiter. Bei Tätern aus den eigenen Reihen
erfolgt in aller Regel die Kündigung. Die Erstattung einer
Strafanzeige hängt jedoch häufig von der Position des Täters ab.
Stammt er aus dem Top-Management, folgte weltweit nur in 32 Prozent
der Fälle eine Strafanzeige. Bei Angestellten lag die Quote bei 61
Prozent. Diese Privilegierung von Führungskräften lässt sich vor
allem darauf zurückführen, dass das Unternehmen verhindern will, dass
der Fall bekannt wird und der Ruf des Unternehmens Schaden nimmt.
Aufschlussreich sind die aus Sicht der Unternehmen wichtigsten
Ursachen für die konkret erlebten Fälle von Wirtschaftskriminalität:
So stellten zwei Drittel ein mangelndes Werte- und
Unrechtsbewusstsein und knapp 40 Prozent einen zu aufwändigen
Lebensstil des Täters fest. Gleichzeitig räumten 42 Prozent der
geschädigten Unternehmen ein, nur über ungenügende interne
Kontrollmechanismen zu verfügen.
Handel und Finanzdienstleistungssektor besonders betroffen
Die Studie macht deutlich, dass keine Branche von
Wirtschaftsstraftaten verschont bleibt. Besonders betroffen sind
weltweit allerdings Handels- beziehungsweise konsumorientierte
Unternehmen (60 Prozent), die Telekommunikationsbranche sowie das
Bank- und Versicherungsgewerbe (jeweils 50 Prozent). Dabei ist der
durchschnittliche finanzielle Schaden je Delikt im deutschen
Finanzsektor mit über 1,7 Millionen Euro fünfmal so hoch wie in den
übrigen Branchen. Allerdings ist beim Vergleich zu berücksichtigen,
dass der Finanzsektor stärker reguliert und überwacht wird als andere
Branchen und die Entdeckungsquote daher überdurchschnittlich hoch
ist. Vergleichsweise niedrig ist die Deliktquote in der
Technologiebranche (36 Prozent).
"Kommissar Zufall" kann systematische Kontrolle nicht ersetzen
Allzu oft werden Wirtschaftsdelikte nicht durch systematische
Kontrollen, sondern durch Tippgeber oder Zufälle bekannt. Weltweit
spielt "Kommissar Zufall" bei 40 Prozent aller aufgedeckten
Straftaten eine tragende Rolle, in Deutschland werden sogar zwei
Drittel aller Delikte durch zufällige Hinweise entdeckt. "Viele
Unternehmen vernachlässigen offensichtlich ihre Kontroll- und
Präventionskultur", so Professor Kai Bussmann, Inhaber des Lehrstuhls
für Strafrecht und Kriminologie der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg. "Immerhin zeigt sich, dass durch eine gut
funktionierende interne Revision die Entdeckungswahrscheinlichkeit
von Wirtschaftsdelikten um mehr als zehn Prozent steigt", betont
Bussmann.
Für eine hohe Dunkelziffer bei der Wirtschaftskriminalität spricht
ein Vergleich der Schadenshäufigkeit und -summen bei Unternehmen mit
niedrigen und hohen Kontrollstandards. So deckten 54 Prozent der
deutschen Unternehmen mit hohem Sicherheitsniveau in den vergangenen
Jahren ein Wirtschaftsdelikt auf, jedoch nur 41 Prozent der
Unternehmen mit schwächeren Vorkehrungen. Der durchschnittliche
finanzielle Schaden belief sich bei letzteren auf 1,5 Millionen Euro
gegenüber 5,9 Millionen Euro bei Unternehmen mit hohen Kontroll- und
Präventionsstandards.
Unternehmen mit einem eher schwach ausgeprägten Kontroll- und
Sicherheitssystem decken jedoch nicht nur weniger Delikte auf, sie
werden auch häufiger Opfer von Wirtschaftskriminalität. Denn bei
einem niedrigeren Entdeckungsrisiko ist der Anreiz zur Straftat für
den potenziellen Täter höher. Damit droht den betroffenen Unternehmen
der Eintritt in einen "Teufelskreis trügerischer Sicherheit": Wegen
des lückenhaften Kontrollsystems werden nur wenige Delikte
aufgedeckt. Daher suchen die Unternehmen seltener den Rat von
Wirtschaftsprüfern und anderen Spezialisten für
Wirtschaftskriminalität. Entsprechend niedrig ist der Kenntnisstand
zu Kontroll- und Sicherheitsmaßnahmen. "Aus diesem fatalen Kreislauf
kommen Unternehmen nur schwer wieder heraus. Nur wenn zufällig ein
schwerer Fall von Wirtschaftskriminalität aufgedeckt wird, kann ein
Bewusstseinswandel hin zu einer verstärkten Kontrolle und Prävention
einsetzen", so Salvenmoser.
Die Studie "Wirtschaftskriminalität 2005" können Sie hier
kostenlos herunterladen: www.pwc.com/de/forensicservices
Hinweise für die Redaktion:
   Die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist
in Deutschland mit 8.200 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von
rund einer Milliarde Euro eine der führenden Wirtschaftsprüfungs- und
Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für
nationale und internationale Mandanten jeder Größe. PwC bietet
Dienstleistungen an in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und
prüfungsnahe Dienstleistungen (Assurance), Steuerberatung (Tax) sowie
in den Bereichen Transaktions-, Prozess- und Krisenberatung
(Advisory).
Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ist eine der
ältesten Universitätsgründungen in Deutschland. Ihre Wurzeln liegen
in den 1502 in Wittenberg und 1694 in Halle gegründeten
Universitäten. Die Studierenden können aus über 200 Studiengängen und
Studienfächern auswählen. Derzeit studieren über 18.000 Studenten an
der halleschen Universität. Die Juristische Fakultät sieht u.a. ein
Studium im Schwerpunktbereich Kriminalwissenschaften vor.
Weitere Informationen erhalten Sie bei:
Claudia Nestler
PricewaterhouseCoopers AG WPG
Tel.: (069) 95 85 - 55 52
E-mail:  claudia.nestler@de.pwc.com
Steffen Salvenmoser
PricewaterhouseCoopers AG WPG
Tel.: (069) 95 85 - 55 55
E-mail:  steffen.salvenmoser@de.pwc.com
Prof. Dr. Kai-D. Bussmann
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Juristische Fakultät / Lehrstuhl für Strafrecht und Kriminologie
Institut für Wirtschaftsrecht
Tel.: (0345) 55 - 232 25
E-mail:  bussmann@jura.uni-halle.de
Sandra Otte
PricewaterhouseCoopers AG WPG
Corporate Communications / Presse
Tel.: (069) 95 85 - 15 64
E-Mail:  sandra.otte@de.pwc.com

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